Begeisterndes Konzert in Wangen

Hörgenuss am Flügel

Wangen (HvM). Das hat sicher niemand im bis auf den letzten Platz besetzten Wangener Rathaussaal erwartet: Da steht der gerade 20-jährige Aaron Löchle, führt souverän in sein Programm ein, erläutert Tonarten und Klangfarben, lässt die vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft erklingen und macht sie in Johann Sebastian Bachs Präludium und Fuge in Cis-Dur sichtbar. In Beethovens spannungsreicher d-Moll-Sonate Der Sturm braust dem Publikum der Wind um die Ohren, um sich dann in sanfte Brise und schließlich mit zartestem Pianissimo in laue Lüfte zu wandeln.
Es ist ein Genuss zu erleben, mit welch unbefangener Freude Löchle sein Publikum mitnimmt, an seiner musikalischen Lust und seinem Erkenntnisgewinn teilhaben lässt: Felix Mendelssohn schrieb 1842 seine Variations sérieuses gerade gegen den Mainstream, sich in musikalischer Spielerei der Volksmusik zu bedienen, während der zeitgenössische türkische Komponist Fazil Say aus der Volksmusik schöpft, um dem Klavier ganz neue Töne zu entlocken: Da greift Aaron Löchle nicht nur in die Tasten, sondern auch in die Saiten, und zaubert in den von Frühlingssonne erhellten Rathaussaal orientalische Klänge und Bilder gleißender Sonne über dem anatolischen Hochland. Nach rauschendem Beifall offenbarte die Zugabe mit einem durch die Tonarten marschierenden Dialog zwischen Kellner und Gast und einer Parodie auf den Hund und seinen Haufen, mit gepfeffertem musikalischem Kabarett eine ganz andere Seite des großen Talents des jungen Pianisten.
Hochachtung gebührt auch den beiden Organisatorinnen des Gäste,- Kultur – und Dorfverein Wangen Deborah Wolf und Barbara Straßner – Schnur, die mit Mut, Beharrlichkeit und großem Einsatz das Wangener Kulturleben bereichern. Man muss ihnen und dem zahlreichen, interessierten Publikum wünschen, dass sich Sponsoren finden, den arg in die Jahre gekommenen Flügel im Rathaus zu ersetzten, das einzige Manko an dieser sonntäglichen Matinée.

- Matthias Güntert