Rund 100 Teilnehmer bei Ortsbegehung mit der Freie Grüne Liste, den Umweltverbänden und Investor Bernd Schuler
Heiße Diskussion um Tourismus im Streuhau
Radolfzell. Für erhitzte Gemüter hat eine angedachte touristische Nutzung im Streuhau in den vergangenen Wochen und Monaten gesorgt. Aus diesem Grund hatte die Freie Grüne Liste Radolfzell (FGL) in der vergangenen Woche die interessierten Bürger zu einem Ortstermin mit Thomas Körner vom NABU und Eberhard Klein vom BUND eingeladen. Mit dabei war auch Investor und BORA-Geschäftsführer Bernd Schuler, der in dem Gebiet einen Komplex mit Hotel und einem Hüttendorf errichten will und dafür von einigen Teilnehmern teils harte und lautstarke Kritik einstecken musste.
Zu Beginn erläuterte Eberhard Klein die rechtliche Situation, vor die sich die Umweltverbände gestellt sehen. Ursprünglich sah der Flächennutzungsplan eine touristische Nutzung im Bereich des Bodenseereiters vor. Mit der Stadt haben die Umweltverbände einen Flächentausch ausgehandelt, um eine Pufferzone zum Landschaftsschutzgebiet Radolfzeller Aachmündung zu schaffen. »Hier entsteht dann ein dienendes Landschaftsschutzgebiet, das unter dem Schutz des Regierungspräsidiums Freiburg steht«, erklärte Klein. Im Gegenzug dafür werde der Streuhau für eine touristische Nutzung freigegeben. Aus Sicht der Umweltverbände sei dieser Flächentausch »das kleinste Übel«, betonte er. Dafür gab es Gegenwind aus den Reihen der rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Vor dem Hintergrund des Klimawandels sei es nicht mehr zeitgemäß, ein solches Projekt auf Kosten der Umwelt zu realisieren, merkte etwa eine Teilnehmerin an. Ein anderer Zuhörer warf dem Investor »reine Profitgier« vor.
Eberhard Klein verteidigte Schuler allerdings. »Solange der Flächennutzungsplan hier eine touristische Nutzung vorsieht, kann man Herrn Schuler keinen Vorwurf machen, hier ein Projekt realisieren zu wollen. Wenn er nicht baut, tut es ein anderer«, erklärte Klein. Wenn das Projekt verhindert werden soll, dann ginge das nur durch eine Änderung des Flächennutzungsplans durch die Stadt. Auch Thomas Giesinger vom BUND meldete sich zu Wort und betonte: »Zu Zeiten von OB Schmidt waren hier viel schlimmere Dinge geplant. Hintergrund für die Bestrebungen ist, dass die Stadt ihre Zukunft im Tourismus sieht und nicht in der Industrie. Deshalb haben sich die Gemeinderäte in der Vergangenheit auch schon viermal mit wenigen Gegenstimmen für eine touristische Nutzung in diesem Gebiet ausgesprochen«. Er bemängelte allerdings, dass man nie Alternativen geprüft habe.
Im Wesentlichen kristallisierten sich beim Ortstermin zwei Ansichten heraus. Die Umweltschützer plädieren dafür das gesamte Gebiet Bodenseereiter und Streuhau unter Schutz zu stellen und wollen eine touristische Nutzung komplett unterbinden. Die Naturschutzverbände sehen ihre Hände gebunden angesichts der rechtlichen Situation. FGL-Stadtrat Siegfried Lehmann betonte, dass die Entscheidung darüber, was hier, realisiert werde in einem längeren Prozess getroffen werde. Allerdings glaube er nicht, dass es im Gemeinderat eine Mehrheit dafür geben werde, eine touristische Nutzung komplett zu unterbinden. »Wenn das Projekt verhindert werden kann, dann nur über einen Bürgerentscheid«, so Lehmann.
Bernd Schuler betonte, dass auch er die Zukunft der Stadt im Tourismus sehe. »Ich setze aber auf sanften Tourismus«, sagte er und betonte, dass er aus Radolfzell kein zweites Überlingen machen wolle.
Trotz hitziger Diskussionen war der Ortstermin für Siegfried Lehmann eine gute Entscheidung, erklärte er im Gespräch mit dem WOCHENBLATT. »Es waren erfreulich viele Menschen dabei und es war wichtig, einmal vor Ort die betreffenden Flächen anzuschauen und zu verdeutlichen, dass das Gebiet nicht komplett gerodet werden soll«, so Lehmann. Über die Größe einer solchen Anlage werde sich der Gemeinderat allerdings nochmal Gedanken machen müssen, betonte er.
- Dominique Hahn
Autor:Redaktion aus Singen |
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