Familienheim Bodensee legt Bilanz vor
Gute Zahlen - aber jetzt gehts in den Baustreik

Die beiden Vorstände der Baugenossenschaft Familienheim Bodensee, Marco Bächle und Stefan Andelfinger zusammen mit dem Aufsichtsrat Raphael Hertrich (neu), Christoph Wagener, Eva-Maria Leirer, Vorsitzender Bernhard Hertrich und Werner Schwacha. Es fehlen die Aufsichtsräte Michael Dohm und Susanne Sträßle. | Foto: Oliver Fiedler
  • Die beiden Vorstände der Baugenossenschaft Familienheim Bodensee, Marco Bächle und Stefan Andelfinger zusammen mit dem Aufsichtsrat Raphael Hertrich (neu), Christoph Wagener, Eva-Maria Leirer, Vorsitzender Bernhard Hertrich und Werner Schwacha. Es fehlen die Aufsichtsräte Michael Dohm und Susanne Sträßle.
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Radolfzell. Eigentlich sprechen die Zahlen der überregional tätigen Baugenossenschaft Familienheim Bodensee von einem sehr aktiven und guten Geschäftsjahr, den durch die derzeitige Bautätigkeit erhöhte sich die Bilanzsumme von 88,4 Millionen Euro auf 94,5 Millionen Euro, das Eigenkapital wurde um knapp zwei Millionen Euro gestärkt und auch der Umsatz konnte leicht gesteigert werden. Aber für die Zukunft steht für die Genossenschaft ein Streik an, bis sich die Rahmenbedingungen zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums verbessern.

Davor noch der Erfolg: In Sachen Investitionen ging die Zahl gar von 8,9 Millionen Euro auf 10,7 Millionen Euro hinauf, besonders durch Modernisierungen, für die in 2023 4,2 Millionen Euro (2,7 Millionen Euro im Vorjahr) investiert wurden. 1,66 Millionen Euro an Überschuss blieben unter dem Strich übrig, berichtete Vorstand Stefan Andelfinger. Klar, dass der Bilanz der Vorstände wie den Berichten der Verbandsprüfer wie des Aufsichtsrats hier zugestimmt, und nach einem Antrag durch Volksbanker Jochen Lienert auch das Gremium im Gesamten entlastet wurde. Immerhin: Noch nie hatte die Wohnbaugenossenschaft so viel in die Modernisierung der Wohnungen investiert.

Erst mal ein Baustopp: Zufrieden sind aber die beiden Vorstände Stefan Andelfinger und Marco Bächle nicht. Wegen der ganzen Bürokratie rund ums Bauen und die vielen Auflagen könne man als Genossenschaft in der Verpflichtung zu bezahlbarem Wohnbaum für die Mitglieder nicht mehr bauen, machte Stefan Andelfinger deutlich. Die Genossenschaft hat freilich eine Menge an neuen Projekten schon in Planung, werde diese bis zur Bauantragsreife weiter entwickeln, aber erst mal nicht umsetzen, kündigte Andelfinger in der Mitgliederversammlung der Genossenschaft an. Das sind mehrere Projekte in Engen, in Radolfzell, in Überlingen und Konstanz.
Die aktuell laufenden Großprojekte wie an der Aacher Straße in Engen (54 Wohnungen), wie bei der Nachverdichtung am Malvenweg in Singen (28 Wohnungen) werden natürlich noch fertiggestellt - im kommenden Jahr. Wie groß der Run auf die Wohnungen der Familienheim ist, habe die starke Nachfrage nach den Wohnungen beim alten Rathaus in Hilzingen gezeigt, bei denen es viel mehr BewerberInnen als Wohnungen gab.

Dann die Klagemauer:
"Wer heute baut, geht bankrott", überschrieb Stefan Andelfinger seinen Weg zur Klagemauer der Immobilienwirtschaft mit seinem Zitat des Präsidenten des zentralen Immobilienausschusses, Andreas Mattner. Und da war er nicht alleine, denn sein Vorstandskollege Marco Bächle verwies auch auf die absurden Regeln der politischen Bürokratie und das auch noch im "Kafka-Jahr".  Ein Beispiel lähmender Behördengänge war für ihn ein Versuch, eine neue Heizzentrale für ein Bestandsprojekt in drei Garagen auszulagern. Die Genehmigung könnte Sache von ein paar Wochen sein, doch nun gehe das seit Monaten hin und her, weil man erst klären müsse, ob diese Garagen dann der Solarpflicht unterliegen würden und eventuell die Parkplätze auch noch mit Solarpanels überspannt werden müssten. Ein anderes Beispiel ist der Aushub beim Projekt Aachenstraße: Den hätte man auf dem Grundstück belassen können, da war aber kein Platz. Man fand minimale Verunreinigungen durch die vorige Bebauung, was auf dem Grundstück kein Problem gewesen wäre. Weil sie dann jedoch als Sondermüll gehandhabt wurde, kostete der Transport der 400 LKW-Ladungen auf die Deponie dann 450.000 Euro.
Die Forderung der Genossenschaft wäre ein neuer Standard "E" der aus Skandinavien kommt und bereits in Schleswig-Holstein Anwendung finde, sagte Andelfinger. Da würde ein einfacher Standard vorgesehen, in Sachen Raumhöhe, Schallschutz, Stellplätzen, Energie und es gehe damit bis zu 30 Prozent günstiger.
Es sei der falsche Weg, das Bauen durch immer mehr Vorschriften zu verteuern, um danach manche davon mit Förderprogrammen zu bedenken, die nie ausreichten. Das einfachste sei, mit weniger Regeln bessere Preise zu ermöglichen - für alle.

Neue Generation am Start: Bernhard Hertrich kündigte an, dass er nach dem Ablauf seiner Amtszeit als Aufsichtsratsvorsitzender ausscheiden werde. Weil auch andere Aufsichtsräte ins Alter kommen, wurde für einen guten Übergang deren Zahl dieses Jahr von sechs auf sieben erhöht, im nächsten Jahr soll es gar auf neun hochgehen. Als erster Neuling wurde nun Raphael Hertrich gewählt, der als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer die Kanzlei seines Onkels vor drei Jahren übernommen hatte.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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