Vorplanung der Interessengemeinschaft vorgestellt
Gürtelbahn-Vorzugsvariante jetzt bei 590 Millionen Euro angekommen

Symbolbild Gürtelbahn | Foto: of/ Archiv

Radolfzell/Friedrichshafen. Am Mittwoch hat die DB Netz AG in einer Sitzung des Interessenverbandes Bodenseegürtelbahn den Mitgliedern die Ergebnisse der Vorplanung vorgestellt. Die dazugehörigen Vorplanungshefte seien dem Interessenverband fristgerecht Ende September übergeben worden, teilt der Verband nun nach der Versammlung mit. Erstellt wurde die Vorplanung für zwei Referenzvarianten und eine Vorzugsvariante – letzte soll nach derzeitigem Stand rund 590 Millionen Euro kosten.

Die Referenzvarianten berücksichtigen jeweils eine stündliche Verbindung mit einem IRE (Interregio-Express) und einer RB (Regionalbahn). Eine Referenzvariante ist ergänzt durch eine stündliche RB-Verdichtung zur Hauptverkehrszeit zwischen Markdorf und Friedrichshafen. Die Vorzugsvariante beinhaltet eine Erweiterung dieses Verkehrskonzepts. Neben dem stündlichen IRE sollen die RB zwischen Radolfzell und Friedrichshafen im Halbstundentakt verkehren, so eine auch immer wieder ausgesprochene Forderung aus der Region.

Die Kosten für die genannten Varianten liegen nach aktueller Schätzung der DB Netz AG in einer Bandbreite von 270 bis 590 Mio. Euro. Der Kostenüberschlag aus dem Jahr 2019 für die Vorzugsvariante lag damals noch bei 350 Millionen Euro. Die Mehrkosten begründen sich einerseits durch zusätzlich erforderliche Leistungen, die sich im Zuge der Vorplanung ergeben haben. Dazu gehören unter anderem der Ausbau des Brandbühltunnels bei Radolfzell und weitere benötigte zweigleisige Abschnitte. Andererseits kommen laut DB Netz AG die derzeitigen Marktpreisentwicklungen hinzu.

Die Mitglieder des Interessenverbandes gehen davon aus, dass nur mit der Vorzugsvariante langfristig ein deutlich verbessertes und zuverlässigeres Fahrplanangebot auf der Bodenseegürtelbahn realisiert werden kann, stellten sie klar.
Sie umfasst von den untersuchten Alternativen das umfangreichste Ausbaupaket. Kreuzungsstellen und zweigleisige Abschnitte sollen zukünftig die vorhandene Infrastruktur erweitern. Insgesamt ist danach vorgesehen, etwa 20 Kilometer der Strecke zweigleisig auszubauen. Die Elektrifizierung und Bahnstromversorgung ermöglichen einen klimafreundlichen elektrischen Bahnverkehr auf der Strecke. Der Ausbau der Stationen schafft die nötigen Voraussetzungen für längere Züge und ein barrierefreies und komfortables Reisen. Neue Haltepunkte kommen hinzu. Ergänzend sind Maßnahmen an sonstigen Gewerken wie etwa der Leit- und Sicherungstechnik erforderlich.

Die DB Netz AG hatte im Auftrag des Interessenverbandes die Grundlagenermittlung und Vorplanung mit Kostenschätzung (Planungsphasen 1 und 2) zum Projekt auf der Strecke zwischen Friedrichshafen und Radolfzell bearbeitet. Nach Beschlüssen in den Kreistagen Bodenseekreis und Konstanz sowie den Anliegerkommunen entlang der Bodenseegürtelbahn im Herbst 2018 hatten die beiden Landkreise Bodensee und Konstanz im Januar 2019 einen Vertrag mit der DB Netz AG abgeschlossen, die Planung aufzunehmen. Das Auftragsvolumen beläuft sich auf 10,5 Millionen Euro, von dem das Land Baden-Württemberg ein Viertel übernimmt.

Die Finanzierung des Ausbaus und der Elektrifizierung der Bodenseegürtelbahn erfolgt im Rahmen des Bundes-Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (Bundes-GVFG), das eine Kostenteilung zwischen Bund, Land und Region vorsieht. Die beiden Landräte Zeno Danner (Landkreis Konstanz) und Lothar Wölfle (Bodenseekreis), beide im Vorstand des Interessenverbandes, betonen, dass über die Gesamtfinanzierung des Projektes eine Einigung mit dem Land noch ausstehe: »Bereits mit dem alten Kostenüberschlag und einem Eigenanteil der Region von rund 70 Millionen Euro für die Vorzugsvariante bewegen wir uns auf einem Investitionsniveau, das die Leistungsfähigkeit von zwei Landkreisen deutlich übersteigt. Das gilt erst recht für die aktuelle Kostenschätzung mit einem voraussichtlich deutlich steigenden Eigenanteil. Daher begrüßen wir es, dass am 22. Dezember ein Steuerungskreis von Interessenverband und Landesverkehrsministerium tagen wird, der sich mit der aktuellen Kostenschätzung und einer zumutbaren Lastenverteilung für alle Seiten beschäftigt.«

Gerd Hickmann, Leiter der Abteilung Öffentlicher Verkehr im Verkehrsministerium, ergänzte in der Sitzung des Interessenverbands: »Die Kostensteigerungen für das Projekt Bodenseegürtelbahn sind eine große Herausforderung. Allerdings erleben wir dies angesichts der Baupreissteigerungen im Moment an vielen Stellen. Aus Sicht des Landes soll das ambitionierte Projekt dennoch weiterverfolgt werden. Denn sowohl die Region wie auch das Land haben ein großes Interesse am Ausbau dieser Schienenstrecke. Wir müssen uns nun gemeinsam auf die Suche nach machbaren Finanzierungswegen machen.«
Verkehrsminister Winfried Hermann erklärte anlässlich der Bekanntgabe der Ergebnisse der Vorplanung: »Es ist eine gemeinsame Verpflichtung von Bund, Land und kommunaler Ebene, den klimafreundlichen öffentlichen Verkehr leistungsfähig auszubauen. Das Land unterstützt daher den Ausbau der Bodenseegürtelbahn.«

Um das Projekt weiter voranzubringen, stehen vorbehaltlich der Erörterungen im Steuerungskreis der Variantenentscheid sowie die Einigung auf einen Finanzierungsvertrag für die Entwurfs- und Genehmigungsplanung (Leistungsphasen 3 und 4) zwischen Land, DB Netze und Interessenverband an. Begleitet werden soll das Projekt mit einer frühen und umfangreichen Öffentlichkeitsbeteiligung, zu der unter anderem auch eine eigene Projektseite (Homepage) gehört.

Mitglieder im »Interessenverband Bodenseegürtelbahn« sind die Städte und Gemeinden, die einen Bahnhof an der Bodenseegürtelbahn haben. Namentlich sind das die Städte Friedrichshafen, Markdorf, Überlingen und Radolfzell, die Gemeinden Bermatingen, Salem, Uhldingen-Mühlhofen, Sipplingen und Bodman-Ludwigshafen, die Landkreise Bodenseekreis und Konstanz sowie die Industrie- und Handelskammern Bodensee-Oberschwaben und Hochrhein-Bodensee und die Regionalverbände Bodensee-Oberschwaben und Hochrhein-Bodensee. Die Geschäftsführung liegt beim Regionalverband Bodensee-Oberschwaben.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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