Kulissenscheiber können an Silvester Premiere feiern
Gretchen mit einem Jahr Verspätung

Kluissenschieber | Foto: Der Applaus tat den Kulissenschiebern gut nach über einem Jahr Zwangspause auf der Bühne – auch wenn der Saal nur zu Hälfte wegen der Corona-Einschränkungen gefüllt werden durfte. swb-Bild: of
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Radolfzell. Mit genau einem Jahr Verspätung konnten die Radolfzeller Kulissenschieber am Freitagabend endlich ihre Premiere von »Gretchen 89ff« feiern. Das Stück hätte schon zum letztjährigen Jahreswechsel auf die Bühne kommen sollen, aber es fiel dem damaligen Lockdown zum Opfer, der sich für die Theater bekanntermaßen ja bis zum Frühsommer noch hinzog mit zweiter und dritter Coronawelle. Nun hat es im zweiten Anlauf, freilich auch unter harten Einschränkungen mit 2G-Plus-Regelung und Publikumsbeschränkungen im kleinen Saal des Milchwerks endlich geklappt. »Jetzt hoffen wir sehr, dass es auch noch mit den weiteren Aufführungen klappen kann«, so die Vorsitzende der Kulissenschieber, Angelika Kowalski, die auch die Regieassistenz bekleidete und als Souffleuse fungierte. »Eigentlich gibt es kaum ein Stück, das coronagerechter aufgeführt werden könnte, da in jeder Szene ja immer nur zwei SchauspielerInnen auf der Bühne sind und meist noch mit Abstand«, so Regisseurin Ursula Taaks.

Eine zweite Aufführung im Milchwerk ist am 5. Januar (19 Uhr) geplant, am 15. (19 Uhr) und 16. Januar (18 Uhr) macht das Stück Station im Kluturpunkt Arlen, für den 22. Januar ist eine Aufführung im Bürgerhaus Moos geplant und am 5. Februar schließlich gibt es die Derniere im Zollhaus Ludwigshafen. Alle Aufführungen finden unter der aktuellen »2G Plus"-Regel statt.

»Gretchen 89ff" von Lutz Hübner, ist ein Paradestück für die Vielseitigkeit von SchauspielerInnen, denn im Laufe des Theaterabends geht es eigentlich immer um die selbe Szene aus Goethes Faust, die sogenannte »Kästchenzsene, die im «Reclam-Heft« eben auf der Seite 89 beginnt. Doch wie höchst unterschiedliche Voraussetzungen hier so völlig unterschiedlichen Szenen führen können, darüber kann sich das Publikum in knapp zwei Stunden köstlich amüsieren. Angekündigt von "Nummerboy« Michael Bingeser wird mit einer sportlichen Schmerzentortur eröffnet, dann will es das »Tourneepferd« nochmals wissen, während der »alte Haudegen« alls besser zu wissen schein. Richtig köstlich wird es bei der »Anfängerin«, die so gar nicht mitbekommt, dass es da um eine Rolle geht, die man spielen sollte, und gleich drauf macht die "Diva" ihrem Regisseur klar, wer denn weiß wie Gretchen hier zu wirken hätte. Denn der hat ja nicht mal einen Assistenten. Und dann noch die »Streicherin«, die nichts mehr von der Szene übrig lässt als ein paar Brocken, hauptsache gekürzt. Fast schon Grotesk, wie dann die »Dramturgin« mit dem zur Qualfizierung einbestellten Klienten in Clinch kommt, weil der eigentlich nicht zuhört und ständig an seinem Smartphone rummacht und dazu noch ständigt mit anderen Terminen für sich herumjongliert. Eine Theaterprobe, bei der alles aneinander vorbeigeht. Aber nicht bei den SchauspielerInnen Sabine Torres-Prado, Marianne Grünberg, Selena Schinocca, Karen Gerner, Hermann Zimny, Rolf Renz, Odo Nimmrichter und Michael Kolwalski, die hier eben köstlich interagierten, in immer neue Rollen schlüpften, und in ihrer Vielfältigkeit miteinander spielten. Das ist Theater im besten Sinne, auch wenn sie Szenen selbst auch deutlich machten, wie man ein Stück verunstalten kann wenn man sich, aber nicht den »Stoff« drin sieht.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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