Appell für eine weiterhin offene Gesellschaft zum Holocaust-Gedenktag in Radolfzell
Gedenken der Opfer aus der Region
Radolfzell. In der Dämmerung des 27. Januar wurde in Radolfzell zur Erinnerungsveranstaltung im Rahmen des Holocaust-Gedenktags eingeladen durch den Kreisverband der Jungen Union am Mahnmal für die Deportation der Juden aus der Region ins Konzentrationslager Gurs. Kreisvorsitzender Levin Eisenmann gemahnte daran, dass auch die jetzige Generation in der Verantwortung stehe, die Erinnerung wach zu halten, gerade in den jetzigen Zeiten, da Antisemitismus wieder sehr im Steigen begriffen sei. Auch der neue Radolfzeller Oberbürgermeister Simon Gröger appellierte daran, den aktuellen Tendenzen zu Ausgrenzung und Anfeindung energisch entgegen zu treten. Rund 50 Personen waren auf dem Platz zu Erinnerung zusammen geklommen, mit Kerze.
Levin Eisenmann erinnerte in seiner Ansprache an den 80. Jahrestag der "Wannseekonferenz" vor wenigen Tagen, bei der in eineinhalb Stunden der Mord an 11 Millionen Juden geplant und in einer bürokratischen Kälten angegangen worden, auch heute noch sprachlos mache. Die Gewalt gegen die jüdischen Mitbürger sei damals immer offener zu Tage getreten. Gerade weil die Zeitzeugen angesichts der Zeit immer weniger würden, sei es wichtig, die Erinnerung wach zu halten mahnte Eisenmann. Gerade der aktuell wieder zutage tretende Antisemitismus, bei dem auf Demonstrationen unverhohlen mit Symbolen marschiert würden, die Zurecht der Vergangenheit angehören sollten. Unter diesem Deckmantel versuchten immer mehr Menschen in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen. Dem müsse man entgegenwirken. "Jüdisches Leben muss im Alltag ohne Angriffe und Ausgrenzung möglich sein", so Eisenmann in seiner Ansprache. Eisenmann begrüßte ausdrücklich die Familie Nissenbaum, die eng mit der Konstanzer Synagoge verbunden sei als Gäste dieses Abends.
OB Simon Gröger verwies in seiner Gedenkrede auf den jüngsten Sicherheitsbericht des Landes, laut derer in in 2020 insgesamt 764 politische motivierte Straftagen aktenkundig wurden und darunter 228 antisemitische Delikte. Es sei wichtig achtsam zu sein und Worte bedacht zu wählen, spielte Gröger auf einen doch immer auffälligeren unterschwelligen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit im Alltag an. Dem gelte es aktiv und mit Courage entgegen zu treten. "Wir dürfen nicht schweigen, wir müssen Handeln und in den Dialog treten", so Gröger. Dazu gehöre auch, sich mit den Wertvorstellungen anderer aktiv auseinander zu setzen.
Bei der Feier hatte Joachim Klose vom Jüdischen Museum Galingen an das Schiksal der Juden erinnert, die im Oktober 1942 in Folge der Wannsee-Beschlüsse zunächst nach Gurs und von dort über Paris in die Vernichtungslager gebracht wurden, meist mehrer Tage stehen in Güterwaggons. Schon wegen des Alters der deportierten sei es eine Fahrt in den Tod gewesen. Der Abtransport fand damals in aller Öffentlichkeit statt - unter Beteiligung des SS-Kräfte aus Radolfzell.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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