Stille Protestaktion gegen Schließung der Geburtshilfe
»Geburten sind nicht planbar«
Radolfzell. Die Wut und die Enttäuschung über das Ende der Geburtshilfe im Radolfzeller Krankenhaus ist nach wie vor groß: Mit einem stillen Protest haben am vergangenen Samstag rund 50 Radolfzeller Abschied von der Einrichtung genommen. Dafür haben sie 2.500 Schiffchen gebaut und sinnbildlich auf Reisen geschickt – die Schiffchen standen für die Anzahl an Kindern, die in den kommenden fünf Jahren in der Radolfzeller Geburtshilfe das Licht der Welt hätten erblicken können. Wie Nina Breimaier, Vorsitzende des Präventionsrates und Mitinitiatorin der Protestaktion, im Gespräch mit dem WOCHENBLATT erklärte, sei ein Brief an den CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Jung, sowie die MdL Jürgen Keck, Dorothea Wehinger und Nese Erikli rausgegangen, der darauf aufmerksam machen will, dass Familien immer weniger Wahlmöglichkeiten haben, wenn es um den Geburtsort und die Form der Begleitung während der Schwangerschaft und der Geburt geht. »Die Wege, die eine Frau unter Wehen zurücklegen muss, um zur nächsten Geburtsstation zu kommen, werden immer weiter, was ein erhöhtes Risiko für Mutter und Kind bedeutet. Hochtechnisierte Kliniken können nicht die Geborgenheit einer ruhigen und persönlichen Umgebung ersetzen. Eine Geburt ist nicht vergleichbar mit einem planbaren, operativen Eingriff«, heißt es in dem Schreiben.
Während die Protestaktion still verlief, trotz des brisanten Anliegens, schlug Dietmar Baumgartner (FW) und Siegfried Lehmann (FGL) ein anderes Thema sauer auf: Die beiden Stadträte zeigten sich wenig begeistert ob der Terminwahl für die Vorstellung des neuen vierten Kreißsaal am Singener Krankenhaus.
Er wurde just am vergangenen Donnerstag eingeweiht – dem Tag, an dem die Radolfzeller Geburtshilfe für immer ihre Türen schließen musste. »Jeder Radolfzeller muss sich davon verhöhnt fühlen«, sagte Baumgartner.
Lehmann ging sogar noch einen Schritt weiter und stellte die Standort-Frage: Er selbst sehe nach der Schließung der Geburtshilfe und dem damit verbundenen Wegfall der 24-Stunden-Notfall-OP keine große Perspektive mehr für das Radolfzeller Krankenhaus. »Zudem ist mit der Radolfzeller Geburtshilfe auch das Modell der Beleg-Hebammen im Landkreis gestorben«, sagte Lehmann. Die CDU-Stadträtin Martina Gleich ist sich indes sicher, dass der neue Kreißsaal im Singener Krankenhaus die rund 500 Geburten aus Radolfzell nicht werde auffangen können. »Dazu ist in Singen nicht genügend Personal vorhanden«, sagte Gleich.
- Matthias Güntert
Autor:Redaktion aus Singen |
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