Die Narrizella-Ratoldi bereitet sich auf eine etwas andere 5. Jahreszeit vor
Fasnet hinterm Kreuzstock
Radolfzell. 2021 hätte eigentlich das Potenzial, ein bitteres Jahr für alle Fastnachtsfreunde zu werden. Der gerade erst verlängerte Lockdown deutet schon an, dass dieses Jahr an große öffentliche Fastnachtsveranstaltungen nicht zu denken ist. Zum Glück können sich die Radolfzeller in einer solchen Situation an einen der Gründungsmythen der Zeller Fasnet erinnern, denn schon Xaver Däschle soll anno dazumal, als die preußischen Besatzer die Fasnet verboten haben, die Erlaubnis erhalten haben, zumindest in närrischer Montur aus dem Fenster zu schauen. Während der legendäre Kappedeschle diese Erlaubnis allerdings sehr weit auslegte, wollen seine Nachfolger in Zeiten der Pandemie alles dafür tun, dass die Fasnet nicht ganz ausfallen muss, sondern in einer Form stattfindet, die Zwar die Fasnet als Brauchtum erhält, aber größtmögliche Sicherheit für alle Närrinnen und Narren bietet.
Pünktlich zum Dreikönigstag wurde das bisher geplante Programm von Narrizella-Präsident Martin Schäuble, Zunftschreiber Jörg Sigmund und Ehrenpräsident Lothar Rapp vorgestellt. Auch für sie ist die Situation eine außergewöhnliche. Das letzte Mal, dass die Fastnacht ausfallen musste, ist schließlich stolze 30 Jahre her. 1991 War der Grund dafür der Beginn des Golfkriegs. »Dieses Jahr wird die Fastnacht nicht abgesagt, sie findet nur in angepasster und reduzierter Form statt«, betont Martin Schäuble. Der übliche Fastnachtskalender soll dabei den Rahmen vorgeben. Das heißt: Der Schwerpunkt der Aktionen wird auf der heißen Fastnachtsphase Anfang Februar liegen. »Wir sind weder Comedy noch Streamingdienst, sondern wir sind Fastnachter. Deshalb setzen wir unser Augenmerk in diesem Jahr besonders auf den Erhalt der närrischen Tradition und nicht darauf, jetzt wie wild neue Formate zu erfinden«, so Schäuble.
Klepperle auspacken
Seit dem Dreikönigstag darf wieder gekleppert werden. Hierbei sollen die Zeller natürlich auch in diesem Jahr nicht aus der Übung kommen. Auch wenn das traditionelle Übungskleppern des TV Radolfzell sowie das große Preiskleppern am Hemdglonker dieses Jahr nicht stattfinden können, sollten die Klepperle zur Hand genommen werden. Allgemeine Informationen zum Brauchtum und zur Tradition des Klepperns findet man auf der Internetseite des Turnvereins Radolfzell unter www.tv-radolfzell.de. Außerdem sind auf der Klepperle-Homepage www.klepperle.de viele Fasnets-Sprüche sogenannte »Soacherversle« und kurze Lernfilme zu den Grundtechni-ken des Klepperns zum Ausprobieren und Mitmachen zu entdecken.
Christbäume aufheben
Unter den Narren selbst ist es schon Tradition, dass der Christbaum nach Dreikönig ein zweites Leben als Narrenbaum bekommt. Besonders in diesem Jahr sind natürlich alle Zeller dazu aufgerufen, ihren Christbaum entsprechend umzudekorieren, damit die Fasnet unter dem Motto »Bleibet dehom« auch stilecht hinter dem Kreuzstock gefeiert werden kann.
Narrenblut tut allen gut
Ein voller Erfolg war im vergangenen Jahr die erste närrische Blutspende unter dem Motto »Narrenblut tut allen gut«. Deshalb soll sie am 15. Januar in die zweite Auflage gehen. Blutspenden sind weiterhin erlaubt und dringend nötig. Deshalb sind besonders alle Narren wieder aufgerufen, sich an der Aktion, die am Freitag,
15. Januar von 14 bis 19 Uhr im Milchwerk stattfindet, zu beteiligen. Um die Einhaltung der pandemiebedingten Sicherheitsmaßnahmen zu gewährleisten ist eine vorherige Anmeldung über eine Online-Terminreservierung unter: https://terminreservierung.blutspende.de/m/radolfzell-tkm
notwendig.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
Eine ganz besondere Rolle sollte die Fastnacht natürlich auch im Heimattage-Jahr spielen. Geplant war eine Narrenreise durch alle Ortsteile. »Wie alle Reisen, muss aber auch diese im Moment ausfallen«, scherzt Zunftpräsi Schäuble. Die eigentlich geplante Alternative in Form einer filmischen Reisedokumentation muss ebenfalls verschoben werden, da die Dreharbeiten dazu momentan nicht möglich sind. Für den Nachholtermin haben die Narren zusammen mit den Organisatoren der Heimattage den 11.11. vorgemerkt.
Ohne jegliche Einschränkung
Fast ganz wie gewohnt kann indes die Narrenzeitung »De Kappedeschle« erscheinen. Verantwortlich zeichnet dafür auch in diesem Jahr wieder Chefredakteur Lothar Rapp, der sich eigentlich als Narrenzeitungsmacher in den Ruhestand verabschieden wollte. Doch da die Narrizella dieses Jahr drei große Fastnachtsurgesteine betrauern musste, lag es ihm am Herzen, ihnen mit dieser Narrenzeitung, die stolze 72 Seiten umfasst, ein Denkmal zu setzten. Der Verkauf soll am 16. Januar von 10 bis 13 Uhr in der »Roten Tonne« vor dem Zunfthaus stattfinden. Hier sei man mit der Stadtverwaltung noch in der Abklärung des Sicherheitskonzepts.
Allerdings sei der Zeitschriftenverkauf grundsätzlich gestattet, von daher sollte dies kein Problem darstellen. »Die besondere Herausforderung für mich war, wie man nach einem Jahr, in dem fast nichts passiert ist, eine Narrenzeitung machen kann«, gesteht Lothar Rapp. Dass es ihm allerdings wieder meisterlich geglückt ist, davon konnte sich die Wochenblatt-Redaktion bereits vorab überzeugen. Ein Bick in den Kappedeschle lohnt sich also auf jeden Fall. »Das ist für uns auch finanziell wichtig, denn dieses Jahr wird es für uns nicht viele Möglichkeiten geben, wie wir Geld für die Zunft verdienen können«, erklärt Martin Schäuble.
Närrischer Unterricht und Schulbefreiung
Normalerweise sind die Narren in der Fastnachtszeit auch an den Schulen präsent. In Zeiten von Homescooling ist das natürlich nicht möglich. Je nachdem, wie sich die Unterrichtssituation weiter entwickelt, will die Narrizella Ratoldi allerdings Fastnachtspakete an den Schulen und Kitas abgeben, die dann im Unterricht verteilt werden sollen. Ob und in welcher Form es eine Schulbefreiung am Schmutzigen Dunnschdig geben
kann, steht indes ebenfalls noch in den Sternen. »Wir sind zudem noch in Gesprächen mit dem Oberbürgermeister, ob und in welcher Form eine Machtübernahme im Rathaus möglich ist«, berichtet Martin Schäuble. Eines ist jedoch sicher: Ein Narrenbaum wird aufgestellt. »Selbstverständlich auf Coronakonforme Art und Weise, betont der Zunftpräsident.
Narreneltern auf Corona-Patrouille
Damit sichergestellt ist, dass sich alle fastnachtsbegeisterten Radolfzellerinnen und Radolfzeller an die Coronaverordnungen halten, werden die Narreneltern während der tollen Tage in der Stadt patrouillieren und ein Auge darauf haben, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Daneben soll die Stadt immer wieder auch von närrischen Klängen erfüllt werden. »Die Holzhauer- und die Narrenmusik sowie die Froschenkapelle erarbeiten gerade Konzepte, wie sie eventuell CoronaKonform auf dem Marktplatz musizieren können. Denn Fastnacht gehört gehört. Außerdem wird mit Sicherheit auch die Kanone der Garde in regelmäßigen Abständen zum Einsatz kommen«, sagt Martin Schäuble und kann sich dabei ein breites Grinsen nicht verkneifen.
Zum Abschluss soll es natürlich, sofern die Auflagen dies zulassen, auch ein Fastnachtsverbrennen geben. Dieses ist in kleinem Kreis auf dem Messeplatz angedacht.
Kern der Fastnacht 2021: »Bleibet Dehom«
Egal in welcher Ausprägung die Fasnet nun am Ende stattfinden kann, eines ist sicher: Große Veranstaltungen wird es auch im Februar noch nicht geben können. Die eigenen Fastnachtsfeiern müssen also wohl zuhause, innerhalb des eigenen Haushalts stattfinden. Dafür will die Narrizella Fastnachtspakete für den günstigen Preis von 11,11 Euro anbieten. Diese enthalten alles, was man für den Fastnachtsball in den eigenen vier Wänden gebrauchen kann. »Die Leute sind ja mittlerweile ›to-go‹-Angebote gewohnt, deshalb dachten wir uns, wir bieten auch die Fasnet togo an«, scherzt Schäuble.
Verkaufsstart für die Pakete soll zwei Wochen vor der eigentlichen Fastnacht sein, die mit dem Schmutzigen Dunnschtig am 11. Februar beginnt. Neben den Paketen gibt es natürlich noch zahlreiche andere närrische Dinge zu erwerben. »Uns ist in diesem Jahr wichtig zu zeigen, wie man verantwortungsvoll und sicher in diesen Zeiten Fastnacht machen kann«, fasst Lothar Rapp das Ansinnen der Zunft hinter dem vorgestellten Fastnachtsprogramm zusammen.
- Dominique Hahn
Autor:Redaktion aus Singen |
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