Sonderausstellung „Trachten Leben!“ öffnet am Samstag/ Terminvereinbarung erforderlich
„Einer meiner schönsten Tage 2020“
Radolfzell. Das Thema Tracht ist mit vielen Klischees verbunden. Angestaubt, konservativ, altmodisch. Dass keines von ihnen zutrifft, zeigt die Trachtengruppe Alt-Radolfzell seit 100 Jahren im Leben der Stadt. Nun wird das Ganze auch noch im Rahmen einer Sonderausstellung im Stadtmuseum dokumentiert. Im Rahmen einer kleinen Vorschau gaben die Macher der Ausstellung „Trachten Leben!“ einen Einblick darin, was die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung ab dem 20. März erwartet.
In der Ausstellung warten interessante Einblicke in die Geschichte der Radolfzeller Tracht und der Trachtengruppe selbst. Sie wurde 1921 von Pfarrer Hermann Sernatinger, einem gebürtigen Radolfzeller gegründet, und bewahrt seither die Tradition dieser Radolfzeller Festtagskleidung die auch heute noch einen eindrucksvollen Anblick bietet. Selbstverständlich erfahren die Ausstellungsbesucher auch, wie viel Arbeit in den handgemachten Einzelstücken steckt. Allein in jeder der prächtigen Radhauben, die aus vergoldetem Gespinst geklöppelt, auf ein Drahtgestell aufgebracht und mit Spitze verziert werden stecken 600 Arbeitsstunden. Menschen zu finden, die dieses Handwerk überhaupt noch beherrschen ist heutzutage schwierig geworden.
Ein neuer Blick
Die Vielfalt der Radolfzeller Trachten und ihre Entwicklung, von eher dunkleren Stoffen hin zur farbenfrohen Vielfalt zeigt der große Raum im Obergeschoss, der von Kostüm- und Bühnenbildner Joachim Steiner gestaltet wurde. Er hatte vorher nie etwas mit Trachten am Hut und war selbst positiv überrascht von der Offenheit und dem Entgegenkommen aller Mitglieder der Trachtengruppe, die ihm bereitwillig ihre Kleiderschränke öffneten. Im Untergeschoss sind Fotografien des bekannten Schwarzwälder Fotografen Sebastian Wehrle, der sich dem Trachtenthema aus einem ganz besonderen Blickwinkel widmet. Für manchen mag es wie ein Bruch erscheinen, wenn einen vor dem dunklen Hintergrund eine hübsche junge Frau, die bis zum Hals tätowiert ist anblickt. „Für mich ist es eher eine Symbiose. Ich finde, es passt sehr gut zusammen“, sagt Sebastian Wehrle im Pressegespräch. Die Radolfzeller Tracht stand dabei schon lange auf seiner Wunschliste. Da kam die Anfrage des Stadtmuseums gerade recht. Als Model konnte er die gebürtige Radolfzellerin Anina Mond gewinnen, die sich durch ihre seltene Hautkrankheit Vitiligo auszeichnet. „Das Fotoshooting in Radolfzell war für mich einer der schönsten Tage in 2020“, sagt Sebastian Wehrle. Wie beeindruckend die Bilder geworden sind, kann in der Ausstellung bestaunt werden.
Bewegte Bilder aus dem Trachtenleben
Doch auch bewegte Bilder gibt es zu sehen: Theresa Renn hat zusammen mit der Trachtengruppe ein beeindruckendes Filmdokument geschaffen, das zeigt, welches Herzblut und Engagement die Mitglieder investieren und wie sehr die Tracht auch noch heute mit dem Leben und der Geschichte der Stadt verbunden sind. „Da ist nichts verstaubt“, betont Renn, die wie viele der Ausstellungsmacher vorher praktisch keinen Kontakt zum Thema Tracht hatten. Vermutlich ist gerade deshalb der Blick auf dieses Thema in der Ausstellung so frisch und gelungen. Wolfgang Weidele, der Vorsitzende der Trachtengruppe hofft nun auf viele Besucherinnen und Besucher.
Besuch mit Terminvereinbarung möglich
Das Museumsteam um Museumsleiter Rüdiger Specht hat Coronabedingt ganz spezielle Führungen ausgearbeitet, denn jeder Raum darf nur einzeln betreten werden. So gibt es ganz persönliche Erklärungen zu jedem der Einzelthemen. Wer die Ausstellung besuchen will muss allerdings vorab einen Termin buchen. Coronabedingt dürfen sich nur zehn Besucher gleichzeitig im Stadtmuseum aufhalten. Das Zeitfenster für einen Besuch dauert eine Stunde. Mehr dazu: www.stadtmuseum-radolfzell.de/
Eingebettet ist die Ausstellung natürlich auch in die Radolfzeller Heimattage. „Es ist einer der wichtigsten Punkte, die wir uns für die Heimattage vorgenommen haben. Die Trachten sind eine Mode, die Ihre Zeit überdauert haben. Und das ist schon etwas ganz besonderes, gerade in unserer schnelllebigen Zeit“, betonte Oberbürgermeister Martin Staab beim Pressegespräch.
- Dominique Hahn
Autor:Redaktion aus Singen |
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