"Schattensee" in Radolfzell zum Pogrom-Gedenken
Eine Zeit, in der eine freundliche Geste schon zum Verhängnis werden konnte

Autor Matthias Mohr bei seiner Lesung aus "Schattensee" in der Stadtbibliothek Radolfzell am Abend des Gedenkens der Progromnacht am 9. November. | Foto: Alfred Heim / Stolpersteine Radolfzell
  • Autor Matthias Mohr bei seiner Lesung aus "Schattensee" in der Stadtbibliothek Radolfzell am Abend des Gedenkens der Progromnacht am 9. November.
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Radolfzell. Nach Reinigung der 30 Radolfzeller Stolpersteine zum Gedenken an die Pogromnacht am 9. November folgte eine von
Stolpersteine Radolfzell organisierte Autorenlesung in der Stadtbibliothek. Über 50 Personen waren der Einladung zu dieser
Veranstaltung mit Matthias Moor gefolgt.

Die Vorträge einzelner Episoden aus seinem Buch „Schattensee“ verknüpfte der Autor geschickt mit Erklärungen und Kommentaren. Da sich die Erzählung über zwei Generationen entwickelt, wird auch die Weitergabe von traumatischen Erfahrungen auf die nachfolgende Generation thematisiert.

Zum Inhalt des Buches: An der Schweizer Grenze im Hegau wird bei Waldarbeiten ein Skelett entdeckt. Jahrzehntelang lag es unter der Erde, die Polizei steht vor einem Rätsel. Bis sich eine ältere Dame bei Privatdetektiv Martin Schwarz meldet und behauptet, der Tote sei ihr verschollener Vater. Der jüdische Lehrer wollte während der Nazizeit aus Deutschland fliehen. Schwarz soll herausfinden, was damals geschah, und stößt dabei auf verstörende Ereignisse, deren lange Schatten bis in die Gegenwart reichen. Packend, mutig und eindringlich erzählt.

Die Hintergründe zu dem Buch, vor allem die historischen Szenen aus dem Berliner Untergrund und die Fluchthilfe in die Schweiz aus den Jahren 1942 bis 1944, hat Matthias Moor hervorragend recherchiert. Auf diese Weise entstand ein sachkundiges, eindringliches Buch, das sehr nachdenklich macht. Speziell die Untergrund-Netzwerke stellten eine besondere Herausforderung dar, so der Autor.

In der nachfolgenden Gesprächsrunde wurde nach der Trennungslinie zwischen historischer Realität und Fiktion gefragt. Um den
Spannungsbogen der Erzählung zu halten, war es notwendig, die Charaktere stark auszugestalten.
Wichtig war dem Publikum zu erfahren, wo die Freiheit der Akteure begann und wo äußere Zwänge den Handlungsspielraum begrenzten. Fragen zur Problematik des Widerstands in einem Unrechtsregime, die kleinen Gesten der Mitmenschlichkeit gegen die Gefährdung des eigenen Lebens und der Gefahr für die Familie standen, wurden ebenso beleuchtet wie die selbstkritische Frage nach der eigenen moralischen Standfestigkeit in vergleichbaren Situationen.

Mit Sorge blickte das Auditorium auf die Wahlerfolge radikaler Gruppierungen in der Gegenwart und die Gefährdung der Demokratie. Wichtig war den Zuhörerinnen und Zuhörern die Sensibilisierung der Jugend für die Werte der Demokratie und Toleranz gegenüber Andersdenkenden - trotz unterschiedlicher Überzeugungen.

Quelle: Stolpersteine Radolfzell, Alfred Heim

Autor:

Presseinfo aus Singen

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