Chorprojekt aus Trossingen im "Schaufenster"
Ein Zeichen des Friedens im Radolfzeller Münster
Radolfzell. Ein großes Chorereignis steht der Region am Sonntag, 7. Mai, ab 17 Uhr, mit dem Musikprojekt „Das Treffen in Telgte“ im Radolfzeller Münster bevor. Im Rahmen der im letzten Jahr gestarteten Kooperation der Musikschule Radolfzell und der staatlichen Musikhochschule Trossingen ist diese Inszenierung auch Teil des diesjährigen Bodensee-Musikfestivals. Das besondere daran ist, dass das Konzert des 9-köpfigen Ensembles von einem Workshop für ChorsängerInnen begleitet wird. Unter der Leitung von Jan van Elsacker, einer der großen Koryphäen des Chorgesangs in Europa.
Die Vorsitzende des Münsterchors, Barbara Drosdek, spricht von einer freudigen Erwartung. Ein Großteil des Münsterchors habe sich für den Workshop angemeldet und freue sich auch darauf, andere Chorsänger aus der Region kennenzulernen, insgesamt haben sich im Vorfeld über 80 SängerInnen für das Projekt angemeldet.
Münsterpfarrer Heinz Vogel sieht das angekündigte Stück als ein Werk für diese Zeit, und das Münster sei ja durch seinen Umbau auch gerade dabei, in der aktuellen Zeit wieder anzukommen. In dem Stück wird es um das Ende des 30-jährigen Kriegs gehen, zu dem in Radolfzell damals mit dem Rosenkranz-Altar 1648 ein „Hoffnungszeichen“ gesetzt wurde - in einer sehr schweren Zeit. „Deshalb müssen wir auch unbedingt mit dem Konzert dort hin“, zeigte sich Vogel entschlossen. Deshalb werde sogar die aktuelle Baustelle so manövriert, dass die Kirche am Konzertabend noch gerüstfrei ist. Erst danach wird der weitere Innenumbau fortgesetzt. Die Friedensmotette von Heinrich Schütz von 1648 soll dann acapella genau vor diesem Altar aufgeführt werden, kündigte Lorenz Duftschmid von der Hochschule für Musik Trossingen an, der die musikalische Gesamtleitung des Projekt inne hat.
30-jähriger Krieg und "Gruppe 47"
„Gestern wird sein, was morgen gewesen ist. Unsere Geschichten von heute müssen sich nicht jetzt zugetragen haben.“ – Mit diesen (auf den ersten Blick kryptischen) Sätzen beginnt die Erzählung „Das Treffen in Telgte“ von Günter Grass. Der Autor schildert darin – in Analogie zu den Tagungen der im Nachkriegsdeutschland bedeutenden Literatenvereinigung „Gruppe 47“ – ein fiktives Treffen deutscher Dichter im Jahr 1647, also während der Verhandlungen zum Westfälischen Frieden.
Drei Tage lang erörtern Simon Dach, Paul Gerhardt, Gryphius, Grimmelshausen und andere (in teils humorigen, teils erbittert geführten Diskussionen) die Lage der deutschen Literatur in politisch chaotischer Zeit und möchten einen Beitrag leisten zur Beendigung des seit fast dreißig Jahren wütenden Krieges.
Auch die Musik, in Gestalt des Komponisten Heinrich Schütz, soll in diesen Prozess eingebunden werden. Grenzenlose Kunst, so lautet ihr Fazit, dürfe sich niemals politisch, religiös oder ideologisch vereinnahmen lassen, nur dann habe sie einen bleibenden Wert! – Und das, so wird man den Autor interpretieren dürfen, gilt zu allen Zeiten: 1647, dreihundert Jahre später und heute.
Als die Dichterfürsten nach dem Treffen allerdings ihre Unterkunft verlassen, bricht ein Feuer aus und ihr Manifest der Kunst für den Frieden geht ungehört in den Flammen auf.
Performance aus Text und Musik
In einer gelungenen Performance aus Text und Musik werden zentrale Passagen dieser auch sprachlich meisterhaft inszenierten Erzählung gelesen. Dazu musizieren Dozenten und Studierende der Hochschule für Musik Trossingen in der Erzählung erwähnten barocke Meisterwerke von Heinrich Schütz, Heinrich Albert, Claudio Monteverdi und anderen. Neben den SängerInnen und Musikanten werden die Texte von Rudolf Guckelsberger gesprochen.
Wie der Leiter des Kulturreferats, Erik Hörenberg, sagte, läuft der Vorverkauf recht vielversprechend, so dass am Konzertabend sicher volles Haus in der Kirche ist.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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