Kosten, Alternativen und barrierefreier Bahnhof: Welche Auswirkungen der Gemeinderatsbeschluss zur Seetorquerung hat

Ein Beschluss und seine Auswirkungen

Radolfzell. Für die Seetorquerung waren nicht nur 450.000 Euro im Haushalt für 2020 eingeplant, weitere 11,5 Millionen Euro Ausgaben sowie rund 3,5 Millionen Euro Einnahmen waren für die Jahre 2021 bis 2023 veranschlagt. Dadurch ergibt sich im Haushalt eine finanzielle Entlastung von rund acht Millionen Euro. Infolgedessen reduziert sich die Neuverschuldung von rund 28 auf ca. 20 Millionen Euro.
Außerhalb der mittelfristigen Finanzplanung, also ab dem Jahr 2024, waren zudem weitere 12 Millionen Euro Ausgaben und 3,8 Millionen Euro Einnahmen eingestellt, teilte die Pressestelle der Stadtverwaltung auf Nachfrage des WOCHENBLATTs mit.

Bisherige Kosten
Seit dem Jahr 2006 wurden bis zum jetzigen Zeitpunkt für das Projekt Seetorquerung bereits circa 3,5 Millionen Euro für die Planungen ausgegeben. Das umfasst unter anderem Grundlagenplanungen, Aufträge an Ingenieur-Büros, Entwurfsplanungen, Quality Gate, Aufträge an Bahn, Rechtsanwälte, Bodengutachten und den Brückenwettbewerb

Wie es weitergeht
Das Schlüsselprojekt beinhaltet neben dem zentralen Seezugang auch eine Anbindung über den Herzensteg. Der Baubeschluss zum zentralen Seezugang hat nach wie vor Bestand. Der Beschluss zum Haushalt stoppt dieses Projekt bis auf Weiteres, er beendet es nicht. Mögliche Alternativen zur Unterführung kennen der Gemeinderat und die Bürgerschaft, heißt es aus dem Rathaus. So gab es einen Alternativvorschlag des Oberbürgermeisters zu einem attraktiven Seezugang über eine Brücke ohne Gleisanbindung als ausschließlich städtischer Seezugang. Im Brückenwettbewerb des Gemeinderates wurden ebenfalls Brücken entworfen, die mit einer Anbindung an die Bahn- gleise angedacht waren, merkt die Pressestelle an.

Barrierefreiheit
Wie die Stadtverwaltung gegenüber dem WOCHENBLATT erklärt, sei die Deutsche Bahn AG jetzt als verantwortliche Stelle gefordert, den barrierefreien Ausbau des Radolfzeller Bahnhofs gemäß den Regelungen des Behindertengleichstellungsgesetzes bis 2022 durch den barrierefreien Zugang zu den Bahnsteigen (mit Aufzügen oder Rampen) und zu den Zügen (durch Absenkung der Bahnsteige) zu realisieren.
Dennoch werde sich auch die Stadt Radolfzell anteilig an den Kosten beteiligen müssen. Dies schreibe der Gesetzgeber vor.

Fördermittelzusage
Im Dezember kam die Meldung, dass der Radolfzeller Bahnhof in das Bahnhofsmodernisierungsprogramm der Landesregierung aufgenommen wurde und zum »Bahnhof der Zukunft« ausgebaut werden soll. (Das WOCHENBLATT berichtete.)
Diese Fördermittelzusage an die Deutsche Bahn bleibe vom Gemeinderatsbeschluss zum zentralen Seezugang unberührt, heißt es aus dem Rathaus auf Nachfrage des WOCHENBLATTs.

Die Aktionsgemeinschaft

Enttäuscht von der Entscheidung des Gemeinderats zeigt sich indes die Aktionsgemeinschaft. In einem Interview mit dem WOCHENBLATT hat der ehemalige Vorsitzende des Zusammenschlusses der Radolfzeller Innenstadthändler, Helmut Schütz, noch betont »wir brauchen die Seetorquerung«. Mit dem jetzigen Beschluss hat die Stadt ein Versprechen gebrochen, ist sich Andreas Joos, der zweite Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft sicher. »Es war eigentlich ein Versprechen der Stadt, als das Seemaxx kam, auf der anderen Seite der Stadt ebenfalls einen Magneten zu schaffen, der den Innenstadthandel stärkt. Die Seetorquerung war hierfür ein Schlüsselprojekt. Wir finden es schlimm, dass hier etwas verhindert wird, was so lange erarbeitet wurde«, erklärt Joos gegenüber dem WOCHENBLATT.

- Dominique Hahn