Radolfzell
Die Zukunft des Radofine ist offen
Radolfzell. Versprechungen wollte oder konnte Gesundheitsminister Manne Lucha bei seinem Besuch vergangenen Donnerstag im hebammengeführtenGesundheitszentrum Radofine in Radolfzell nicht machen, als unter anderem die Zukunft der Einrichtung zur Diskussion stand. »Ich kann nichts versprechen, möchte aber die Grundidee eines Geburtshauses im Auge behalten«, so Lucha. Ob das Radofine nun weiterhin finanzielle Unterstützung vom Land bekommt und sich langfristig zu einem Geburtshaus weiter entwickeln kann, bleibt vorerst offen.
Hingegen sprach sich Landrat Zeno Danner mit einem klaren „Nein“ gegen ein Geburtshaus aus: „In Absprache mit dem Gesundheitsverbund des Landkreises Konstanz könnten wir uns eher einen hebammengeführten Kreissaal vorstellen“, erklärte Danner. Er sieht in der Präsenz ärztlicher Betreuung ein wichtiges Argument für die Anbindung an einen Klinikbetrieb. Über eine mögliche Trägerschaft mit Finanzierung des Radofine durch den Landkreis soll noch beraten werden, da sieht der Landrat auch die übrigen Kreiskommunen in der Pflicht.
Wie groß das Defizit in der Hebammen-Versorgung im Landkreis Konstanz ist, machen die Engpässe deutlich, die aktuell durch Personalmangel in den Kreißsälen in Singen und Konstanz bestehen. Auch die Odyssee von Lisa Rinkenburger aus Stockach zeigte den Mangel auf. Die junge Mutter suchte - wie viele andere Schwangere - verzweifelt eine Hebamme. Fündig wurde sie schließlich nach über 20 Absagen bei Radofine, dem hebammengeleiteten Gesundheitszentrum in Radolfzell, das als Modellprojekt niedrigschwellig Unterstützung, Betreuung und Information vor und nach der Geburt anbietet.
„Es ist toll, dass es Radofine gibt und hoffentlich auch weiter geben wird«, lobte Lisa Rinkenburger. Sie hatte sich für eine außerklinische Entbindungen entschieden und brachte ihre Tochter Ylvi im Geburtshaus in Villingen zur Welt, da es im Landkreis Konstanz kein vergleichbares Angebot dafür gibt.
Dieses Manko würde das engagierte Radofine-Team mit Unterstützung von Radolfzells OB Simon Gröger und BürgermeisterinMonika Laule gerne beseitigen. Gröger sieht das Radofine als wichtigen Zukunftsbaustein für eine wohnortnahe Hebammenversorgung nicht nur in Radolfzell, sondern kreisweit. »Wenn wir das Radofine um eine hebammengeleitete Geburtsbegleitung erweitern, kann hier das angeboten werden, was sich viele Familien im Landkreis wünschen«, ist Gröger überzeugt. Gleichzeitig hätten werdende Eltern eine „freie Wahl des Geburtsortes“ an einem zentralen Standort im Landkreis, hob Bürgermeisterin Monika Laule hervor. Sie widmet sich mit viel Herzblut dem Gesundheitszentrum und sieht besonders im niedrigschwelligen Zugang für sozial schwache Familien ein wichtiges Argument für sein Fortbestehen. Sorgen bereiten Laule wie dem Radolfzeller OB die künftige Finanzierung des Modellprojekts, das 2019 ins Leben gerufen wurde, nachdem die Geburtsstation im Radolfzeller Krankenhaus 2017 geschlossen wurde. Bisher stand das Radofine unter der Trägerschaft des Spitalfonds und wurde zusätzlich über Spenden und vom Land mit 210.000 Euro bezuschusst. Doch der Spitalfonds ist durch den Bau und den Betrieb des neuen Pflegeheims auf der Mettnau künftig nicht mehr in der Lage, weitere Finanzmittel für das Gesundheitszentrum aufzubringen.
Melanie Pinter, Projektleiterin des Radofine, untermauerte anhand von Zahlen die Erfolgsgeschichte der Einrichtung. Seit deren Start wurden über 500 Familien betreut. Dies in Form von Geburtsvorbereitung und Stillberatung, Kursen für Rückbildung sowie der Vermittlung von Hebammen und einer Sommerambulanz. Sie bedauert das Konkurrenzdenken innerhalb der Berufsgruppe der Geburtshilfe, wo doch eigentlich eine gute Kooperation wichtig wäre. Dies unterstrich auch Minister Lucha. Er sprach sich zwar klar für die Konzentration von starken Krankenhausstandorten im Land aus, sieht aber im Rahmen einer angestrebten sektorenübergreifenden Gesundheitsversorgung „den richtigen Ort für das richtige Angebot" als langfristiges Ziel. Damit soll eine geburtshilfliche Versorgung gewährleistet werden, die von den Menschen gewünscht wird. Sein Appell an alle Beteiligten: „Wir haben noch viel zu tun - da müssen wir gemeinsam am Ball bleiben“.
Autor:Ute Mucha aus Moos |
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