Narrenspiegel der Narrizella-Garde
Die Zeller Fasnetsgranden sind wieder zurück

„Seefunk-Laule“ und „Narrenspiegel-Gröger“ freuen sich närrisch über das gemeinsame Selfie nach der Schlüsselübergabe.  | Foto: swb-Bild: Philipp Findling
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Radolfzell. Drei Jahre ohne Narrenspiegel waren viel zu lange für die Zeller Narren. Umso emotionaler wurde er in diesem Jahr, weil unter anderem eine Ära der Zeller Fasnet zu Ende ging.

Die Vorfreude war spürbar bei der Premiere des Narrenspiegels im Milchwerk. Was wird uns wohl geboten? Was wird Kappedeschle Lothar Rapp diesmal an den Pranger stellen und vor allem: wer wird der neue OB Simon Gröger für den Narrenspiegel? All diese Fragen wurden an diesem Abend beantwortet. Nach dem Einzug der Zunft und der Begrüßung durch Präsident Martin Schäuble konnten die Klepperle-Hoheiten Prinzessin Luise Christ, Königin Lilli Franz und König Nelson Riedle vor den Augen von OB Simon Gröger ihr ganzes Können unter Beweis stellen. Bereits nach diesem Auftritt war klar, das dies ein ganz besonderer Narrenspiegel werden würde.

Keine Greta in Radolfzell

Als erster echter Höhepunkt folgte die allseits in Zell beliebte Narrenschelte von Ehrenpräsident Lothar Rapp. Gleich zu Beginn erlaubte er sich einen Seitenhieb in Richtung der Entscheidung vom vergangenen Donnerstag, als die GLKN beschloss, das Krankenhaus in Radolfzell Ende Juni zu schließen: „Das Virus zieht nun endlich aus, doch mit ihm leider auch das ganze Krankenhaus.“ Allgemein machte der Kappedeschle deutlich, dass er sich von nichts und niemandem das Wort verbieten lässt, vor allem nicht zur Fasnet: „I halt meine Schnorre nicht, nein, meine Schnorre halt ich nicht.“ Seine scharfe, aber größtenteils berechtigte Kritik fand beim Publikum großen Anklang, auch in Sachen Klimawandel: „'S Klima g’sund wie’s früher war, isch es heut nicht mehr!“ oder auch „Zu uns brauch ‘s Fräulein Greta it extra komme!“ Auch die Energiekrise blieb vom Kappedeschle nicht verschont: „Von de Füß nauf wird’s kalt, immerhin im Milchwerk isch g’heizt!“

Dreharbeiten am „Seeersatz“

Ersten prominenten Besuch hatte man direkt im Anschluss, als plötzlich das Filmteam von „WaPo Bodensee“ zu Probeaufnahmen aufkreuzte und den szenischen Marktplatz für sich einnahm. Auch Rapp musste einer an Napoleon angelehnten Ratoldus-Figur und einem U-Boot-spielenden Schwimmflügler weichen, wohingegen der Brunnen als „Seeersatz“ herhalten musste. Neben den bekannten Themen in Radolfzell wie der Seetorquerung und dem Hotel fand vor allem der Gin-Kugel-Fund bei diesem Sketch die meisten Lacher auf seiner Seite: „Hier habe mer endlich mal was richtigs an Land ‘zoge!“ Bei der darauffolgenden musikalischen Einlage durch den Fanfarenzug wurden nach ihren gespielten Stücken ehemalige Musiker, Spieler aus der Froschenzunft oder auch aus Markelfingen sowie Präsident Schäuble selbst auf die Bühne geholt, um gemeinsam eine spontane Einlage darzubieten.

Problembeseitigungsdienst fürs Krankenhaus

Das nächste Highlight bot die Schauspielgilde der Narrizella-Garde mit – natürlich – dem Krankenhaus. Hierbei beobachtete man zwei Räumungskräfte, gespielt von Ole Schmal und Tim Schwenke, die sich kurzerhand als „Problembeseitigungsdienst“ (PBD) ausgaben und bei diesem Thema kein Blatt vor dem Mund nahmen. Vor allem der nicht anwesende Landrat und die GLKN kamen bei ihnen nicht gut weg: „Die Krankenhausmafia GLKN hat das Krankenhaus in den Ruin getrieben. Der Landrat heißt zwar wie einer unserer Hausherren, hat aber keine Empathie für unsere Stadt.“ Im weiteren Verlauf des Sketches musste ein Patient im Rollstuhl übers Telefon eine Hausgeburt begleiten, wobei er sich zu Beginn unsicher war, woher die Dame anrief: „Die schreit ja wie ein Bär, isch die aus Singe?“ Umso größer war die Freude, als der Kerle auf der Welt war: „Endlich wieder en Radolfzeller Bueb!“ Die Nummer endete mit „Monika Laule“, die, mit dem Fahrrad gekommen, vom Rollstuhlpatienten den Vorschlag bekam, im Krankenhaus fortan eine „Heilung durch freudvolle und horizontale Bewegung“ anzubieten.

„Mein Name ist Gröger ...“

Nach einem sehr unterhaltsamen Abstecher nach „Schlumpfzell“, bei dem unter anderem Gargamel seine Wut über das „Lalalalalalalalala“ der blauen Bewohner zum Ausdruck brachte, folgte die heiß ersehnte Amtseinführung des „neuen OB Gröger“ vom Narrenspiegel. Lars Brunner von der Radolfzeller Narrenellipse, der dem Schultes zum Verwechseln ähnlich sah, betrat bei tosendem Applaus die Bühne. Fortan gab es ein Stelldichein mit ehemaligen Radolfzeller Politgrößen wie unter anderem Alt-OB Jörg Schmidt, Martin Staab und einem Zigarre rauchenden Günter Neurohr. Die Herren wunderten sich unter anderem, warum das Glockenspiel noch nicht eingeweiht wurde. Hierauf entgegnete „Gröger“ wie folgt: „Ich möchte einfach den Gemeinderat nicht wecken.“ Allgemein stahl Brunner mit einer nahezu perfekten Gröger-Imitation allen die Show und zog spätestens mit „Mein Name ist Gröger, Simon Gröger“ das Publikum endgültig auf seine Seite.

Seefunker sorgen für Emotionen pur

Wer aber dachte, dass schon alle Emotionen ausgespielt waren, hatte die Rechnung nicht mit der Seefunkgruppe gemacht. Nach sage und schreibe 35 Jahren, in denen man immer den Narrenspiegel begleitete, sagte man im sehr großen Stil „Adieu“. Dabei gab sich auch die „Seefunk-Laule“ keine Blöße, für kurze Zeit ins Präsidentengewand zu schlüpfen und mit dem „neuen OB“ ein Selfie zur Schlüsselübergabe zu machen. Mit ihrer gewohnt spitzen und humorvollen Zunge sorgten die Vollblutmusiker für die ersten und einzigen Standing Ovations an diesem Abend, ein Lichtermeer sowie eine nicht enden wollende Polonaise durch das Milchwerk. Selbst Präsident Martin Schäuble war sichtlich gerührt vom Abgang der Radolfzeller Institution: „Eine Fasnet ohne die Seefunker ist nur schwer vorstellbar. Ich bin gespannt, was wir nächstes Jahr zu hören bekommen.“

Mehr Impressionen vom Radolfzeller Narrenspiegel gibt es in der Bildergalerie.

Autor:

Philipp Findling aus Singen

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