Elfriede Schiffhauer nimmt ihr halbes Leben an der Pilgerfahrt zu Ehren der Hausherren teil
Die Mooser Wasserprozession ist »Gänsehaut pur«
Radolfzell/Moos (gü). Morgens sechs Uhr im WOCHENBLATT-Land. Ein ganz normaler Montagmorgen steht an. Normal? Nicht in Radolfzell. Nicht in Moos. Nicht an diesem Montag. Nicht für Elfriede Schiffhauer aus Moos. Denn am Hausherrenmontag ist vieles anderes. Die Mooser Wasserprozession steht bevor. Ein Termin, dem auch die 73-Jährige Rentnerin entgegenfiebert. Denn quasi ihr ganzen Leben ist sie Teil von Deutschlands wohl ältesten Wallfahrt auf dem Bodensee. Auch in diesem Jahr wird sie wieder mit den Moosern Pilgern über den See kommen und von mehreren Hundert Besuchern im Radolfzeller Hafen empfangen werden. Für Elfriede Schiffhauer ein ergreifender Moment, wie sie im Gespräch mit dem WOCHENBLATT erklärt: »Der Moment, wenn wir in den Hafen einfahren und die ganzen Menschen dort sehen, die diese Tradition nicht aussterben lassen und auch nach rund 1.000 Jahren noch leben, ist unbeschreiblich - Gänsehaut pur«, sagt sie.
Seit 1797 gibt es die Mooser Wasserprozession, wie Elfriede Schiffhauer verrät. Damals rottete eine Viehseuche nahezu den gesamten Viehbestand im Südwesten von Deutschland aus. »Die Mooser wollten von dieser Katastrophe verschont bleiben. Dafür machten sie sich auf zu einer Pilgerfahrt über den See nach Radolfzell um die Stadtpatrone Theopont, Senesius und Zeno um Beistand zu erbitten«, sagt Elfriede Schiffhauer. Die drei Hausherren erhörten das Flehen. Die Mooser Viehbestände wurden verschont. Im Gegenzug dafür, gelobten die Mooser sich jedes Jahr zur Prozession aufzumachen.
So pilgern Jahr für Jahr buntgeschmückte Boote über den See, um das Gelübde zu erneuern. Für Elfriede Schiffhauer beginnen die Vorbereitungen bereits am Freitag vor dem Hausherrenfest - das Schmücken der Boote steht an: Eine ganze Wagenladung Eichenlaub wird dabei von den zahlreichen Helfern im ehemaligen Feuerwehrhaus in Moos verarbeitet. »Viele Helfer legen hier Hand an und es sind auch immer Kinder dabei«, verrät sie. Mittlerweile ist die Anzahl an zu schmücken Booten gestiegen. Gut und gerne 20 von ihnen werden für die Wasserprozession hergerichtet. Das Anbringen der Blumen ist dann - entgegen des Klischees - Männersache. »Es ist feste Tradition, dass die Ruderer die Eichelaubrundbögen mit bunten Blumen schmücken. Unserer Ruderer haben ein Händchen dafür.«
Am Hausherrenmontag macht sie sich schon um 6 auf den Weg in die Kirche. Als Messnerin obliegt es ihr, die Kirche für die Andacht herzurichten. Danach geht es in einer Prozession zu den Booten, die gegen 7.30 Uhr in Moos ablegen. Bei nahezu jedem Wetter, so verdeutlicht Elfriede Schiffhauer, wird gestartet. »Wir hatten schon alles dabei, Sturm, Nebel, aber meistens strahlte die Sonne.« Nur einmal so erinnert sich die Messnerin, habe man sich nicht auf das Wasser getraut. Da war sie noch im Teenageralter. Die Prozession ist deshalb aber nicht ausgefallen - im Gegenteil: Kurzerhand machten sich die Pilger per Bus auf den Weg nach Radolfzell.
Um 8.15 Uhr ist die Einfahrt in den Radolfzeller Hafen: Dieser Moment, wenn die Böllerschüsse die Pilger begrüßen, ist ein ganz besonderer für Elfriede Schiffhauer. »Das Hausherrenfest, die Prozession und das erneuern des Gelübdes, das gehört zu meinem Leben einfach dazu.«
So auch in diesem Jahr, wenn die Pilger am Montag, 18. Juli, in Radolfzell erwartet werden. Elfriede Schiffhauer wird wieder mit dabei sein - in welchem Boot sie mitfahren wird, das weiß sie zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht. »Aber stehen gelassen wurde noch niemand.«
Ein Interview mit Stadtpfarrer zum Hausherrenfest gibt es in der aktuellen Printausgabe des Radolfzeller WOCHENBLATTES.
Bilder vom Hausherrenfest aktuell unter bilder.wochenblatt.net.
- Matthias Güntert
Autor:Redaktion aus Singen |
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