„Lettow-Vorbeck-Straße“ wird „Magnolienstraße“
„Der General wird durch eine Pflanze ersetzt“

Nun ist am Freitagabend ganz offiziell aus der Lettow-Vorbeck-Straße in Radolfzell die Magnolienstraße geworden. Im Bild Elisabeth Burkart (Freundeskreis Asyl), Hildegard Bibby (Leiterin Stadtarchiv), Siegfried Lehmann (Freie Grüne Liste), Norbert Lumbe (SPD), Monika Laule (Erste Bürgermeisterin), Heike Kemper (Historikerin, KN) und zwei fleißige Mitarbeiter.  | Foto: swb-Bild: Grunewald
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  • Nun ist am Freitagabend ganz offiziell aus der Lettow-Vorbeck-Straße in Radolfzell die Magnolienstraße geworden. Im Bild Elisabeth Burkart (Freundeskreis Asyl), Hildegard Bibby (Leiterin Stadtarchiv), Siegfried Lehmann (Freie Grüne Liste), Norbert Lumbe (SPD), Monika Laule (Erste Bürgermeisterin), Heike Kemper (Historikerin, KN) und zwei fleißige Mitarbeiter.
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Eine Magnolie, seit über 1.000 Jahren Königin der Ziergehölze im Frühjahr, löst späte Schatten des 1.000-jährigen Reiches in Radolfzell ab. Bürgermeisterin Monika Laule nahm am Freitagnachmittag im Beisein zahlreicher Bürgerinnen und Bürger sowie örtlicher Gemeinderäte die offizielle Umbenennung der bisherigen „Lettow-Vorbeck-Straße“ in „Magnolienstraße“ vor. Sie erinnerte an die lange Vorgeschichte dieses „historischen Schrittes“, denn noch 2013 wurde eine entsprechende Beschlussvorlage zwar wegen Stimmengleichheit im Gemeinderat abgelehnt.

Aber dem unermüdlichen „Arbeitskreis Erinnerungskultur“ um Siegfried Lehmann, Norbert Lumbe und Hildegard Bibby gelang es über die Jahre, einen Bewusstseinswandel zu befördern. So stimmte der Radolfzeller Gemeinderat am 30. November 2021 einem interfraktionellen Antrag zur Umwidmung bei einer Gegenstimme zu. Zentrale Argumente hatte die Konstanzer Historikerin Heike Kempe bereits 2013 mit einem ersten Gutachten geliefert, nachdem der preußische General Paul von Lettow-Vorbeck zentral am Völkermord der Kolonialkriege beteiligt war. Er befehligte von 1914 bis 18 die sogenannte „Schutztruppe“ in Ostafrika und sorgte mit seiner Strategie der „verbrannten Erde“ für Hunderttausende von zivilen Opfern unter der Bevölkerung. Brutal und menschenverachtend schlug er nach Ende des Kaiserreiches nicht nur die Hamburger „Sülze-Unruhen“ nieder, sondern stand 1920 mit an der Spitze des Kapp-Lüttwitz-Putsches gegen die junge und demokratische Weimarer Republik, die nur durch einen von Carl Legien organisierten gewerkschaftlichen Generalstreik gerettet werden konnte.

Hitler selbst ehrte Lettow-Vorbeck vier Tage vor dem Überfall auf Polen am 27. August 1939 mit dem „Charakter eines Generals der Infanterie“. Auch nach 1945 blieb er nachweislich antidemokratisch und rassistisch und verteidigte zeitlebens die Vernichtungsstrategie gegen die Herero und Nama, was die Bundesregierung im Mai 2021 als Völkermord anerkannte. Auf diesem Hintergrund erfolgte im gleichen Jahr ein zweites aktualisiertes Gutachten durch Kempe, dem der Gemeinderat nun vollends Rechnung trug. Laule dankte ihr ausdrücklich, wie auch dem Arbeitskreis. „Wir können nun froh und glücklich darüber sein, dass der Straßenname ‚Lettow-Vorbeck‘ in Radolfzell mit dem heutigen Tag Geschichte ist“ – die alten Schilder sind nun in das Stadtarchiv gewandert.

Auch ein neuer Name wurde nicht sogleich gefunden: Die befragten Anwohner hätten gerne in der „Ahornstraße“ gewohnt, aber dieser Vorschlag scheiterte am „Ahornweg“ in Böhringen – zu ähnlich! So setzte sich in einer Anwohner-Abstimmung mit „Magnolienstraße“ mehrheitlich ein Vorschlag von Erika Konhäuser durch, der die Freude unter dem neuen Straßenschild anzusehen war. Laule dankte allen Beteiligten für ihre engagierte Beteiligung am demokratischen Prozess der Namensfindung. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger verfolgten anschließend die symbolische Einpflanzung einer Magnolie an der Einmündung zur Altbohlstraße – dies in der Hoffnung „auf prachtvolle Blüten“, so die Bürgermeisterin.

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Presseinfo aus Singen

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