Zuschauer feiern JBO und Stadtkapelle im Milchwerk
Den Diamant noch feiner geschliffen
Radolfzell. Das Jubiläumsjahr ist gerade erst vorbei und doch hat die Stadtkapelle Radolfzell den Blick schon wieder nach vorne gerichtet. Mit einem besonderen Frühjahrskonzert begeisterten das Jugendblasorchester und die Stadtkapelle beim gemeinsamen Frühjahrskonzert. Und wenn sonst eher die Bitte kommt, dass man sein Smartphone für ungetrübten Musikgenuss ausschalten sollte, so spielte das mobile Gerät diesmal eine ganz besondere Rolle: das aktuelle Programm des Konzerts einschließlich der Informationen zu den Stücken gabs diesmal nämlich nicht auf Papier, sondern nur über einen QR-Code, der im Foyer ausgehängt gewesen war. Beide Kapellen spielten natürlich unter Großmeister Kuno Rauch, der hier im Vorfeld musikalische Diamanten geschliffen hatte.
Gleich zur Begrüßung galt der Dank an den inzwischen ehemaligen Vorsitzenden der Stadtkapelle Thomas Späth durch seinen Nachfolger Gabriel Deufel für die hervorragende Führung im Jahr des 250-jährigen Bestehens der Stadtkapelle, das von einer ganzen Reihe von Highlights begleitetet war, und durch das grandiose Open-Air auf dem Münsterplatz gekrönt wurde. Und mit den Ehrungen in diesem Konzert vor der Pause konnten gleich über 100 Jahre aktives Mitmachen gerade mal durch zwei Musiker gewürdigt werden. Dietmar Baumgartner ist seit 50 Jahren in der Stadtkapelle, Wolfgang Riester gar 55 Jahre, und beide waren hier im Orchester noch munter mit dabei.
Gleichwertige Orchester
Das Besondere an diesem Abend war, dass hier gleich zwei echt hochklassige Orchester auftraten, denn das Jugendblasorchester, das den Abend eröffnete, war ein schon sehr gut geschliffener Diamant, dem mit Stücken wie "Utopia" von Jacob de Haan (wie ein Flug mit einer Drohne über ein Inselparadies) oder der Musical-Filmmusik "The greatest Showman", über ein effektreiches "How to Train your Dragon" von John Powell aus den Welten der Wikinger - gespickt mit vielen souveränen Soli - bis zu einem sehr symphonisch ausgespielten Medley großer Hits von "Queen" und "Genesis" (bei den ersten Takten wähnte man sich fast im "Bolero") ein wirklich konzertantes Format darbot. Dass sich das Publikum sich zum Schlussapplaus erhob und nach der Zugabe "Spanish Fever" noch ein weiteres musikalisches Dessert forderte, zeigte, dass hier mitreißende Musik und vor allem auch anspruchsvolle Musik gelebt wurde, wenn man die Schwierigkeitsgrade nachblättert.
Im Orient-Express
Jetzt war freilich nach der Pause die Stadtkapelle, ebenfalls unter Dirigent Kuno Rauch, besonders gefordert, doch was draufzusetzen in so große Fußstapfen. Mit dem "Orient Express" von Meisterkomponist Philip Sparke wurde hier die Musik des gleichnamigen Films über den wohl berühmtesten Zug der Welt in vielen spannenden Klangbilder aus der Welt der alten Eisenbahnen in eine Reise von einer Viertelstunde komprimiert. Das epische Werk "La Quintessenca", sollte das Wesen der Musik in seinem Kern zelebrieren, war aber doch ein wenig kantig angelegt.
Mit "Rio", der Filmmusik über die letzten beiden blauen Kakadus, die sich die Macher von "Ice Age" erdacht hatten, waren ganz viele schnell wechselnde Bilder - fast wie Filmschnipsel - verbunden, durch die Kuno Rauch die Musiker gefühlt nur noch mit dem kleinen Finger lenken musste, da wurden noch mal richtig Kohlen in den Kessel geworfen und konnte tatsächlich noch durch die ausdauernd erklatschte Zugabe mit Schoskakowitschs "Suite Nr.2" als Fusion von Jazz und Walzer mit einem tollen Sahnehäubchen versehen werden. "Das können wir jetzt nicht noch toppen", musste Kuno Rauch diesen großen Abend beenden.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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