Präventionsrat stellt neues Programm vor / Zivilcourage und Mobbing sind Schwerpunkte
Deeskalation ist keine Selbstjustiz
Radolfzell (gü). Mit einem picke-packe vollen Programm läutet
der Präventionsrat in Radolfzell das zweite Halbjahr ein. Dabei wurden,
wie der scheidende Vorsitzende des Präventionsrates, Dr. Kurt-Christian
Tennstädt (Tennstädt muss seine Ämter als Gemeinderat und Vorsitzender
des Präventionsrates aufgrund seines Umzuges nach Allensbach
niederlegen), im Gespräch mit dem WOCHENBLATT verriet, zwei Schwerpunkte
für die bevorstehenden Veranstaltungen ausgelotet. Zum einen drehen
sich die Angebote bis zum Jahresende rund um die Themen Zivilcourage und
Cyber-Mobbing. »Vor allem das Thema Zivilcourage verfolgen wir im
Präventionsrat schon eine ganze Weile, denn viele Menschen in Radolfzell
wollen sich auf diesem Gebiet weiterbilden und informieren«, sagte
Tennstädt. Dies ging aus einer Umfrage des Gremiums aus dem Jahr 2012
hervor. »Das deutlichste Ergebnis der Umfrage im Sommer 2012 war der
Wunsch aus der Bevölkerung zur praktischen Hilfe im Bereich der
Zivilcourage«, berichtet Tennstädt. Der tragische Vorfall am
Moustelon-Platz vor vier Jahren habe bewiesen, dass hier Bedarf bestehe.
Bereits im vergangenen 2014 machte der Präventionsrat auf das Thema
Zivilcourage aufmerksam. 2016 wird diese Aktion nun fortgeführt: Man
möchte hier eine Nachhaltigkeit schaffen, deswegen führt der
Präventionsrat die Thematik auch in diesem Jahr weiter, denn
Zivilcourage betreffe alle Altersgruppen, ist sich Tennstädt sicher.
Dabei verlange niemand in brenzliger Situation Heldenmut, erklärt
Tennstädt, aber den Notruf zu wählen oder auf eine brenzlige Situation
aufmerksam machen, sei ein erster Schritt zur Deeskalation. Dennoch, so
betont Tennstädt, solle man sich selbst niemals in Gefahr bringen. Hier
liege auch die Krux, denn aktives und deeskalierendes Eingreifen sei
vielmals eine schwierige Kombination. »Deeskalation ist keine
Selbstjustiz«, macht der Vorsitzende des Präventionsrates deutlich.
Eine
Blaupause, wie man sich am besten verhält, wenn man Zeuge von Gewalt
wird, gibt es deshalb nicht. Auch weil sich die Situationen, in denen
Gewalt auftreten, vollkommen unterschiedlich ablaufen. Aber man könne
sich zumindest ein Stück weit auf diese Gegebenheiten vorbereiten, ist
sich Tennstädt sicher.
Überhaupt, so macht Tennstädt deutlich,
friste das Gremium des Präventionsrates, der sich in Radolfzell aus
Vertretern der Stadtverwaltung, der Polizei, von Institutionen,
Vereinen, Verbänden und Organisationen sowie ehrenamtlichen Bürgern
zusammensetzt, in Baden-Württemberg ein Schattendasein. Radolfzell sei
in Sachen Prävention, im Vergleich mit Städten der gleichen
Größenordnung in Deutschland, zwar sehr gut aufgestellt, aber dennoch
besteht auch in anderen Städten und Gemeinden in der unmittelbaren
Nachbarschaft Optimierungsbedarf. Einzig die Stadt Singen beschäftigt
mit Marcel da Rin eine 100-Prozent-Stelle im Bereich Kriminalprävention.
Konstanz hingegen habe, wie Tennstädt berichtet, seine 100-prozentige
Stelle erst vor kurzem um die Hälfte reduziert.
Obwohl der Arbeit
des Präventionsrates auch in der Verwaltung große Bedeutung zugesprochen
wird - das Budget des Gremiums ist überschaubar. 5.000 Euro stehen
Tennstädt und seinem Team jährlich zur Verfügung. Ohne Sponsoren, so
betont Tennstädt, wäre ein Programm wie das aktuelle davon finanziell
nicht zu stemmen.
Mehr zu den Terminen des Präventionsrates gibt es in der aktuellen Ausgabe des Radolfzeller WOCHENBLATTES.
- Matthias Güntert
Autor:Redaktion aus Singen |
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