Halb-Olfer aus Orsingen üben mit Schnitzeljagd den Zusammenhalt
Fastnacht nicht nur aus der Tüte
Orsingen. Was macht die Dorffastnacht im zweiten Corona-Jahr? Sie muss auch etwas kleiner ausfallen, weil die große Party nicht geht und eben doch, trotz aller angekündigten Erleichterungen, weiter Vorsicht angesagt ist. Die »Halb-Olfer« aus Orsingen, die ihr Geburtsjahr übrigens mit 1869 angeben, stellen den Zusammenhalt in dieser Fastnacht nochmals obenan.
Feiern können sie eigentlich, die Narren aus Orsingen, die schon so manches Narrentreffen auf die Beine gestellt haben und eben die Fastnacht auch in »XXL« beherrschen, die bekannt sind für ihre wilden Bunten Abende in der Kirnberghalle. Dieses Jahr ist es an diesem Tag ruhig, die Halle wird leer bleiben. »Wir mussten schon im Herbst die Entscheidung treffen, dass wir den Bunten Abend nicht durchführen können, nicht nur wegen der immensen Auflagen, die jeden Spaß verhindert hätten mit Masken und 2G-plus in den Hallen, sondern auch weil das Risiko nicht abschätzbar war, wer vom Team ausfallen könnte«, sagt Florin Kraft, die Zunftmeisterin der Halb-Olfer. Die letzte Woche verkündeten Lockerungen durch die Landespolitiker sieht sie sehr kritisch. »Eigentlich werden unsere ganzen Anstrengungen, unser Mitziehen bei all den Einschränkungen aus Verantwortung für uns und alle anderen damit wertlos gemacht«, ärgert sie sich.
»Mehr« geht eben für die Halb-Olfer sicher nicht in dieser Fastnacht. Zum Glück habe man die Hauptversammlung schon von Martini in den September vorverlegt, danach gings bald schon wieder los mit der »vierten Welle«, vor der immer gewarnt wurde, aber auf die die Gesundheitspolitiker nicht vorbereitet gewesen wären.
Närrische Boten
Geschäftiges Treiben herrscht nur in der Narrenstube an diesem Samstag. Dort werden Tüten konfektioniert, mit einem kulinarischen Gruß der Zunft, also was zu trinken für die Närrin und was für den Narr, Verpflegung für einen schönen Abend. Den soll es daheim auf dem Sofa geben, mit Freunden oder einigen Zunftkollegen, am besten um eine Revue der letzten Bunten Abende zu erleben, so der Plan der Narren. Die Tüten werden an die Mitglieder der Zunft verteilt, als Symbol des Zusammenhalts.
Sonst wird die Fastnacht eher ruhiger werden. Die Zunft wird auf ihrer Homepage zu einer Schnitzeljagd aufrufen, die mit pfiffigen Fragen durchs ganze Dorf führt und zum Abschluss eine Selfie-Wand mit den Figuren der Halb-Olfer bietet, ganz der Klassiker, zum Gesicht durchstrecken. Und natürlich wird der kleine Narrenbaum vor dem Rathaus, der vorher mal Weihnachtsbaum war, noch durch einen richtigen ersetzt. So viel Brauchtum muss sein, betont die Zunftmeisterin, die darauf hofft, dass der närrische Entwöhnungsprozess im Verein nicht allzu große Spuren hinterlässt.
Der Bürgermeister bleibt im Amt
Ein Kuriosum hat der »Schmotzige Donnerstag« in der Doppelgemeinde Orsingen-Nenzingen wohl parat. Denn der vor knapp einem Jahr gewählte neue Bürgermeister Stefan Keil wird an dieser Fastnacht wohl nicht seines Amtes enthoben, außer die Narren überraschen ihn dann doch noch. »Man ist hier offensichtlich mit dem Schultes doch zufrieden«, antwortet Stefan Keil auf Anfrage des Wochenblatts, den Bürgermeister nach nur achteinhalb Monaten im Amt schon wieder abzusetzen, sei ja auch keine Art. Zusammen soll dann aber mit den Nenzinger Narren das »Moofangen« an der Turnhalle stattfinden, als ein Termin für die Dorffastnacht.
Warum »Halb Olf(i)«
Der Name der Halb-Olfer rührt tatsächlich noch aus der Zeit her, als man zwischen Wien und Paris noch mit Kutschen unterwegs war und Orsingen an dieser Magistrale lag, die einst auch Marie-Antoinette befuhr auf ihrer berühmten Reise.
Der Ort war beliebt für Pausen bei den Kutschern gewesen, doch die hatten ein Problem mit der Kirchturmuhr, die einfach mal um »Halb Elf« oder eben »Halb Olfi«, im Orsinger Hegau-Dialekt, stehen geblieben ist.
Das war erst aufgefallen, als man sich zu wundern begann, dass die Zeit einfach nicht vergehen will, und die Kutschenfahrpläne längst durcheinander geraten waren.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
Kommentare