Beeindruckender Vortrag von Prof. Dr. Luick
Über Europas letzte Urwälder
Mühlhausen-Ehingen. »Die letzten großen Urwälder Europas - warum wir diese Wälder schützen müssen« lautete der Titel eines Vortrages, zu dem der Seniorenarbeitskreis Mühlhausen-Ehingen eingeladen hatte.
Bürgermeister Hans-Peter Lehmann konnte zu diesem Vertrag im Rathaus-Bürgersaal von Mühlhausen-Ehingen viele interessierte Gäste begrüßen. Ein besonderer Gruß galt dem Referenten, Prof. Dr. Rainer Luick, von der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg.
Prof. Dr. Luick stellte zu Beginn seines Vortrags einen Bericht zum Zustand der Natur und ihre Leistungsfähigkeit vor - mit erschreckenden Erkenntnissen. Er berichtete über regionales und lokales Aussterben von Arten: 80 bis 90 Prozent Verluste an Insektenbiomasse, 60 bis 70 Prozent Verluste an Vogelbiomasse, 90 bis 95 Prozent Verluste an Amphibienbiomasse. Er berichtete über das massive Aussterben von Vogelarten, die auch den Hegau betreffen. Ausgestorben sind im Hegau unter anderem das Rebhuhn, der große Brachvogel, Kiebitz, Wiedehopf, Braunkehlchen, Grauammer, Baumpieper; viele weitere Vogelarten sind vom Aussterben bedroht.
Anschließend berichtete er über den Wald vor 8.000 Jahren und die Urwälder heute. Etwa ein Drittel der Erdoberfläche ist noch mit Wald bedeckt. Der ökologische Schatz europäischer Wälder liegt nicht in Deutschland oder in einem anderen westeuropäischen Land. Alle noch vorhanden Urwälder und alten Wälder sind in südost- und osteuropäischen Ländern. Urwälder in Europa sind in den Karpaten der Ukraine, Karpaten Rumänien, Karpaten Slowakische Republik, Dinarische Gebirge in Slowenien, Kroatien und Polen. Bezogen auf die EU–Länder hat Rumänien einen Anteil von 70 bis 80 Prozent aller Urwälder Europas.
90 Prozent der nun identifizierten Wälder liegen in Schutzgebieten. Doch sie sind trotzdem bedroht: »Viele Wälder von hohem Naturschutzwert in den Karpaten Rumäniens oder auch auf dem Balkan werden momentan trotz ihrer Lage in Schutzgebieten abgeholzt«. Darunter sind auch zahlreiche Urwälder, in denen illegale Einschläge erfolgen. Die Bilder der Waldverwüstungen, die Prof. Luick zeigte sind schockierend: Ganze Bergrücken und Talsysteme wurden entwaldet und Lebensräume für seltene und streng geschützte Tiere wurden auf diese Weise großflächig vernichtet. Statt nachwachsender Naturwälder breiten sich nun mitunter hunderte Hektar große Kahlflächen aus. Wo die Wälder fehlen, gefährden aber Erosionen und Muren Siedlungen und Verkehrswege und machen vor allem aber eine Wiederbewaldung schwierig bis unmöglich.
Was uns das angeht? Warum uns das interessieren sollte? Viele der abgeholzten Wälder landen auf den europäischen Märkten als Holzpellets, Kaminholz, und in Verpackungsmittel.
Eine neu entwickelte Karte soll den Forschern zufolge künftig zum Schutz der letzten Urwälder beitragen. Zudem liefert sie wertvolle Hinweise darauf, wo bisher noch nicht entdeckte Urwaldreste zu finden sein könnten.
Gegen Ende des 18. Jahrhundert gab es in Mitteleuropa, selbst in den Bergregionen von Erzgebirge, Thüringer Wald, Bayerischer Wald oder Schwarzwald, keine nennenswerten Wälder mehr. Die Waldnutzungen waren Brennholz, Bauholz, Schiffbau, Grubenholz, Werkzeug und Fahrzeugbau. Das Waldgewerbe bis ins 18. Jahrhundert waren die Holzköhlerei, Glasmacherei, Harzgewinnung, Pechgewinnung, Schneflerei und Zeidlerei. Waldnebennutzungen bis ins 20. Jahrhundert waren die Waldweide, Streugewinnung und Schneitelwirtschaft. Die mitteleuropäischen Wälder wurden im Grunde alle erst wieder seit Mitte / Ende des 18. Jahrhundert aufgebaut.
Zum Abschluss seines Vortags berichtete Prof. Luick noch über die differenzierte und technisch bereits hochentwickelte Landwirtschaft und Industrie im Römischen Reich mit Holz als Energiebasis und die Römische Siedlungsgeschichte im Südwesten.
Klaus-Peter Minge
Autor:Ute Mucha aus Moos |
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