„Heftigste Saison“ für HSG Konstanz endet in extremem Drama ohne Happy End
Tränen der Enttäuschung

HSG Abstieg | Foto: Die Frerude über den eigenen Sieg blieb im Hals stecken. Maximilian Wolf nach der Nachricht über den Abstieg der HSG in die dritte Liga. swb-Bild: Michael Elser
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Konstanz. Die HSG Konstanz brannte im letzten Saisonspiel noch einmal ein wahres Feuerwerk ab und wurde dabei von einer euphorisch mitgehenden Schänzle-Hölle und von absoluter Gänsehautatmosphäre getragen. Mit einer bärenstarken Leistung wurden die Rimpar Wölfe mit 33:30 (18:13) bezwungen. Es waren die Punkte drei und vier in der letzten von vielen englischen Wochen. Doch trotz des beeindruckenden Endspurts der verletzungsgebeutelten HSG und am Ende 25 Punkten reicht es nicht zum Klassenerhalt. Ein einziger Zähler fehlte, weil Lübeck im letzten Heimspiel nach einer enttäuschenden Vorstellung 27:32 gegen Emsdetten unterging, das sich dadurch retten konnte.

Am Ende war es ganz die HSG Konstanz. Mit dem größtmöglichen Drama und auf die bitterste Art und Weise musste der schwere Gang in die 3. Liga trotz furiosen Heimsieges und zwei ganz starken Vorstellungen in den beiden letzten Partien angetreten werden. Nach Schlusspfiff währte die Freude bei den Spielern nur kurz. Schnell machte das überraschende Ergebnis der zuvor vierbesten Heimmannschaft der Liga gegen das bis dahin zweitschwächste Auswärtsteam aus Lübeck die Runde. Anschließend mischten sich Frust, Wut, Enttäuschung und totale Leere zu einem schwer auszuhaltenden Mix an übermannenden Gefühlen. Bei Kapitän Tim Bornhauser und vielen seiner Mitspieler flossen hemmungslos die Tränen der Enttäuschung. Nach einer Saison voller Verletzungspech, schmerzlich vermisstem Heimvorteil in der Schänzle-Hölle, Quarantäne, unsauberen Entscheidungen und vielen verpassten Chancen gab es kein Happy End. Die am Dienstag noch einmal selbst erkämpfte Chance zerplatze auf anderen Plätzen und unter anderem dadurch, dass man gegen die beiden Mitabsteiger Wilhelmshaven und Fürstenfeldbruck von acht möglichen Punkten keinen einzigen erringen konnte.

Nach der Leistung im letzten Spiel gegen Rimpar fällt die Verarbeitung und das Abfinden mit dem Abstieg nach 36 Spielen und einer hammerharten Corona-Chaossaison mit Anstrengungen über jede Grenze hinweg umso schwerer. Die Mannschaft zeigte gegen die Unterfranken noch einmal, welch großes Potenzial in ihr steckt. „Das war ein richtig gutes Spiel“, attestierte Cheftrainer Daniel Eblen. „Rimpar hat uns nichts geschenkt. Mit Sieben gegen Sechs, unterschiedlichen Handlungen in Abwehr und Angriff. Wir mussten so selbst unsere Abwehr umstellen, sodass dieses Duell sehr komplex war.“ Von außen wirkte es über weite Phasen jedoch fast federleicht, was die eigentlich auf der letzten Rille mit vielen angeschlagenen Akteuren daherkommende HSG bot. Mit einer 3:0-Führung nach knapp vier Minuten sorgte sie für eine atemberaubende Atmosphäre im Konstanzer Hexenkessel am Anschlag – und eine frühe Auszeit von Trainerfuchs Dr. Rolf Brack. Dennoch zog die HSG weiter gnadenlos an über wie entfesselt aufspielende Tim Bornhauser, Joschua Braun und Felix Jaeger. Michael Haßferter im Tor gab mit einer tollen Vorstellung im Tor den nötigen Rückhalt, sodass die Gelb-Blauen noch vor der Pause mit sieben Treffern in Front gingen.

Einmal noch, nach rund 40 Minuten, wurde es kitzlig, als Rimpar bis auf 20:22 aufschloss. Doch dann waren die frenetischen Fans auf der Tribüne zur Stelle und trieben ihre Schützlinge mit phänomenaler Unterstützung über die Schmerzgrenze hinaus ins Ziel. Wieder der starke Felix Jaeger stellte die 26:22-Führung her, Markus Dangers machte mit dem 33:28 schließlich den Deckel drauf. Kurz darauf herrschte Fassungslosigkeit ob der Geschehnisse auf den anderen Plätzen. Eblen: „Die Enttäuschung ist wahnsinnig groß. Nach einer so langen Saison entscheiden Kleinigkeiten. Wir hatten es am Ende nicht mehr selbst in der Hand, über die Saison gesehen jedoch schon. Hätten wir öfter so gespielt wie heute, hätte es gereicht. Danke für die tolle Unterstützung unserer Fans, die waren voll da, gerade als das Spiel noch einmal einen Kippmoment hatte. Das hat den Jungs Zuversicht und Sicherheit gegeben.“ Jene Unterstützung, die ein Dreivierteljahr schmerzlich vermisst wurde.

Abgesehen von der sportlichen Tragik und den daraus folgenden Emotionen, sorgten ergreifende Worte und eine Gedenkminute für die Opfer der Messerattacke in Würzburg vor dem Spiel und die ans Herz gehenden Verabschiedungen von Fabian Schlaich (wird Co-Trainer), Tom Wolf, Felix Krüger, Fabian Maier-Hasselmann, Patrick Volz, Michael Haßferter, Markus Dangers, Felix Jaeger und Athletiktrainerin Jessica Bregazzi sowie André Melchert, der künftig statt als Co-Trainer als Geschäftsführer der HSG Konstanz GmbH wirken wird, nach der Partie für viele Tränen. „Keine einfachen Momente“, erklärte ein ergriffener Daniel Eblen, „da hat es mir den Magen jedes Mal richtig zusammengezogen. Das war für uns alle die heftigste Saison. Gerade die letzten zwei Wochen wusste man kaum mehr wo vorne und hinten ist. Das war brutal und für uns eine extreme Herausforderung.“ Die HSG Konstanz war im Moment der Entscheidung am Boden. Bis die Dinge verarbeitet sind und sich die Leere aus den Köpfen und Herzen verzieht, wird einiges an Zeit der Verarbeitung nötig sein. Einer der schwierigsten und schlimmsten Momente der HSG-Geschichte sitzt tief.

- Andreas Joas

Autor:

Redaktion aus Singen

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