HSG-Keeper Tom Göres im Interview
„Der Umgang mit Druck ist nun erwachsener“
Konstanz. Torwart Tom Göres wechselte im Sommer von den Füchsen Berlin II an den Bodensee. Der 26-Jährige war zuvor beim VfL Potsdam und Elbflorenz Dresden aktiv. Der 1,90 Meter große Schlussmann ist gelernter Industriekaufmann, wurde in Berlin geboren, liebt Techno und duscht vor jedem Spiel in der Halle.
Im Interview spricht Göres über den Saisonstart, „erwachseneren Umgang“ mit Druck, Besuche auf dem Wochenmarkt als Mannschaftsritual und das Topspiel der HSG Konstanz am Samstag, 20 Uhr, in der Schänzle-Hölle gegen Zweitliga-Absteiger Wölfe Würzburg.
Tom, der 29:28-Erfolg in Erlangen war hart erkämpft. Ein Sieg des Willens, der den Charakter der Mannschaft zeigt?
In Erlangen haben wir, im Gegensatz zu den Spielen in Horkheim und Fürstenfeldbruck, die Ruhe bewahrt. Das war ganz wichtig. In den letzten drei Minuten haben wir uns durch zwei, drei gute Abwehraktionen belohnt und uns auch beim Drei-Tore-Rückstand neuneinhalb Minuten vor Schluss über Ballgewinne schnell wieder zurückgekämpft.
Ein Lernprozess oder gewachsenes Selbstvertrauen?
Vielleicht eine Anpassung an die Situation. Wahrscheinlich waren wir im ersten Spiel noch etwas aufgeregter, gehen aber inzwischen anders mit dem Druck um, den wir uns durch unsere ambitionierten Saisonziele selbst setzen. Der Umgang mit diesem Druck ist nun erwachsener.
War es ein Zeichen, die schwere Auswärtsaufgabe auf diese Art und Weise noch für sich zu entscheiden?
Dafür ist es noch zu früh. Wenn wir die nächsten fünf Spiele gewinnen sollten, kann das in der Rückschau möglicherweise ein Knackpunkt gewesen sein. Es kann vielleicht ein geplatzter Knoten sein. Erlangen befindet sich jedoch im Umbruch und wir haben trotz unserer Ausfälle einen breiten und guten Kader.
Ist der Saisonstart mit 10:2 Punkten aus deiner Sicht damit gelungen?
Ich denke ja. 12:0 Punkte wären zwar schöner für unser Ziel, dennoch sind wir weiter ungeschlagen. Daran wollen wir in den nächsten Spielen anknüpfen. Für mich persönlich war der Start in Ordnung, ich möchte aber das Team noch besser unterstützen. Mit dem bei der HSG im Vergleich zu meinen bisherigen Stationen anderen Abwehrsystem kommen doch andere Bälle auf das Tor, an die ich mich gewöhnen musste. Es gilt für mich, sich weiter zu steigern und den Jungs noch mehr Rückendeckung zu geben.
Du kennst nun den Handball im Osten und Süden. Gibt es Unterschiede?
Es werden ähnliche Konzepte gespielt, aber die Umsetzung in der Abwehr ist im Norden oft anders. Hier wird kompakter verteidigt, im Süden wird offener und mehr im Eins-gegen-Eins agiert. Es fallen, zum Leidwesen der Torhüter, damit auch mehr Tore. (grinst)
Über Potsdam, Dresden und Berlin bist du nun in Konstanz zuhause. Wie unterscheiden sich deine bisherigen Heimatstädte?
Mich hat nie wirklich das Flair der Großstadt gereizt. Ich habe mich in Potsdam wohler gefühlt. Potsdam ist ähnlich wie Konstanz etwas ruhiger, aber auch studentisch geprägt, mit vielen jungen Menschen. Hier kann man viel unternehmen. Meine Zeit in Dresden war leider durch die Corona-Pandemie bestimmt, deshalb muss man dies wohl etwas ausklammern.
Jetzt kommt es am Samstag, 20 Uhr, für die HSG als Tabellenzweiter zum Topspiel gegen Zweitliga-Absteiger Wölfe Würzburg mit den ehemaligen Konstanzern Moritz Ebert und Joel Mauch. Was erwartest du?
Ein hitziges Spiel. Mit vielen Gemeinsamkeiten beider Teams auf und neben dem Spielfeld. Mit dem Duell gegen zwei ehemalige Konstanzer wird bestimmt noch mehr Stimmung als sonst auf der Platte sein und jede Seite der anderen etwas beweisen wollen. Die Wölfe werden wahrscheinlich angesichts ihrer Ziele nicht ganz so zufrieden mit ihrem Start sein, wir wollen einen Mitkonkurrenten um den Aufstieg schlagen. Wir sind heiß darauf, den Kampf anzunehmen. Mit unserer Schänzle-Hölle im Rücken ist es immer nochmal etwas Anderes. Unsere Heimfestung wollen wir verteidigen.
Was zeichnet die Wölfe Würzburg aus?
Sie haben sehr erfahrene Spieler. Patrick Schmidt, Steffen Kaufmann und Dominik Schömig sind langjährige Topspieler. Ich stufe Würzburg sehr stark ein, aber sie müssen noch zusammenfinden – unter anderem mit zwei neuen Torhütern. Moritz Ebert kennen unsere Jungs noch und wissen, wohin sie werfen müssen. (lächelt) Im Ernst: Das ist ein zweischneidiges Schwert, wenn man sich so gut kennt.
In der Mannschaft passt es gut, die Spieler unternehmen viel in ihrer Freizeit zusammen. Ist Golf ein neues Hobby im Team?
Ich habe Golf zuletzt für mich entdeckt. Meine Freundin hat kürzlich ihre Platzreife gemacht und mich mitgenommen. Das hat Lust an diesem Sport geweckt. Am freien Montag sind Niklas, Max und ich nach dem Spiel in Erlangen zusammen auf den Golfplatz gegangen, um uns ein bisschen an der frischen Luft zu bewegen, einen freien Kopf zu bekommen und bei leichter körperlicher Aktivität dennoch keine Belastung zu haben. Ich bin nicht so sehr der Spaziergänger, da ist das für mich eine andere Art von Spaziergang. Das macht sehr viel Spaß. Aber auch sonst treffen wir uns oft und unternehmen etwas zusammen. Ein festes Ritual ist schon der gemeinsame Besuch des Wochenmarktes. Wir treffen uns auf dem Stephansplatz, machen wie Felix Sproß unseren Wocheneinkauf bei Obst und Gemüse, und genießen es zusammen in den Tag zu starten, etwas zu essen und uns zu unterhalten. Das ist eine schöne Tradition geworden. In Konstanz stellt sich keiner über den anderen und es ist eine gute Gruppe. Das ist wichtig und wird hier immer so sein. André Melchert und Jörg Lützelberger legen bei den Transfers auch viel Wert darauf, nicht nur Handballer, sondern auch Menschen zu verpflichten.
Fragen: Andreas Joas
Quelle: Andreas Joas/HSG Konstanz
Autor:Andreas Joas aus Konstanz |
Kommentare