Linke fordern Aufschub in der Klinik-Entscheidung
Viele Zweifel an der richtigen Methodik des GLKN-Gutachtens
Kreis Konstanz. Am letzten Wochenende trafen sich GemeinderätInnen der Linken Liste Konstanz und SÖS mit KreisrätInnen der LINKEN, um das Vorgehen in der Frage der geplanten Klinikschließungen zu besprechen. Um eine elaborierte Einschätzung der Situation zu erlangen, waren auch externe ExpertInnen geladen: Ein Vertreter aus der Gesundheitsberatung und zwei Mitglieder des „Bündnis Klinikrettung“. Letztere erhoben deutliche Zweifel an der Methodik des Gutachtens von Lohfert und Lohfert, das an einigen Stellen schlicht nicht dem Gebot der Transparenz entspräche. Nach einer kontroversen Debatte war für die Beteiligten klar: Bei einer so komplexen Materie könne die Entscheidung nicht übers Knie gebrochen werden.
„Für mich sind noch viele Fragen offen, die ich gerne beantwortet hätte. Über eine Klinikschließung entscheidet man schließlich nicht alle Tage“, sagt Sibylle Röth, Fraktionsvorsitzende der LINKEN im Konstanzer Kreistag. Sie verweist etwa darauf, dass der optimale Standort des geplanten Zentralneubaus in dem Gutachten von Lohfert und Lohfert mathematisch berechnet sei. „Grundlage ist eine genaue Analyse der Fahrtzeiten, schließlich muss der Standort des Neubaus sicherstellen, dass alle KreisbewohnerInnen innerhalb einer halben Stunde eine Notaufnahme erreichen können. Wenn wir jetzt aber über verfügbare Grundstücke in Singen oder Radolfzell reden, ist nicht klar, ob das gewährleistet ist.“
Sie hatte entsprechende Fragen an die Gutachter gestellt und bekam erst spät Antwort: Beachte man, dass bereits im Verwaltungs- und Finanzausschuss am kommenden Montag, den 16. Mai, eine erste Vorentscheidung getroffen werden soll und dass die Fragen der Fraktion bereits am 26. März, die der Freien Wähler bereits am 19. März beim Landratsamt eingingen und letzterer über 40 Einzelfragen zu fünf Themenkomplexen enthielt, die am 21. März noch um 16 weitere Einzelfragen ergänzt wurden, üben die Linken harte Kritik, dass die Zeit zu einer soliden Bearbeitung der Materie nicht ausreichend sei. „Diese Informationen können nicht erst kurz vor der Entscheidung vorliegen, sie sind wichtig für unsere Entscheidungsfindung. Solange diese Fragen offen sind und wenn jetzt zudem grundsätzliche Zweifel an dem Gutachten laut werden, lässt sich doch keine abgewogene Debatte führen“, beklagt sie.
Der Austausch unter Hinzuziehung der Sachverständigen erbrachte zwar keine eindeutigen Antworten, legte den Finger aber in die Wunde der offenen Fragen und nötigen Abwägungsprozesse: Wo verläuft die Trennlinie zwischen unnötigen Doppelstrukturen und einer wohnortnahen Versorgung? Was ist unserer Gesellschaft eine umfassende Gesundheitsversorgung wert? Welche Kosten kommen durch den Neubau auf den Kreis zu, wenn angenommen werden muss, dass die im Gutachten genannten Schätzungen nicht realistisch sind? Die erzwungene Rentabilität auf der einen Seite steht dem berechtigten Bedürfnis der Bevölkerung nach einer sicheren, hochwertigen und gut erreichbaren Versorgung, im Notfall wie bei geplanten Eingriffen, gegenüber.
Der mit dem Rettungswagen optimal erreichbare Standort liegt nicht an der Seehas-Strecke. „Wir werden nicht in allen Punkten die optimale Lösung finden können,“ führt Röth aus, „dazu ist die Gesamtfinanzierung unserer Krankenhäuser zu lückenhaft. Aber wir müssen berücksichtigen, dass Kliniken nicht nur moderne medizinische Ausrüstung brauchen, sondern auch zufriedenes Personal und nicht zuletzt räumliche Nähe, die es Menschen gestattet, ihre Verwandten und Bekannten im Krankenhaus zu besuchen. Gesundheitsversorgung ist genau deswegen kein Geschäft, sondern Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und somit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“ Die Neuausrichtung des Gesundheitsverbundes müsse langfristige Lösungen schaffen und dabei die Menschen vor Ort ebenso wie Mitarbeiter*innen in den Kliniken mitnehmen.
Auch auf den Informationsveranstaltungen in Konstanz, Radolfzell und Singen sei deutlich geworden, dass bei den BürgerInnen großer Gesprächsbedarf herrscht. „Landrat Danner hat zugesagt, dass es eine weitere Einbindung der EinwohnerInnen in den Entscheidungsprozess geben wird. Ich hoffe, wir können ihn hier beim Wort nehmen“, so Röth. „Wenn aber weiterhin der Plan besteht, schon Ende Mai den Grundsatzbeschluss zu fassen, weiß ich nicht, wie das funktionieren soll. Eine Pseudobeteiligung, wenn die eigentliche Entscheidung schon gefällt wurde, stünde uns nicht gut zu Gesicht“, meint die LINKEN-Politikerin.
Autor:Presseinfo aus Singen |
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