Politik tut weiter nichts gegen Unterfinanzierung
Landkreis fordert Notfallplan für die Kliniken vom Land
Kreis Konstanz. Die finanzielle Lage der meisten Krankenhäuser in Baden-Württemberg ist extrem angespannt - mit weitreichenden Konsequenzen für den kommunalen Haushalt.
So ergeht es auch dem Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN): In den vergangenen sechs Jahren waren seitens des Landkreises Zuzahlungen in Höhe von 84 Millionen Euro nötig, um den laufenden Betrieb des GLKN sicherzustellen, wurde am 26. Juli im Rahmen eines Pressegesprächs im Rahmen eines landesweiten Aktionstags in Konstanz nochmals deutlichst unterstrichen - mit der Forderung nach Konsequenzen.
Seit Jahren sind zweistellige Summen in Millionenhöhe vom Landkreis erforderlich, um die Liquidität des Gesundheitsverbundes zu sichern. In den vergangenen sechs Jahren beliefen sich die Zuzahlungen alleine auf 84 Millionen Euro, nur um den laufenden Betrieb sicherzustellen — von 2021 bis 2024 waren dies zwischen 11 und 20 Millionen Euro jährlich.
Im letzten Jahr erzielte der Gesamtverbund ein Konzernjahresergebnis von rund minus 3,7 Millionen Euro und das trotz der hohen Zuzahlung von 11 Millionen Euro durch den Mehrheitsgesellschafter Landkreis Konstanz. Ohne diese Summe wäre der GLKN im Jahr 2023 mit einem Konzernjahresfehlbetrag von rund 14,7 Millionen Euro in Liquiditätsschwierigkeiten geraten.
Der Zuschuss muss durch die Kreisumlage finanziert werden. Das sind dann Gelder, die dem Landkreis, den Städten und Gemeinden an anderer Stelle für die Aufgaben des öffentlichen Lebens fehlen.
Trotz gewichtiger Maßnahmen, wie der Umstrukturierung der Kliniklandschaft mit zwei Standorten in Singen und Konstanz, der damit einhergehenden Schließung der Häuser in Stühlingen und Radolfzell sowie der Etablierung von Synergieeffekten zwischen den Einrichtungen, lässt sich das Minus nicht ausgleichen, wurde schon bei der Vorstellung der Bilanz für 2023 klargestellt.
Landrat Zeno Danner: „Wir haben alles, was möglich ist, getan, um die finanzielle Lage des GLKN zu verbessern und dabei auch schmerzhafte Entscheidungen getroffen wie die Schließung der kleineren Klinikstandorte. Und trotzdem ist es nicht möglich, ein Minus zu vermeiden. Geld, das über die Kreisumlage in die Kliniken fließt und richtigerweise von Bund und Land kommen müsste, fehlen dem Landkreis sowie den Städten und Gemeinden für andere wichtige Aufgaben.“
Das besonders schlimme daran: das Defizit der Klinik war in 2023 auch deshalb "milder" weil der Klinikverbund aufgrund Personalmangels nicht voll betrieben werden konnte. Da nur ein Teil der Betten belegt werden konnte, musste der Gesundheitsverbund hier auch weniger draufzahlen, auch wenn weniger Umsatz gemacht wurde.
Auch der investive Bereich kann ohne Gesellschafterunterstützung nicht gestemmt werden. Trotz der gesetzlichen Zuständigkeit des Landes für Investitionen bedarf es seit 2018 der zusätzlichen finanziellen Unterstützung für Investitionen des GLKN durch den Landkreis als Mehrheitsgesellschafter. Zunächst mit rund 13,5 Millionen Euro im Rahmen der Digitalisierung sowie darüber hinaus mit etwa 16 Millionen Euro für Baumaßnahmen – zum Beispiel im Bereich des Kreißsaals und der Notaufnahme in Singen oder der Ebene A in Konstanz.
Bernd Sieber, Geschäftsführer des GLKN: „Krankenhäuser haben eine duale Finanzierung: Investitionen durch das Land, der laufende Betrieb durch die Kassen. Das Land zahlt seit Jahren zu wenig und die Verhandlungen mit den Krankenkassen, die eigentlich dem Gesetz nach im Voraus stattfinden müssten, passieren faktisch immer nachträglich. Somit fehlt dem GLKN das Geld für Investitionen und das operative Geschäft. Seit Jahren können wir trotz größter Anstrengungen die Defizite nicht oder eben nur durch die Unterstützung des Landkreises ausgleichen. Und sie werden weiterwachsen, je länger der Bund und das Land ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen.“
Damit es nicht zu einem Kollaps der Kliniken kommt, schließen sich der Landkreis Konstanz und der GLKN den Forderungen des Landkreis- und Städtetags und der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft an Bund und Land an:
- Um die Lücke zwischen gestiegenen Kosten und Erlösen zu schließen, die in den Inflationsjahren 2022 und 2023 entstanden ist, muss der Bund die Krankenhausvergütung um mindestens vier Prozent erhöhen. Die Bundesregierung muss außerdem vorgenommene Kürzungen zurücknehmen und die Fallzahlschwankungen unter Berücksichtigung der Fixkosten fair finanzieren. Außerdem müssen künftige Kostensteigerungen vollständig finanziert werden. Die Reduzierung von Standorten und Kapazitäten darf nicht über immer größeren finanziellen Druck erzwungen werden.
- Das Land muss den gesetzlichen Vorgaben zur Finanzierung der Investitionen gerecht werden. Trotz deutlicher Verbesserungen werden Investitionen noch immer nicht voll finanziert. Um dem Bedarf gerecht zu werden, muss die jährliche Investitionsfinanzierung um mindestens 300 Millionen Euro erhöht werden. In dieser Forderung ist auch eine Erhöhung der Pauschalförderung enthalten. Sie muss um mindestens 100 Millionen Euro auf 260 Millionen Euro pro Jahr erhöht werden.
- Wenn von Seiten der Bundesregierung nicht schnell Verbesserungen der Betriebskostenfinanzierung kommen, muss das Land helfen. Erforderlich ist dann ein kurzfristiges Nothilfeprogramm im Volumen von 300 Millionen Euro, das noch in diesem Jahr ausgezahlt wird.
Der Landkreis steht vor der besonderen Herausforderung, dass er ja in Singen ein neues Klinikum bauen will und muss, um seine Strukturen und den Betrieb zu optimieren. Wenn zur Investition weiter durch den Landkreis zugezahlt werden muss, und auch danach keine Perspektive besteht von den Fehlbeträgen wegzubekommen, kann das den Landkreis an den finanziellen Abgrund bringen.
Quellen: Landratsamt Konstanz, Pressestelle / Archiv Singener Wochenblatt
Autor:Presseinfo aus Singen |
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