Serie zur Bundestagswahl: Marco Radojevic (Die Linke)
»Ich will es einfach wissen«

Foto: Marco Radojevic, Bundestagskandidat für Die Linke, aus Konstanz.swb-Bild: pr
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Kreis Konstanz (gü). Im Vorfeld der Bundestagswahl am Sonntag, 22. September, spricht das WOCHENBLATT mit den Kandidaten der einzelnen Parteien und stellt sie im Rahmen einer Serie vor. Heute: Marco Radojevic, Bundeskandidat für Die Linke.
WOCHENBLATT: Herr Radojevic, Sie sind 22 Jahre und stecken mitten im Studium. Welche Gründe waren ausschlaggebend den Schritt in die Politik zu wagen?
Radojevic: »Wir haben in der Politik einen Mangel an jungen Menschen und ich wollte es einfach wissen. Als ich 2010 in die Partei eingetreten bin, begeisterte es mich zu sagen: Die Linke ist eine starke, demokratische Erneuerung für Deutschland. Ich wollte durch meine Kandidatur zeigen, dass die Linke eine Partei ist, die nicht nur im Osten stark sein kann. Denn linke Politik ist weder im Osten noch im Westen verstaubt.«
WOCHENBLATT: Sie stehen auf der Landesliste von der Linke auf Platz acht. Wie groß schätzen Sie Ihre Chancen ein durch die Zweitstimmen den Sprung in den Bundestag zu schaffen?
Radojevic: »Ich habe eine Chance in den Bundestag gewählt zu werden - und diese Chance ist nicht die allerschlechteste. Die Faustregel besagt, dass es für mich reicht, wenn die Linke acht Prozent der Stimmen erhält. Bei der vergangenen Wahl haben wir in Baden-Württemberg 7,2 Prozent erreicht. Dieses Ergebnis gilt es nun zu toppen. Für den 22. September wünsche ich mir deshalb ein gutes Ergebnis für die Linke und, dass ich den ein oder anderen Wähler für die linke Politik begeistern konnte. Der Bundestag wäre dann das Sahnehäubchen.«
WOCHENBLATT: Sie plädieren für einen offensiven Generationenwechsel in Ihrer Partei. Warum?
Radojevic: »Es ist wichtig, dass eine Partei ein Abbild der Gesellschaft darstellt. Junge Menschen bringen neue Ideen. Alle Parteien müssen sich stetig neu erfinden, sonst fallen sie zurück und genau dazu braucht es junge, engagierte und couragierte Politiker.«
WOCHENBLATT: Der Spitzenkandidat der Linken, Gregor Gysi, gilt als Zugpferd Ihrer Partei. Wie schwer wird der von Ihnen geforderte Generationenwechsel?
Radojevic: »Der Generationenwechsel ist sinnvoll. Es wird zwar schwer Gregor Gysi irgendwann einmal zu ersetzen, schließlich ist er einer der profiliertesten Politiker der vergangenen 20 Jahre. Dennoch bin ich zuversichtlich, dass die Linke nicht nur die Gysi-Partei ist. Wir haben fähige Köpfe in der zweiten und dritten Reihe und diese gilt es in den kommenden Jahren aufzubauen.
Vor allem glaube ich aber, dass es der Partei gut tut, wenn jungen Menschen den Generationenwechsel vollziehen. Beispielsweise ist der Graben zwischen Ost und West in den Köpfen der jungen Bürger nicht mehr so tief.«
WOCHENBLATT: Der Linken wird oft vorgeworfen die »Dagegenpartei« zu sein. Sie sehen das nicht so. Wie stehen Sie dann zu Bürgerbegehren hier in der Region?
Radojevic: »Jeder Bürger hat das Recht sich durch einen Bürgerbegehren Gehör zu verschaffen. Das gilt auch für die Politik: Die Linke ist keine »Dagegenpartei«, im Gegenteil. Wir haben klare Haltelinien und Prinzipien, die wir nicht aufgeben werden. Dennoch sind wir in vielen Bereichen kompromissbereit.«
WOCHENBLATT: Die Linke fordert nicht nur einen Mindest- sondern auch einen Höchstlohn. Was steckt dahinter?
Radojevic: »Es geht hier nicht um einen Höchstlohn, sondern um eine Lohnspanne. So sollte der Chef maximal 20 mal soviel verdienen, wie die Person im Unternehmen, die am wenigsten in der Lohntüte hat. Sollte der Chef der Meinung sein, dass er zu wenig verdient - was in manchen Fällen durchaus berechtigt ist - dürfte er sich selbst nur dann eine Gehaltserhöhung auszahlen, wenn auch die übrigen Angestellten mehr Geld am Ende des Monats erhalten. Ein Unternehmen ist schließlich keine »One-Man-Show«. Genau dieser Vorschlag steht momentan in der Schweiz übrigens zur Volksabstimmung. Hier herrscht in Deutschland derzeit noch eine Schieflage. Während die Reallöhne gesunken sind, ist die Zahl der Vermögensmillionäre gestiegen. Wir brauchen also eine geregelte Verteilung von Vermögen sowie eine Teilhabegleichheit.«
WOCHENBLATT: Warum braucht Deutschland Ihrer Meinung nach eine »linke Kraft«?
Radojevic: »Ich denke die Linke hat in den letzten Jahren bewiesen, dass sie eine wichtige politische Kraft ist. So wurden Themen wie Mindestlohn, Hartz4-Erhöhung und das Endes des Afghanistan-Einsatzes in die Debatte gebracht - auch bevor dies andere Parteien taten. Es ist wichtig, dass die Linke den Konsensbrei in der Politik aufbricht und es auch andere Meinungen im Parlament gibt. Die Linke gibt dem politischen Diskurs einen wertvollen Mehrwert.«
WOCHENBLATT: Laut Ihrer Parteivorsitzenden Katja Kipping fungiert die Linke als soziale Alarmanlage. Welche Feuer gilt es in der Region zu löschen?
Radojevic: »Ganz klar die Mietsituation. Jungen Familien mit durchschnittlichem Einkommen muss es beispielsweise möglich sein eine Wohnung in Konstanz zu finden. In Konstanz stiegen die Neumieten im Vergleich zu den Bestandsmieten um bis zu 44 Prozent. Wir wollen deshalb eine Mietpreisbremse. Erhöhungen aufgrund von Neuvermietungen lehnen wir ab.
Zudem fordert die Linke eine Erhöhung des Hartz4-Satzes. Wir wollen mehr Leistungen für Hartz4-Empfänger.
Ein weiteres Thema ist die Bildung: Sie muss in Deutschland kostenlos zur Verfügung stehen.«
WOCHENBLATT: Wie sieht die Energiewende mit den Linken aus?
Radojevic: »Die Energiewende muss sozial gerecht bewerkstelligt werden. Die Befreiung der Großindustrie von der EEG-Umlage muss abgeschafft werden, damit diese einen Beitrag zu Energiewende leistet. Wir wollen auch Maßnahmen zur Energieeffizienz fördern.
Des weiteren fordern wir die vier großen Energiekonzerne in öffentliches Eigentum zu überführen, um die Energiewende ökologisch und sozial zu gestalten.«
WOCHENBLATT: Die Linke steht für gerechte Sozialpolitik. Wo hakt es Ihrer Meinung nach in der Bildungspolitik?
Radojevic: »Es muss länger, gemeinsam gelernt werden. Zudem fordern wir die integrierte Gemeinschaftsschule. Diese Schule wollen wir mit Psychologen und Schulsozialarbeitern ausstatten. Der Weg in eine gerechte Bildungspolitik kann nur heißen: Weg vom dreigliedrigen Schulsystem. Erst dann gibt es keine Bildungsverlierer mehr.
Ganz oben auf der Liste muss zudem stehen: Bildungspolitik muss für den Empfänger kostenlos bleiben - von der Kita bis zur Universität.«
Die Fragen stellte Matthias Güntert.

- Matthias Güntert

Autor:

Redaktion aus Singen

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