Trauermarsch vom Abgeordnetenbüro nach dem Bundestag-Kohlebeschluss
Fridays for Future nimmt Abschied von der Zukunft der Zivilisation
Konstanz. In einem zeremoniellen Trauermarsch nahm die Konstanzer Ortsgruppe von Fridays for Future Abschied von der Zukunft der Zivilisation. Sie bezogen damit Stellung zur Entscheidung des Bundestages über das Kohleausstiegsgesetz. Dieser hatte am Freitagmorgen dem umstrittenen Gesetz zugestimmt. Nach Meinungen von Expertinnen und KlimaschützerInnen ist es mit diesem Gesetz unmöglich, die Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzvertrag einzuhalten.
In einer andächtigen Zeremonie, begleitet von trauriger Musik, zogen rund zwei Dutzend schwarz gekleideter Menschen vom Büro des Bundestagsabgeordneten Andreas Jung zur Marktstätte. Mit dabei ein weißer Sarg, mit der Aufschrift: “RIP - Zukunft - “In stiller Trauer - Die Menschheit.” Mit diesem Trauermarsch machten die KlimaschützerInnen von Fridays for Future auf die laut ihnen “katastrophale Entscheidung des Bundestages” aufmerksam.
Laut dem Gesetz soll die Verbrennung von Kohle noch bis 2038 genehmigt werden, mit der Option die Verbrennung bereits 2035 zu beenden. Nach einhelliger Meinung von WissenschaftlerInnen und KlimaschützerInnen ist dies deutlich zu spät, dass Deutschland seinen Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaschutzabkommen gerecht werden kann.
Das späte Ausstiegsdatum ist aber nicht das einzige, was UmweltaktivistInnen bundesweit aufschreien ließ. Weiterer Kritikpunkt ist der sehr langsame Abschaltpfad, deutlich langsamer als im Kohlekompromiss vorgesehen. Hinzu kommt, dass Kraftwerksbetreiber Milliarden an Entschädigungen in einem öffentlich rechtlichen Vertrag zugesichert bekommen. Dieser Vertrag soll es auch unmöglich machen, zu einem späteren Zeitpunkt ein früheres Abschaltdatum zu beschließen.
Nach Meinungen einiger JuristInnen könnte dies bereits als Vertragsbruch des Pariser Klimaschutzabkommens gewertet werden. Dieses sehe nämlich vor, dass die Nationalstaaten alle fünf Jahre ihre Klimaschutzziele überprüfen und gegebenenfalls verschärfen.
Eine der wichtigsten Maßnahmen für ambitionierteren Klimaschutz wäre ein Vorziehen des Kohleausstieges. Eben dies wird mit dem Gesetzesbeschluss nun ausgeschlossen. Die Studentin Cyra Mehrer von Fridays for Future kommentierte den Beschluss des Gesetzes: “Wir sind absolut fassungslos, wie die Bundesregierung in 2020, mitten in der Klimakrise, so ein rückständiges Gesetz verabschieden konnte. Mit diesem Gesetz hat sich die Bundesregierung offiziell vom Pariser Klimaschutzabkommen abgewandt. Und das in einem Jahr, in dem wir alle erleben mussten, wie wichtig es ist, Warnungen der Wissenschaft ernst zunehmen.”
Julian Kratzer von Fridays for Future ergänzte: “Wir sind sehr sehr enttäuscht von Andreas Jung, der dem Gesetz zugestimmt hat. Wir hatten bis zum Schluss geglaubt, dass er darum kämpft, dass Deutschland seine Verpflichtungen aus Paris einhält. Wir hatten Unrecht. Dieses Gesetz ist wirtschaftlicher Unsinn und ein Todesurteil für Millionen von Menschen. Es ist schrecklich , dass er den Weg dafür freigemacht hat.”
Bereits in den letzten Wochen hatten bundesweit zahlreiche Klimaschutzgruppen gegen das Gesetz protestiert. So hatte die Konstanzer Fridays for Future Ortsgruppe bereits in den letzten Wochen Mahnwachen vor dem Bundestagsbüro von Andreas Jung abgehalten, AktivistInnen von "Ende Gelände" hatten in Kleingruppenaktionen Kohlebagger in den Tagebauten im Rheinland und in der Lausitz blockiert und auch die Wissenschaftsvereinigung "Scientists for Future" hatte in einer Stellungnahme aufgezeigt, dass das Gesetz aus wissenschaftlicher Perspektive abzulehnen sei. Trotz oder gerade wegen der nun sehr düsteren Zukunftsaussichten werden die SchülerInnen von Fridays for Future dennoch weiter für ihre Zukunft kämpfen.
“Heute ist ein schwarzer Tag für das Klima. Heute geht es darum, unserer Trauer und Verzweiflung Ausdruck zu geben. Ab Morgen kämpfen wir weiter dafür, dass unsere Abgeordneten eines Tages Politik mit Vernunft und Verantwortung betreiben”, fasste Silvio Krumm die Aktion zusammen.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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