Stellungnahme im Vorfeld der Kreistagsitzung
Fridays for Future kritisieren Klimaschutzkonzept des Kreises als Kosmetik

Auch vor dem Landratsamt haben die Aktivisten schon mehrfach zur Klimapolitik Spellung bezogen. | Foto: Archiv /FFF
  • Auch vor dem Landratsamt haben die Aktivisten schon mehrfach zur Klimapolitik Spellung bezogen.
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Kreis Konstanz. Das Klimaschutzkonzept des Landkreises Konstanz soll ausführlich beschreiben, wie der Landkreis
seine Treibhausgasemissionen „nachhaltig und schnellstmöglich“ reduzieren kann - am Montag soll es im Kreistag vorgestellt werden, aber schon jetzt gibt es markante Kriti. Die drei Gruppen von "Fridays for Future" im Landkreis Konstanz begrüßen diesen längst überfälligen Schritt und die Aufmerksamkeit, die dem Thema nun endlich geschenkt setzen aber gleich mit ihrer Krtitik ein:

"Leider müssen wir jedoch feststellen, dass das vorliegende Konzept nicht weit genug geht. Das Papier enthält eine ausführliche Analyse des Ist-Zustands und zwei Szenarien, wie die Zukunft aussehen könnte: das Trendszenario (weiter wie bisher) und das Klimaschutzszenario. Doch selbst im so genannten Klimaschutzszenario werden, wie dort beschrieben, noch 146 Prozent
des 1,5°-konformen Treibhausgasbudgets (THG-Budget) emittiert. Mit anderen Worten: Selbst im Klimaschutzszenario plant der Landkreis mit einem rund eineinhalbfach zu hohen THG-Ausstoß. Das ist in der Konsequenz ein Todesurteil für unzählige weitere Klimakatastrophenopfer"

Dies sei für Fridays for Future" und auch im Sinne zukünftiger Generationen schlicht nicht akzeptabel. Statt als prosperierende Region mit gutem Beispiel voranzugehen, würde sich der Landkreis mit diesem Konzept weiterhin einer Bremserrolle im
weltweiten Kampf gegen die Klimakrise einnehmen.

"Zudem stellt das Konzept aus unserer Sicht nicht einmal die gesamte Emissionswahrheit des Landkreises dar, da es sich sich auf die Emissionen aus der Energieerzeugung beschränkt. Treibhausgase aus industriellen Prozessen, aus der Landwirtschaft (Stickoxide aus der Düngung), aus der Tierhaltung (Methan) und aus der Forstwirtschaft (z. B. Sulfuryldifluorid als Pestizid) würden
darin nicht berücksichtigt.

Doch selbst im Energiebereich gehe aus dem Konzept nicht hervor, inwieweit die Maßnahmen ausreichen, um die THG-Neutralität des Landkreises zu erreichen.  "Angesichts des Maßnahmenkatalogs haben wir daran erhebliche Zweifel. Ein guter Teil der Maßnahmen konzentriert sich auf den verwaltungsinternen/ -eigene Bereich. Dies ist einerseits aufgrund der leichterer Umsetzbarkeit verständlich. Andererseits ist dies wenig zielführend, da die öffentlichen Liegenschaften nur ein Prozent des gesamten THG-Ausstoßes des Landkreises ausmachten.

Und die anderen 99 Prozent? In den gut 100 Seiten vor Beginn des Maßnahmenkatalogs werden alle anzugehenden Bereiche ausführlich beschrieben. Diese werden aber in den Maßnahmen kaum berücksichtigt.

Deshalb werden dazu Fragen von Fridays for Future gestellt:

- Wie bringen wir Industrie und Gewerbe im Landkreis dazu, ihre Prozesse klimaneutral und energiesparend zu gestalten?

- Wie bringen wir Gebäudeeigentümer im Landkreis dazu, Photovoltaik aufs Dach zu bauen und die Gebäude zu dämmen?  (Weitgehend klimaneutrales Heizen ist zum Glück auf Bundesebene schon geregelt.)

- Wie bringen wir landwirtschaftliche Betriebe dazu, klimaschädliche Tierhaltung und Gewächshausnutzung zu reduzieren und Flächen idealerweise auch für Photovoltaik zu nutzen (z.B. auch mit Agri-voltaik)?

- Wie können wir die Attraktivität, Kapazität und Auslastung des ÖPNV im Landkreis steigern, so dass gemäß dem Klimaschutzszenario viermal so viele Menschen den ÖVNV nutzen?

Das seien die Kernfragen, die der knapp 80-seitige Maßnahmenkatalog des Landkreises leider nur sehr unzureichend beantworte. Zwar fänden sich viele Maßnahmen zur Kommunikation. Aber das sei vereinfacht gesagt nur ein: “Bitte tut mehr für den Klimaschutz, denn wir wollen euch weder verbieten, die Welt weiter zu zerstören, noch wollen wir euch Anreize für nachhaltiges Handeln geben”. Das werde nicht ausreichen, um alle relevanten Akteure zu den notwendigen Maßnahmen zu bewegen. Die meisten Menschen und Unternehmen seien sich vieler Klimaprobleme bewusst. Aber wenn Unternehmen mit klimaschädlichem Verhalten mehr Profit macht, und wenn klimaschädliches Verhalten für den Einzelnen billiger und bequemer bleibt, werden man die Treibhausgasemissionen nicht ausreichend reduzieren.

Und noch ein Punkt im Klimaschutzkonzept fehle, argumentieren die Vertreter von Fridays for Future: Alles was nicht komplett klimaneutral ist muss unterlassen werden wo immer es möglich sei. Das betreffe insbesondere den Neubau von Gebäuden
mit Beton (die Betonherstellung ist extrem klimaschädlich) und Straßenaus- und -neubau (führt zu mehr Pkw-Verkehr, nicht zu weniger).

Zum Erreichen und Erhalten von Treibhausgas-Neutralität muss man:

 - alle Nettoemissionen in allen Bereichen auf Null senken,
-  Neuemissionen verhindern und
-  notfalls Emissionen mit THG-Speicherung kompensieren.

All dies muss möglichst schnell passieren, denn es kommt auf den Gesamtausstoß bis zum Erreichen von Netto-Nullemissionen an, und nicht auf einen bestimmten Zielzeitpunkt in der Zukunft.

"Wir halten es daher für äußerst unwahrscheinlich, dass die genannten Ziele mit den genannten Maßnahmen erreicht werden können und sehen einen dringenden Bedarf an weitergehenden Maßnahmen und Steuerungsinstrumenten. Sonst stehe der Landkreis in ein paar Jahren da, wo sich die Stadt Konstanz mit ihrer Klimaschutzstrategie heute schon befinde: "Es wurde schon ein wenig getan, aber die THG-Emissionen sind kaum gesunken oder sogar gestiegen und die Lücke zum Zielszenario und die THG-Schuld
werden täglich größer."

Quelle: Fridays for Future Konstanz

Autor:

Presseinfo aus Singen

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