Ministerpräsident Kretschmann spricht in Konstanz zu 80. Jahren Reichspogromnacht
Es gibt keinen Schlussstrich unter der Vergangenheit
Konstanz. Mit einer der bewegenden Gedenkfeier wurde am Mittwochabend im Konstanzer Konzil des 80. Jahrestags der "Reichspogromnacht" gedacht, in der 1938 viele Synagogen brannten. "Es gibt keinen Schlussstrich unter der Vergangenheit", machte dabei Ministerpräsident Winfried Kretschmann als Festredner angesichts aktueller Provokationen durch eine rechtspopulistische Partei deutlich. "Wir wollen heute hier vor allem eines tun; der Opfer zu gedenken, die entrechtet und vertrieben wurden und die in der Folge zu Millionen getötet wurden. Ihre Namen, Biographien und Gesichter sollen nie vergessen werden", zeigte Kretschmann einen klaren Standpunkt. Gerade in den aktuellen Zeiten mit oft verharmlostem Rechtsextremismus und Antisemitismus sieht Kretschmann die Werte der parlamentarischen Demokratie in Gefahr seien alle gefordert klare Grenzen zu setzen. Er habe schnell einen Antisemitismus-Beauftragten im Land auf Bitten der Israeliten mit Dr. Michael Blume eingesetzt (er war am Festakt auch zugegen), und dieser werde im Frühjahr seinen ersten Bericht vorlegen.
Kretschmann ging seiner Rede auch auf die Anfeindungen durch die AfD in Richtung der Landtagspräsidentin Muhterem Aras ein, die er als Patriotin bezeichnete. "Wir sind eine Republik aus Bürgerinnen und Bürgern", so Kretschmann. Es sei nicht entscheidend woher die Bürger kämen, sondern wohin sie wollten.
OB Uli Burchardt hatte zuvor darauf verwiesen, dass Konstanz in dieser Sache leider eine Vorreiterrolle gespielt hatte. Schon 1936 wurde die Konstanzer Synagoge angesteckt. Und wenn damals die Feuerwehr zwar noch kam, so lieferte sie auch die Brandbeschleuniger. Erst im kommenden Jahr wird es wieder einen Synagogenbau in der Konstanzer Altstadt geben, fast gegenüber des einst angesteckten jüdischen Gotteshauses. Er ist derzeit im Bau.
Und weiter: "Angesichts der aktuellen Gefährdungen haben wir eine gemeinsame Aufgabe: Es gilt die Wald der Fakten und der Wahrhaftigkeit in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu verteidigen und uns gemeinsam für die liberale Demokratie und den Verfassungsstaat mit seiner funktionierenden Gewaltenteilung einzusetzen."
Zur Festakt war auch eigens der Oberrat der Israeliten Badens, Rami Suliman, ins Konstanzer Konzil gekommen. Für ihn sei es besonders bewegend wie 80 Jahre nach den Greueltaten in Konstanz eine neue Synagoge gebaut werden könnte in der historischen Altstadt in unmittelbarer Nähe der zerstörten Synagoge. Es gelte hier dem aktuellen OB Uli Burchardt und seinem Vorgänger Horst Frank wie den Israeliten in Baden und der örtlichen Synagogengemeinde für die zielführende Zusammenarbeit zu danken. Das neu erblühende jüdische Leben in Baden in den 10 Gemeinden sei freilich noch ein zartes Pflänzchen, das immer wieder bedroht werde. Seine Hoffnung ist, dass in seiner Heimatgemeinde Rastatt einmal ein „Haus der jüdischen Geschichte in Baden“ erbaut werden kann, auf dem dortigen Grundstück der ehemaligen Synagoge, das zwischenzeitlich für ein Feuerwehrdepot genutzt werden, nun aber wieder frei ist.
Die Ereignisse in Konstanz in der Zeit des Synagogenbrands schilderten Dr. Tobias Engelsing (er hatte diese Gedenkfeier auch organisiert), Nathalie Nissenbaum und Vadim Schuhmann in eindrücklichen Passagen.für die liberale Demokratie und den Verfassungsstaat mit seiner funktionierenden Gewaltenteilung einzusetzen."
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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