Wolf und Pamela Biermann stellen neue CD vor
Der Liebesgeruch der Revolution

Foto: Pamela und Wolf Biermann treten in Konstanz auf. swb-Bild: Thorsten Jander
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Konstanz (sw). Das ist anders. Ganz anders. Musik mit dem Geruch der Revolution. Musik für den Pazifismus. Musik als Politik gewordene Noten. Dabei sollte es doch eigentlich um die Liebe gehen. »Ach, die erste Liebe« nennen Wolf und Pamela Biermann ihre erste gemeinsame CD, die sie am Samstag, 2. November, um 20 Uhr im Stadttheater in Konstanz vorstellen.

Aber es ist eine besondere Art der Liebe. Da haucht »König Renaud« als unglücklicher Kreuzritter tödlich verwundet vor dem Schloss der Geliebten seine Seele aus. Da wird in »Glückliche Liebe« behauptet, dass es eben die nicht gibt. Und da besingt die trauernde Hinterbliebene den tödlich verwundeten Liebsten in »Johnny, nun liegst du so da«. Eine klingende Anklage gegen die Sinnlosigkeit des Krieges. Lieder, »unsystematisch ausgesucht«, wie Wolf Biermann im telefonischen Interview verrät. Ausgewählt wurde nach Schönheit. Aufgenommen wurde, »was gefiel«.

Dabei schöpfte der DDR-Regime-Kritiker, Dichter, Liedermacher und Komponist aus seiner jahrzehntelangen Bühnenerfahrung. Der 1936 in Hamburg Geborene hat alle Stücke eigenhändig in ein singbares Deutsch gebracht - englische, französische, jiddische, russische oder lettische Songs. Dabei, so gibt Wolf Biermann offen zu, beherrscht er einen Teil dieser Sprachen gar nicht. Ist auch nicht nötig. Wichtig sei beim Nachdichten vor allem eine gute Kenntnis des Deutschen.

Und das hat er drauf. Das beweist er im Interview ständig. Auch mit 76 Jahren hat er jugendliches Feuer, ungezügeltes Temperament, rhetorisches Können und eine Hassliebe für die deutsche Sprache, deren Bestandteile er nach Belieben genüsslich durcheinander wirbelt. So ist auch seine neue CD keine leichte Kost, keine leichte Muse, kein Leichtgewicht. Die 21 Songs fordern Zeit vom Zuhörer. Er muss sich auf sie einlassen, dann sind sie ein Hochgenuss. Mit Tiefgang. Etwas für jeden. Oder wie es Wolf Biermann druckreif formuliert: »Die Kunst reist wie ein großes Schiff unbeschadet über Modewellen hinweg.«

Will heißen, seine Kunst hat die Zeit und den Zeitgeschmack überdauert und überlebt. Auch, weil Lieder seiner Ansicht nach älter sind als die Sprache. Am Anfang, so meint er, war eben nicht das Wort, sondern der Ton. Der Ton, aus dem Lieder sind und der die Musik macht. Obwohl, gemacht wird die Musik auch von Wolf Biermann. Der sie mit der Tonlage der Politik vermengt. Und immer wieder neue Töne anschlägt. Die »kommunistische Kirche«, wie er es nennt, die kommunistische Lehre hat er hinter sich gelassen. Der Versuch, ein sozialistisches Paradies auf Erden zu schaffen, könne nicht gelingen. Ja, schlimmer noch. Klassenlose Gesellschaft, Gemeinschaft ohne Ausbeutung, alle Menschen als Brüder - eine solche Gesellschaft aufzubauen, müsse in der Hölle enden.

So hat Wolf Biermann dem kommunistischen Glaubensbekenntnis abgeschworen. Ja, er gibt zu, bei der letzten Bundestagswahl Angela Merkel gewählt zu haben. Denn sie sei trotz bekannter Zugehörigkeit zur CDU eine Sozialdemokratin. Konkurrent Peer Steinbrück von der SPD sei dagegen ein »unvollendeter CDU-Mann«.

Ein vollendeter politischer Sänger ist dagegen Wolf Biermann. Ein gewiefter Charmeur mit Intellekt und Idealismus. Lebensklug und lebenserfahren. Vater von zehn Kinder und Stiefvater des »Enfants terrible« Nina Hagen. Er war einst mit ihrer Mutter Eva-Maria Hagen liiert gewesen und kennt die schrille Popröhre, seit sie sieben Jahre alt ist. Schon damals, sagt er, war sie so wie heute - unangepasst, auffällig, laut. Sie sei auf ihre Weise verrückt, doch das würden ihr die Leute nicht übel nehmen - weil es eine Verrücktheit ohne Heuchelei sei Nina Hagen ist echt. So wie Wolf Biermann trotz aller politischer Wendungen echt geblieben ist.

Pamela und Wolf Biermann stellen ihre erste gemeinsame CD »Ach, die erste Liebe« am Samstag, 2. November, um 20 Uhr im Stadttheater in Konstanz vor.

- Simone Weiß

Autor:

Redaktion aus Singen

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