Didi Danquart inszeniert „Von Mäusen und Menschen“ in Konstanz
Das Ende eines Traums

Mäuse und Menschen | Foto: Die Schlussszende der bemerkenswerten Inszenierung »Von Mäusen und Menschen« unter der Regie von Didi Danquart, als Lennie (Sebastian Hase) mit seinem toten Hundewelpen erkennen muss, dass er wieder eine Chance auf das eigene Stück Land vergeigt hat. swb-
  • Mäuse und Menschen
  • Foto: Die Schlussszende der bemerkenswerten Inszenierung »Von Mäusen und Menschen« unter der Regie von Didi Danquart, als Lennie (Sebastian Hase) mit seinem toten Hundewelpen erkennen muss, dass er wieder eine Chance auf das eigene Stück Land vergeigt hat. swb-
  • hochgeladen von Oliver Fiedler

Konstanz (of). Zwei Menschen auf der Flucht. Georg (Ingo Biermann), ein Träumer vom eigenen Stück Land im Amerika nach dem „Black Friday“ und Lennie (Sebastian Haase) der geistig Minderbemittelte, der auch so gerne eine Farm mit Kaninchen und Kleewiesen hätte, weil ihm sonst im Leben nichts gelingt, mussten von ihrem letzten Job türmen weil Lennie einfach ein Probleme mit allem weiblich weichem hat und es mit seiner riesigen Kraft immer erdrückt. Doch ohne Hoffnung sind sie noch nicht in diesem Land der Wanderarbeiter. Das soziale Drama von John Steinbeck von 1937, mit dem er seinen „Amerikanischen Traum“ begräbt und die Arbeiter zu Desperados ohne Heimat und ohne wirkliche Perspektive macht, hat der aus Singen stammende Regisseur Didi Danquart, der zuletzt mit „Goster“ in der Fachwelt für Aufsehen sorgte, in der Inszenierung des Konstanzer Theaters kurzerhand in seine Heimatstadt verlegt. Des neue Ziel der beiden Arbeiter ist Singen, im Hintergrund der Bühne erleuchtet der Hohentwiel, darunter der Maggi-Turm , der Güterbahnhof und die Baracken, einst Zwangsarbeiterlager, das Kriegsgefangenen-Camp und schließlich in den frühen 1960er Jahren die erste neue Heimat für die „Gastarbeiter“, die fürs neue deutsche Wirtschaftswunder hier malochen sollen, aber eben nur „Gäste“ bleiben sollten. Eine Anspielung, die leider nicht so ganz hinhaut, denn die damaligen „Gastarbeiter“ mögen verzweifelt gewesen sein durch die Armut ihrer Heimat, doch sie schafften sich hier eine Perspektive, wenn es auch eine Weile ging. Didi Danquart hat hier für sich ein Stück seiner Jugend verarbeitet, doch das wäre eigentlich der Stoff für ein eigenes Stück gewesen…

Bei Georg und Lennie hat man freilich von Anfang an das ungute Gefühl, dass das auch nichts wird bei ihrer neuen Arbeitsstelle. Georg muss für zwei denken. Lennie, den er als seinen Neffen bezeichnet, ist abhängig von Georg, und umgekehrt ist es nicht anders, denn dann wäre er auf seiner Wanderschaft ja ganz alleine, obwohl, wie er immer erzählt, dann auch sein verdientes Geld für sich alleine hätte, eben für das Stück Land, von dem die Amerikaner damals träumten, oder auch die „Gastarbeiter“, die für ein gutes Leben in der alten Heimat sparten.

In der neuen Firma schwebt das schlechte Karma spürbar in der Luft. Vorarbeiter Fritz (Raphael Westermeier) lacht niemals. Er sieht auch nicht aus, als ober noch einen Traum im Kopf hätte. Der durch einen Arbeitsunfall behinderte „Candy“ (Vladimir Pavic) fristet sein Arbeitsleben mit dem Fegen der Unterkunft und hat einen alten Hund (auch der ist auf der Bühne) dessen Gestank Arbeiter Karl (Thomas Fritz Jung) so zur Weißglut bringt, bis der Hund sterben muss. Unternehmersohn Cornel (Florian Rummel) ist ein Dandy aus dem Buche, doch seine frisch angetraute Frau Erika (Jana Alexia Rödiger) hat er nicht im Griff. Beide suchen sich, aber sie finden sich nicht. Sie irren durch diese kleine Welt. In diesem spannungsreichen Gemenge wird Lennie ein Opfer - der anderen und seiner eigenen Kraft. Als Fritz ihn bezichtigt, was mit seiner Frau gehabt zu haben, bricht ihm Lennie die Hand. Und als Erika die Flucht aus diesem Gefängnis ständiger Überwachung antritt, offenbart sie ihre Träume vom Glück als Filmschauspielerin Lennie, der diese Weichheit erdrücken muss. So wie er auch ein geschenktes Hundewelpen zu Tode streichelte. Es scheint ein Kreislauf zu sein, der mit einer toten Maus in der Hosentasche begann und mit einem Schuss endet. Der schwarze Arbeiter Crooks (Robert Magasa) bringt es auf den Punkt: „Is wie mit dem Himmel. Jeder will ’n kleines Stückchen. Aber keiner kommt je rein und keiner kriegt sein Stück Land“, spricht er zu sich. Das Stück schlägt dabei so manche Brücke in die Gegenwart moderner „Wanderarbeiter“ auf der Suche nach ein bisschen Glück.

»Von Mäusen und Menschen« wird am Theater Konstanz noch gespielt bis zum 5. Dezember. Mehr unter www.theater-konstanz.de

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

9 folgen diesem Profil

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.