CDU-Kreisverband fordert neues Grundsatzprogramm von der Bundespartei
"Da ist Musik drin"
Konstanz. Auf die Suche nach den Ursachen für den Wählerschwund bei der CDU ging der 58. Parteitag des Kreisverbands am Samstagmorgen im Konzil. Neben der Aufarbeitung ging dabei der Blick klar in die Zukunft, denn die erschienenen Mitglieder des Parteitag stimmen mit nur einer Enthaltung für einen von mehreren Mitgliedern lancierten Initiativantrag, in dem der Bundesvorstand der CDU dazu aufgefordert wird, ein neues Grundsatzprogramm zu erarbeiten und einer neuen Standortbestimmung den Weg zu bereiten.
Für den 58. Kreisparteitag wurde ein versierter Fachmann zu Analyse eingeladen. Dr. Thomas Petersen vom Institut für Demoskopie Allensbach hatte zwar wenig Überraschendes im Gepäck seines Vortrags, aber doch einige interessante Details parat aus den Analysen zahlreicher Umfragen. Klar ist, dass die Bindung zu allen Parteien in den letzten Jahren stark nachgelassen habe. Zwar sei die Bereitschaft zu Wahl gewachsen, und zwar deutlich, aber was gewählt werde, das stünde bis kurz vor der Wahl bei einem steigenden Anteil der Bevölkerung noch nicht fest. Auffällig war für Dr. Petersen, dass zum Beispiel das Thema „Flüchtlinge“ erst kurz vor der Wahl wieder einen enormen Zulauf bekommen habe – auf einen Stand wie in 2015, als das Thema sehr drängend in die Öffentlichkeit kam und extrem kontrovers diskutiert wurde. Und da habe sich die CDU einfach nicht entsprechend positionieren können, wie auch in Fragen der öffentlichen Sicherheit, obwohl genau diesen Themensehr viele Veranstaltungen im Wahlkampf gewidmet waren. Das Thema sei aber offensichtlich nicht bei den Wählern angekommen.
Die Frage „Was ist denn nun der typische AFD-Wähler“ aus dem Plenum wurde von Dr. Petersen damit beantwortet, dass die AfD –Wähler gewiss nicht durchweg „Abgehängte“ seien , gemeinsam sei ihnen das höchstens eine „negative Weltsicht“, also dass die Politik vor Problemen stehe, die sie nicht lösen könne. Mitglied Dr. Christian Bäumler meinte, dass viele AfD –Wähler auch aus dem Bereich der Gewerkschaften gebe. „Was haben wir falsch gemacht, was hätten wir besser machen können?“, fragte Manfred Jüppner. „Es war wahrscheinlich ein Fehler auf „Wohlfühlen“ zu spielen, wenn sich die Menschen eben nicht wohl fühlten“, so Dr. Petersen. Aber das Ergebnis entspreche letztlich der gesellschaftlichen Lage zu diesem Zeitpunkt, da hätte ein anderer Wahlkampf wahrscheinlich nur für Kosmetik sorgen können.
Deutschland sei bei einem Wandel der Parteisysteme nicht alleine, antwortete Dr. Patersen auf eine andere Frage. Gesellschaften würden sich verändern, das sei eigentlich ein Merkmal einer lebendigen Demokratie. Die „Piraten“ sind für ihn ein gutes Beispiel, die inzwischen wieder verschwunden seien. Das sei für eine vormals dominierende Partei durchaus schmerzlich, aber für eine funktionierende Demokratie sei es nicht Voraussetzung dass es ein zwei große Volksparteien geben und darum einige kleine. Jürgen Waldschütze wollte wissen, ob nicht die CDU-Mitlgieder selbst schuld seien an dem schlechten Wahlergebnis weil sie ja eigentlich auch ein Spiegel der Gesellschaft sind. Das wurde von Dr. Petersen damit beantwortet, dass die CDU-Anhänger nicht nur bei dieser Wahl weniger aktiv gewesen seien, die Positionen ihrer Partei zu vertreten. Da habe sich die CDU als relativ schwach erwiesen, im Gegensatz zur AfD, die mit ihren Standpunkten auf die Dörfer gegangen sei. Gefordert wurde aus dem Plenum eine Schärfung des Profils der Partei. „Die CDU hat inzwischen ein völlig verwaschenes Profil, da sind wir als Basis aufgerufen zu sagen was wir wollen und nicht ständig dem Zeitgeist hinter rennen“, rief Bernhard Hertrich in die Versammlung. Der Konstanzer OB Uli Burchhardt brachte ein, dass die CDU bislang kein Konzept vorgelegt habe, wie sie sich Einwanderung überhaupt vorstelle. Diese Antwort sei sie nach wie vor schuldig. So lange man nur über eine Obergrenze spreche, verschweige man, dass es keine Zukunft ohne Einwanderung gebe. „Ich habe unsere Spielregeln bisher nicht verstanden“, so Burchhardt.
Andreas Jung, der trotz Blessuren wiedergewählte Bundestagsabgeordnete, erinnerte daran, dass es die Diskussion um Profil schon vor der letzten Wahl gegeben habe, damals sei es eben noch gut gegangen. Es sei wichtig, nun eine schonungslose Diskussion zu führen. Er sei eigentlich zufrieden mit seinem Ergebnis von 44 Prozent, denn es gebe eben auch lokale Unterschiede durch politische Arbeit vor Ort. Im Landkreis habe es eine große Geschlossenheit gegeben, gerade das Thema Innere Sicherheit habe man stark in den Vordergrund gestellt. Bundesweit sei natürlich spürbar gewesen, dass sich CDU und CSU nicht einig seien, da habe man viel Vertrauen verloren. Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen, die er persönlich sehr bedaure, sollte man nun sehr ernsthaft verhandeln um eine große Koalition. „Wir sollten schon den Anspruch haben, eine Regierung hinzubekommen." Deutschland brauche derzeit eine klare Haltung – schon wegen Trump und Putin – das sei mit einer Minderheitsregierung nicht hinzubekommen, da werde es eine Schacherei um Einzelfragen geben.
Ein ganzer Stapel von Anträgen zeigte, dass der Kreisverband einiges verändern will. Unter anderem wurde das Thema der allgemeinden Dienstplicht abgestimmt, über die Ächtung von Organisationen, die mit Flüchtlingen Geld verdienenm zur Forderung die Nato-Mitlgiedschaft der Türkei zu hinterfragen, zur Ausbildung von Grundschullehren und zu einem weiteren Kreisparteitag für eine weitere Analyse der Wahl.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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