Offener Brief der SPD Hilzingen zum Kiesabbau im Dellenhau
SPD-Ortsverein wendet sich an Kretschmann
Hilzingen. In einem offenen Brief hat sich der SPD Ortsverein Hilzingen jüngst direkt an Ministerpräsident Winfried Kretschmann gewandt, um ihm noch einmal ganz deutlich die Einwände, die aus Sicht des Ortsvereins gegen einen Kiesabbau in der Tourismus-Region Hegau sprechen, darzulegen und ihn aufzufordern keinen Pachtvertrag über ein Kieswerk zu schließen, sondern den bestehenden Vorvertrag zu kündigen. Die SPD mit ihrem Vorsitzenden Erich Schmidt betont: »Ein Kiesabbau im Dellenhau ist weder ökologisch vertretbar noch nachhaltig.«
Hier der offene Brief im vollen Wortlaut:
»Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann,
seit vier Jahren diskutiert der Hegau über die Absicht der Firma Birkenbühl in der Gemeinde Hilzingen (Landkreis Konstanz) im Gewann Dellenhau Kies abzubauen.
Sie wissen: Der Abbau von Kies ist ein erheblicher Eingriff in Natur und Landschaft. Aus gutem Grund gibt es hierfür ein umfangreiches und komplexes Genehmigungsverfahren.
Doch der Verlauf des Raumordnungsverfahrens über den Dellenhau zeigt: Die bestehenden Regeln sind nicht geeignet, den berechtigten Anliegen der betroffenen Menschen in der Region Rechnung zu tragen. Schwerwiegende Einwände werden in keiner Stufe des Verfahrens angemessen berücksichtigt. Das Dellenhau ist im gültigen Teilregionalplan für oberflächennahe Rohstoffe des Regionalverbands Hochrhein-Bodensee als sogenanntes Sicherungsgebiet eingestuft. Es soll also als langfristige Reserve dienen.
Doch ob es im Hegau wirklich Bedarf an einer zusätzlichen Abbaufläche für Kies gibt, wird im Raumordnungsverfahren gar nicht ernsthaft geprüft! Dabei sind Zweifel daran offensichtlich:
Der Antrag wird nicht etwa von einem kleinen Unternehmen gestellt. Es handelt sich vielmehr um eine verschachtelte, größere Unternehmensgruppe. Geschäftsführer Andreas Drewig ist als Geschäftsführer, Anteilseigner oder Gesellschafter mit einem Netz von etwa 30 Firmen verbandelt.
Der Kies aus dem Dellenhau soll nicht etwa für die Region, sondern fast ausschließlich für den Export in die Schweiz verwendet werden. Geplant ist eine Weiterverarbeitung im Betonwerk des Antragstellers in der Schweiz. Interessanterweise wird dieses Werk nicht vom fünf Kilometer entfernten Kieswerk Wellauer, das ebenfalls dem Antragsteller gehört, beliefert.
Es droht auch kein Kiesmonopol im Kreis Konstanz, wenn der Antrag abgelehnt wird. Die Firma Birkenbühl baut im Hardt bei Stockach weiterhin Kies ab, hat also hier wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten.
Wesentliche –für die Raumordnung relevante- Umweltfragen bleiben offen: Da der Kies hauptsächlich in die Schweiz exportiert werden soll, ist mit einem Abtransport über ein dafür nicht geeignetes Straßennetz zu rechnen. Denn die Nutzung der Schiene lehnt der Unternehmer aus Wirtschaftlichkeitsgründen ab, obwohl eine Bahnlinie am Dellenhau vorbeiführt. Bürger aus den angrenzenden Gemeinden tragen so alleine die erheblichen Belastungen der Gewinninteressen des schwerpunktmäßig im Ausland tätigen Unternehmens.
Nicht ernsthaft untersucht wird, ob die touristisch attraktive Erholungslandschaft des Hegau durch den Kiesabbau beeinträchtigt wird. Für viel Geld fördert das Land Tourismusinfrastruktur wie z.B. Premium-Wanderwege. Nur damit der Wanderer vom Hohentwiel in die Kiesgrube schauen darf?
Zahlreiche Bürger im Hegau haben alle Beteiligungsmöglichkeiten im Raumordnungsverfahren genutzt und sind enttäuscht, dass unsere Argumente in diesem Verfahren keine Resonanz gefunden haben. Sollte je beabsichtigt gewesen sein, ernsthaft die unterschiedlichen Interessen abzuwägen, so ist dies nachhaltig gescheitert.
Sehr geehrter Herr Kretschmann, in dieser Situation sind Sie als Politiker gefordert. Viele Bürger unserer Region haben Sie gewählt, weil sie glaubwürdig für eine ökologische und nachhaltige Politik stehen.
Ein Kiesabbau im Dellenhau ist weder ökologisch vertretbar noch nachhaltig.
Daher zählen wir auf Sie:
Denn das Land Baden-Württemberg ist Eigentümer des Dellenhau. Sie können den Kiesabbau verhindern, indem Sie keinen Pachtvertrag über ein Kieswerk schließen, sondern den bestehenden Vorvertrag kündigen."
- Dominique Hahn
Autor:Redaktion aus Singen |
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