Kantorei setzt sich mit »Messiah« neue Maßstäbe
Den Blick in den Himmel fühlbar gemacht

Rund 300 Zuhörer erlebten die Aufführung des »Messiah« durch die Kantorei der Auferstehungskirche am Sonntag in der Christkönigskirche in Gottmadingen, am Abend zuvor wurde das »Glaubensbekenntnis« Händels in Engen gespielt. | Foto: swb-Bild: of
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  • Rund 300 Zuhörer erlebten die Aufführung des »Messiah« durch die Kantorei der Auferstehungskirche am Sonntag in der Christkönigskirche in Gottmadingen, am Abend zuvor wurde das »Glaubensbekenntnis« Händels in Engen gespielt.
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Engen/Gottmadingen. Der Aufwand war für dieses Konzert nochmals größer, und auch die Erlösung, tatsächlich dann am Samstag (Engen) und Sonntag (Gottmadingen) vor dem Publikum stehen zu können, wie Initiatorin und Dirigentin Sabine Kotzerke ihre ZuhörerInnen zum berühmten »Messiah« von Händel begrüßte. »Das Bangen war die letzten Wochen immer, wer krank wird, und die Hoffnung, wer zum Konzert wieder gesund ist.« Tests vor jeder Probe bis hin zu Konzert. Und das wurde dann wie ein Befreiungsschlag, wenn auch das Publikum noch 3G und Maskenpflicht erfüllen musste und auch noch manche Musiker den Lappen trugen.

Einige Umbesetzungen musste es aufgrund der aktuellen Lage trotzdem geben: Für den krankheitshalber verhinderten Bass Maximilian Lika war dessen Bruder Matthias quer durch Deutschland angereist und auch Martin Jaser aus Bremen war am Fagott noch kurzfristig eingesprungen. Die kurzfristigen Umbesetzungen hatten auf die Qualität dieses besonderen Konzerts jedoch kaum Auswirkungen. Dieser »Messiah« war für Komponist und Konzertunternehmer eine Zäsur in vielfacher Weise gewesen. In einer wirtschaftlich angespannten Situation, genesen von mehreren Schlaganfällen, so die Legende, soll Händel das Stück, das im Text auf einer Zitatesammlung meist alttestamentarischer Bibelstellen mit Verweis auf den kommenden Erlöser aufbaut, in nur drei Wochen geschrieben haben, bei dem er selbst einen Blick in den geöffneten Himmel gehabt haben solle, in einem Schaffensrausch. Es war auch das Stück seines letzten Auftritts wenige Tage vor seinem Tod in London gewesen.

Ein »Glaubensbekenntnis« sei das, betonte Dirigentin Sabine Kotzerke in ihrer Begrüßung. Denn schon damals sei der Überschuss der Konzerte auf Händels Weisung hin an Waisenheime gegangen, um sie als Werke der Wohltätigkeit aufzuführen. Angesichts des aktuellen Kriegs in der Ukraine habe man auch unter den Akteuren gesammelt, um als Zeichen der Solidarität in diesem Fall eine Aktion für ein Heim für Behinderte in der Ukraine über die evangelische Stadtmission in Freiburg zu unterstützen.

Die Macht Händels, hier mit Noten sein Zeichen der Kraft und Gottesgewalt zu setzen, war im Konzert immer wieder als Lichtpunkt spürbar. Denn die Dramaturgie war bestens gesetzt im Wechsel der SolistInnen Andrea Oberparleitner (Sopran), Tino Brütsch (Tenor), Ulrike Andersen (Alt) und eben Matthias Lika (Bass) mit dem mit MusikerInnen aus dem ganzen deutschsprachigen Raum zusammengezogenen und sehr dynamisch agierenden Orchester wie dem großen Chor der Engener Auferstehungskirche und ging durch dunkle Täler voller Schmerz und Erlösungssehnsucht bis hin zu den Lichtpunkten des neuen Christus. Berührend wie Alt-Arie »He was despised« über die Geißelung Christi zu Beginn des zweiten Teils, nach einem Aufbrausen des Chors über den Tenor und sein »All they see Him« und der ergreifenden Sophranarie »Behold and See«, was im Finale dieses Teils zum wohl berühmtesten Part dieses Stücks, dem großen »Hallelujah« führt, das die Luft im Kirchenraum vor allen durch die hohen Töne distortisch zum Schwingen bringt, so kräftig gehen die SängerInnen und die MusikerInnen hier zu Werke. Doch im dritten Teil konnte es noch festlicher werden, mit Trompetenunterstützung und dem so legendären »The Trumpet shall sound« vom Bass, um in einem »Amen« durch den Chor wie einem letzten Seufzer zu enden. Fast drei Stunden musikalischer Hochspannung fielen in einem Schweigen zusammen. Das war gewollt. Der Kirchenraum erfüllte sich bald mit stehenden Ovationen und langem Applaus für die Dirigentin und ihre hervorragenden Mitstreiter.

Rund 300 Zuhörer erlebten die Aufführung des »Messiah« durch die Kantorei der Auferstehungskirche am Sonntag in der Christkönigskirche in Gottmadingen, am Abend zuvor wurde das »Glaubensbekenntnis« Händels in Engen gespielt. | Foto: swb-Bild: of
Mit stehenden Ovationen und vielen Blumen wurden Dirigentin Sabine Kotzerke und ihre musikalischen Mitstreiter nach dem Konzert in Gottmadingen gewürdigt. | Foto: swb-Bild: of
Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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