Frühschoppen der Gerstensackzunft
Bürgermeister Klinger wird eingezäunt
Gottmadingen. Seitenhiebe gegen die Politik, eine angekündigte Übernahme der Hegauer Fasnet und ein Geburtstagsständchen: Das und mehr gab es am Fastnachtsmontag beim ersten närrischen Frühschoppen der Gerstensackzunft nach der Corona-Pause in der Eichendorffhalle.
Moderator Christoph Graf freute sich, wieder in die Eichendorffhalle einladen zu dürfen. "Mann, Frau oder divers, ganz egal. Hier sind alle zusammen, das ist phänomenal." Phänomenal war dann auch seine Moderation, bei dem er die Gäste aufs Korn nahm. Etwa die Poppele-Zunft aus Singen, die beim letzten Frühschoppen so viel getrunken habe, dass die Bedienungen noch immer sauer auf sie seien. Sie durften sich über ein Fass Bier freuen, dass die Gerstensäcke die letzten zwei Jahre bei sich gelagert hatten. Was beim Anstich dann aber herauskam, machte wenig Lust auf ein Gelage: Eine dünne, helle Flüssigkeit. "Das mit dem Hell geht ja noch, aber ich fürchte, es ist auch alkoholfrei", stichelte Poppele-Zunftmeister Stephan Glunk. Nach einem Ständchen über die Vorzüge von Apps verabschiedete er sich aber mit den Worten: "Wir trinken das Bier. Koste es, was es wolle."
Abgesetzt, aber nicht sicher vor den Narren, war Bürgermeister Michael Klinger. Christoph Graf kritisierte auf närrische Weise den 70.000 Euro teuren Zaun um den Sportplatz. Als Geschenk gab es dann passend ein Stück Zaun für den Schultes. Dieser nahm die Kritik souverän gelassen und schob die Schuld "ein paar Hyänen" zu. "Der Erste zog zum Federvieh, mein Gott, auf'm Dorf schallt's Kickericki. Der Zweite baut unter der Kirchturmuhr, oh Wunder von Ruhe keine Spur. Der Letzte zieht zum Fußballplatz und macht als Nachbar dann Rabatz." Er müsse sich derweil mit einem wichtigen Thema beschäftigen: dem Ärztemangel. Für Moderator Graf – seines Zeichens Arzt – hatte der Rathauschef dann noch ein Präsent dabei: eine Packung "Arzt-Viagra".
Bilder vom Umzug in Gottmadingen finden Sie hier:
Ein Geburtstagsständchen gab es für den Hilzinger Bürgermeister Holger Mayer und eine Perücke, damit er sich morgens nicht mehr so lange die Haare stylen muss. "Vom Haarlack zwei Kilo mindestens sind die Norm." Vom Bürgermeister gab es zum Dank dann seinerseits ein Liedchen mit dem Akkordeon. Eine Prämiere gab es mit der "Rentnerbande" mit den Ex-Bürgermeistern Heinz Brennenstuhl (Gailingen) und Hans-Peter Lehmann (Mühlhausen-Ehingen) und Ex-Gemeinderat Georg Ruf (Gottmadingen). Sie durften einen Fragebogen ausfüllen und ihre Antworten vor versammeltem Publikum vorlesen. Einigkeit herrschte dabei bei der Frage, welcher der beste Narrenverein mit dem besten Narrenbier im Hegau ist: die Gerstensackzunft – weil ohne Konkurrenz.
Von Plänen, die Hegauer Fasnet zu übernehmen, erzählte – weder verwandt noch verschwägert – Kathrin Graf, Vorstandsvorsitzende des Narrenvereins Pfiffikus Hilzingen. Der Hilzinger Pfiffikus dürfe wieder "in den heiligen Hallen" mitspielen", freute sie sich. Und während sich die Hochburgen der Fasnet selbst feierten, konnten sie die Fasnet infiltrieren. "Sogar der Rielasinger Bürgermeister ist ein Hilzinger", meinte sie. Und die Burg, auf der der Poppele wohnt, gehöre auch zu Hilzingen. "Die Herrschaft über die Hegauer Fasnet ist für uns zum Greifen nah."
Zum Abschluss durfte sich auch der Bundestagsabgeordnete Andreas Jung über ein Geschenk der Gastgeber freuen. Ihm hängten die Gerstensäcke kurzerhand ein Sitzkissen um. Für die harte Oppositionsbank. "Supergeil", kommentierte der Politiker. Und: "Was wäre ich ein armer Jecke, ohne euch, ihr Saftsäcke." Zusammen mit dem "schwarzen Chor" – denn ihm selbst sei vom Singen abgeraten worden – erklärte er die Grundsätze der Oppositionspolitik: "Wir sind dagegen, bis die Ampel explodiert." Und er zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Situation auch wieder ändern wird, denn "nach Februar kommt Merz bestimmt".
Autor:Tobias Lange aus Singen |
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