Hegau-Jugendwerk feierte 25 Jahre Frühreha/ Ehrung für Lebensleistung von Dr. Paul Diesener
»Der richtige Ort für eine schwierige Zeit«

25 Jahre Frühreha im Hegau-Jugendwerk Gailingen | Foto: Stabübergabe anlässlich 25 Jahre Frühreha im Hegau-Jugendwerk Gailingen: Dr. Paul Diesener (2.v.re) übergibt im Beisein der Verwaltungsdirektorin Barbara Martetschläger und dem Ärztlichen Direktor Dr. Andreas Weidmann (re außen) symbolisch ein Staffelholz
  • 25 Jahre Frühreha im Hegau-Jugendwerk Gailingen
  • Foto: Stabübergabe anlässlich 25 Jahre Frühreha im Hegau-Jugendwerk Gailingen: Dr. Paul Diesener (2.v.re) übergibt im Beisein der Verwaltungsdirektorin Barbara Martetschläger und dem Ärztlichen Direktor Dr. Andreas Weidmann (re außen) symbolisch ein Staffelholz
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Gailingen. Das Hegau-Jugendwerk (HJW) in Gailingen feierte mit über 100 Gästen und Mitarbeitern das 25jährige Bestehen seines Frühreha-Bereichs. Das ist nicht selbstverständlich, war es doch vor 25 Jahren ein Wagnis eine solche Abteilung für schwerstbeeinträchtige Patienten auf der grünen Wiese zu errichten. Dass diese ein Erfolg wurde, hängt eng mit seinem Leitenden Arzt zusammen, der im Aufbau und der ständigen Weiterentwicklung der Frühreha echte Pionierarbeit geleistet hat. Gemeint ist Dr. Paul Diesener, der zwei Monate nach Eröffnung der Frühreha 1994 aus dem Norden kommend in der süddeutschen Provinz eintraf, um hier seinen Lebensinhalt zu finden und die Frühreha des Hegau-Jugendwerks zu einer bundesweit anerkannten und gefragten Einrichtung zu machen, die aus dem HJW nicht mehr weg zu denken ist.

So wurde die ganztägige Fachtagung „25 Jahre Frühreha in Gailingen“ mit ihren Vorträgern und Workshops auch zu einer Würdigung von Paul Diesener. Dieser habe innovativ, bestens vernetzt, mit Weitblick, stets neugierig, interprofessionell und praxisnah dafür gesorgt, so Verwaltungsdirektorin Barbara Martetschläger in ihrer Begrüßung, dass die Patienten aus ganz Deutschland samt ihren Eltern in Gailingen bestens versorgt wurden. Sie zitierte Diesener mit seinen eigenen Worten: „Eine gute Notfallversorgung ist ohne eine anschließende Reha unvollständig“. Das habe er tagtäglich bewiesen, der Erfolg gab ihm recht. Als Dieseners „Lebenswerk“ bezeichnete Dr. Andreas Weidmann, Ärztlicher Direktor des HJW, die Frühreha des Hegau-Jugendwerks.

Die zahlreichen Grußworten von namhaften, aus ganz Deutschland kommenden Vertretern anderer Kliniken, von Selbsthilfegruppen, Arbeitsgemeinschaften und Vereinen wie zum Beispiel dem Dysphagie-Netzwerk-Südwest, mit denen Diesener über viele Jahre zusammen arbeitete, zeigten die große Wertschätzung und Anerkennung für ihn und seine Lebensleistung.

Das Bestmögliche für jeden einzelnen Patienten heraus zu holen, mit dem Ziel dem Betroffenen eine Teilhabe am Leben zu ermöglichen, war stets das Bestreben von Paul Diesener gewesen, dafür ging er oft auch ungewöhnliche Wege und schreckte vor Selbsttests nicht zurück, wie aus den Grußworten zu erfahren war. Die Frühreha als eine „ethosgetragene medizinische Disziplin sei kein Spielfeld für Controller“ war zu hören und ebenso, dass Diesener, der sich wegweisend in der Schluckdiagnostik bei Kindern und Jugendlichen engagierte, dies beharrlich in den verschiedenen Gremien, in denen er tätig ist, immer wieder ins Gedächtnis rief. Auch wurde er als „Pionier in der Dysphagologie“ bezeichnet, der als erster die Bedeutung von Schluckstörungen (Dysphagie) für den Krankheitsverlauf und die Lebensqualität der Betroffenen erkannte. Eine gestörte Schluckfunktion ist lebensgefährlich, die Diagnostik muss deshalb immer vor der Therapie erfolgen. Die Therapie muss sich nach den Ergebnissen der Diagnostik richten.

Besonders eindrücklich waren die Dankesworte von Henriette Cartolano vom Verein INTENSIVkinder zu hause, eigens aus Berlin angereist, die als betroffene Mutter klar machte, welche Bedeutung eine gute Frühreha hat. Im Fall ihrer Tochter, die 2008 aus dem HJW entlassen wurde, bedeutete es eine sichere und teilhabeorientierte Kanülenversorgung, die einen Weg zurück in den häuslichen Alltag möglich machte. Sie lobte die „umfassende, interdisziplinäre und multiprofessionelle“ Arbeit im HJW, die individuelle Beratung hinsichtlich der Beatmungs- und Ernährungskonzepte, die den Weg in die „Mündigkeit“ weisen und Kindern „einen Platz im Leben“ geben. Das Hegau-Jugendwerk sei „der richtige Ort für eine schwierige Zeit gewesen“.

Dr. Paul Diesener, der in diesem Jahr 65 Jahre alt wurde und zum Jahresende als Leitender Arzt der Frührehabilitation des Hegau-Jugendwerks in Ruhestand geht, ließ in seinem Vortrag die 25 Jahre Frühreha in Gailingen Revue passieren. Vorbilder für die Kinder- und Jugendfrühreha gab es nicht, für viele Fragen mussten Antworten gefunden werden, manchmal auf unkonventionellen Weg. Dass dies erfolgreich gelang, zeigt die Bilanz: Rund 70 Prozent der in den 25 Jahren in kritischen Gesundheitszustand aufgenommenen Kindern und Jugendlichen konnten nach Durchlaufen aller Rehaphasen wieder im späteren Leben selbstständig werden. Die Devise lautete stets: Mit dem Handicap leben, nicht am Defizit verzweifeln. Das bedeutet auch: Essen und Trinken mit Schluckstörung und Sprechen mit Beatmung. Beides ist möglich wie Diesener und die späteren Workshops aufzeigten. Beides bedeutet Teilhabe am Leben. Und genau darum geht es bei der täglichen Arbeit im Hegau-Jugendwerk.

Hintergrundsinformation zur Einrichtung

Das Hegau-Jugendwerk in Gailingen ist ein neurologisches Fachkrankenhaus und Rehabilitationszentrum, das Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine umfassende Rehabilitation anbietet. Es wurde als bundesweite Modelleinrichtung speziell für Kinder und Jugendliche konzipiert und mit finanziellen Mitteln von Bund, Land und Sozialversicherungsträgern gefördert.

Seit 1972 werden hier Patienten auch über die Landesgrenzen hinweg behandelt. Gemeinsame Träger dieser Einrichtung sind die Hegau-Bodensee-Hochrhein-Kliniken GmbH und der gemeinnützige Verein Jugendwerk Gailingen e.V.

Die Hegau-Jugendwerk GmbH verfügt über insgesamt 197 Betten. Das neurologische Fachkrankenhaus nach § 39 SGB hat 32 Krankenhausbetten (Frührehabilitation:22 Betten, Neurologie: 10 Betten), das Rehabilitationszentrum nach §40 SGB verfügt über 165 Betten.

Durch das Leistungsspektrum werden die Phasen A, B, C, D komplett abgedeckt. Des Weiteren werden Leistungen zur Anschlussrehabilitation gebracht.

Andrea Jagode

Autor:

Ute Mucha aus Moos

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