Unlösbare Verbindungen
Vom Bund zwischen Handwerk und Stadt
Singen. Singen gilt landläufig als Industriestadt. Die Ansiedlung von Industrie ist unmittelbar verbunden mit der Erhebung zur Stadt. Doch Singen hat noch mehr zu bieten: Aktuelle Zahlen sprechen von 633 Handwerksbetrieben, von denen 84 ausbilden. Die Handwerkerrunde als Interessenvertretung feierte im vergangenen Jahr das 40-jährige Bestehen. Mit dem WOCHENBLATT hat deren Sprecher Ingo Arnold, Geschäftsführer von Kumpf und Arnold, über die Rolle des Handwerks in der Entwicklung der Stadt gesprochen.
WOCHENBLATT: Singen ist eine Industriestadt. Ist Singen auch eine Handwerkerstadt?
Ingo Arnold: Singen ist auf jeden Fall eine Handwerkerstadt. Wir sind der Wirtschaftsfaktor von nebenan. Wir haben viele Betriebe, die hier verteilt sind: Friseur, Bäcker, Metzger, Schlosser, Maurer. Wir sind in der Handwerkerrunde 24 Firmen aus jedem Gewerk und wir bilden sehr stark aus. Wir sind ein guter Wirtschaftsfaktor, der nicht nur Steuern bezahlt und Leute beschäftigt. Die Unternehmer sind meistens noch gesellschaftlich engagiert. In Serviceclubs, in Innungen, in Prüfungskommissionen, in Vereinen.
WOCHENBLATT: Wie hat sich das Handwerk in Singen entwickelt?
Ingo Arnold: Singen war eher landwirtschaftlich geprägt. Dadurch waren Schmiede da, es waren Zimmerleute und sicherlich auch Maurer und Dachdecker da. Das war der Grundstein. Mit der Industrialisierung und dem Zuzug der Menschen hat sich das Handwerk mitentwickelt. Es hat die Wohnungen mitgebaut und zur Stadtentwicklung beigetragen. Handwerk hat die Stadtentwicklung vorangebracht und die Stadtentwicklung hat das Handwerk vorangebracht.
Es ist ein dynamischer Prozess, der sich gegenseitig entwickelt. Und wir diskutieren auch heute mit der Stadt und den Gemeinderäten darüber, wo die Stadt hingeht und was das Handwerk tun kann, damit es auch in Zukunft funktioniert.
WOCHENBLATT: Fühlen Sie sich da von der Stadt gehört?
Ingo Arnold: Wir sind ja in Singen aktiv eingebunden und damit aktiv im Standortmarketing vertreten. Aber wir haben auch regelmäßig Termine, bei denen wir mit den Gemeinderäten sprechen und wir haben einen regelmäßigen Dialog mit unserem Oberbürgermeister und der Bürgermeisterin. Dort können wir unsere Ideen reinbringen und offen unsere Meinung sagen
. Es wird gehört, die Umsetzung dauert dann etwas. Unser brennendes Thema ist beispielsweise, wie ein Handwerker in die Stadt kommt. Die Innenstadt soll lebenswerter werden, aber ein Handwerker darf nicht rein. Was machen wir, wenn ein Kunde eine Reparatur braucht? Die Metzger und Bäcker müssen mit Tempo 30 fahren und brauchen doppelt so lange, bis sie ihre Ware ausgeliefert haben. Wir sind in Gesprächen mit der Stadt, wie das in Zukunft sein wird.
Wir sind im engen Kontakt und sind auch froh darüber. Wir sind im Austausch mit der Stadt, mit der Industrie, mit Einzelhändlern. Wir versuchen, die Stadt gemeinsam voranzubringen.
WOCHENBLATT: Was macht das Singener Handwerk aus?
Ingo Arnold: Es ist bodenständig und stark in das gesellschaftliche Leben und auch untereinander vernetzt. Die Singener Handwerkerrunde ist etwas Besonderes, weil es gewerkeübergreifend ist, aber nicht geschlossen. Wir laden auch Gäste von außerhalb ein. Und wir haben den Tag des offenen Handwerks. Wir machen die Türe auf und Lehrer, Schüler und Eltern können sich die Betriebe anschauen.
WOCHENBLATT: Und was macht Singen als Standort aus?
Ingo Arnold: Wir haben kurze Wege und eine gute Verkehrsanbindung. Was die Weiterentwicklung des Handwerks angeht, sind allerdings Flächen begrenzt. Der eine oder andere würde sich gerne in Singen weiterentwickeln, wenn es entsprechende Flächen geben würde. Wir schauen beispielsweise in das Industriegebiet Singen Süd: Wie viele Leerstände gibt es? Kann man da was nutzen? Kann die Stadt tätig werden? Muss man mit den Eigentümern reden? Die Einwohnerzahl soll steigen, da muss dann auch das Handwerk mitwachsen.
WOCHENBLATT: Ist die Stadt Singen, wie sie heute ist, ohne Handwerk denkbar?
Ingo Arnold: Ohne Singen gibt es kein Handwerk und ohne Handwerk gibt es kein Singen. Das ist unlösbar miteinander verknüpft.
WOCHENBLATT: Die Stadt Singen feiert den 125. Geburtstag. Was möchten Sie dem Geburtstagskind mitgeben?
Ingo Arnold: Ich wünsche mir, dass sich die Zusammenarbeit weiterhin entwickelt. Und ich wünsche mir für Singen, dass es sich weiter so entwickelt, wie es sich entwickelt. Ich wünsche der Stadt, die relativ jung ist, die Dynamik und Flexibilität, sich an den Marktbedingungen zu orientieren. Ich wünsche dem Kind, dass es weiterhin wächst, dass es gesund bleibt und dass es sich seinen Namen im Bodenseeraum erhält.
Autor:Tobias Lange aus Singen |
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