Willi Waibel posthum in Theresienkapelle gewürdigt
Gedenken für einen Kämpfer der Erinnerung und Versöhnung
Singen. Kurz vor seinem 90. Geburtstag war in Singen im März Willi Waibel verstorben. Im Nachgang zu Trauerfeier wurde nun das Wirken von ihm in einer Feierstunde in der Theresienkapelle gewürdigt, um die Rolle dieses Mannes zur Aufarbeitung der jüngeren Geschichte für die Nachwelt herauszuheben.
Dr. Carmen Scheide, Vorsitzende des Fördervereins der Theresienkappelle und auch Partnschaftsbeauftragte für die Partnerstadt Kobeljaky in der Ukraine, aus der viele in Kriegszeiten nach Singen deportierte Zwangsarbeiter stammten, betonte, dass es hier nicht um Heldengeschichten gehen solle, sondern um das, was für die Stadt durch das Wirken Willi Waibels bleiben soll. Dies sei auch die Frage Willi Waibels in seinen letzten Lebenswochen gewesen.
Theresienkapelle als Herzensprojekt
OB Bernd Häusler erinnerte daran, dass es die Theresienkapelle in dieser Form ohne Willi Waibel nicht gebe. Die kleine Kirche, die einst 1946 im damaligen Kriegsgefangenenlager hier in Singens Süden über einem ehemaligen Luftschutzbunker gebaut wurde, habe sich Waibel zum Herzensprojekt gemacht, um sie vor dem Verfall zu bewahren. Die Stadt Singen bekam sie schließlich vom Unternehmen Georg Fischer geschenkt. Mit viel Engagement wurde sie für die Nachwelt gesichert, ist heute ein Denkmal der Zeitgeschichte geworden und in Deutschland gar einzigartig. Bemerkenswert sei ja auch, dass einige der damaligen Kriegsgefangenen hier in Singen heimisch wurden.
Waibel habe sich mit sehr viel Hartnäckigkeit auch an die Aufarbeitung der Geschichte der Zwangsarbeiter gemacht, auf deren Spur er bei seiner Arbeit kam. Er habe eben aber auch nach Versöhnung gesucht, woraus die Partnerschaft mit Kobeljaky erwuchs, mit der aus Feinden Freunde werden konnten.
Auch Stadtrat Walafried Schrott erinnerte sich sehr emotional an den Kämpfer und Versöhner. Er habe ihn damals kennengelernt als junger "Juso", als Waibel damals gegen einen großen Einkaufsmarkt im Singener Bruderhofgebiet mobil machte, und auch am Schluss obsiegte. Waibel habe im bis heute denkwürdigen Wahlkampf zwischen dem damaligen OB Friedhelm Möhrle und dem CDU-Herausforderer Hans-Joachim Fuchtel auf der anderen Seite gestanden, aber man habe miteinander reden können. Waibel sei es dann bei den ersten Besuchen in der künftigen Partnerstadt Kobeljaky gelungen, den ehemaligen Zwangsarbeitern ihren Stolz zurückzugeben. Walafried Schrott richtete seinen Dank auch an die anwesende Familie von Willi Waibel, denn er sei in seiner Beharrlichkeit manchmal auch ziemlich stur gewesen.
Geschichtsarbeit zur Versöhnungsarbeit
Stadtarchivarin Britta Panzer hatte Willi Waibel damals bei den Vorbereitungen zur Feier von 70 Jahre Theresienkapelle kennengelernt. Sie beeindruckte, dass er nie locker ließ, bis er ein für ihn zufriedenstellende Antwort gefunden habe. Waibel sei auch immer ehrlich mit seiner Vergangenheit als einstiges Mitglied der "Hitlerjugend" umgegangen, aber er habe diese Geschichte mit Verantwortung angenommen. Sie sei sehr dankbar, dass sich ihre Wege hier gekreuzt hätten.
Dr. Carmen Scheide unterstrich, wie beispielhaft hier Geschichtsarbeit zu Versöhnungsarbeit wurde. Dieses Erbe gelte es zu pflegen für die Zukunft. In Berlin gebe es viele Gedenkstätten für verfolgte Gruppen des Nazi-Regimes. Hier in der Theresienkapelle habe Singen seine Gedenkstätte bekommen, durch seinen Einsatz.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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