Ergebnisse einer Forschungsprojekts vorgestellt
Forschungsobjekt Kriminalprävention
Singen. Im Sicherheitsbeirat informierte Egon Wachter von der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg über sein Forschungsprojekt, bei der die Kriminalprävention Singen in den Fokus gerückt ist.
Anfang der 1990er Jahre haben die Kommunen in Deutschland damit begonnen, ihre Sicherheitsaufgabe als Querschnittsaufgabe zu betrachten und diese jenseits von Ressortgrenzen in gemeinsamer Verantwortung mit den primär zuständigen Institutionen wahrzunehmen. Im Rahmen dieser Entwicklung veränderte sich die ursprüngliche Form der auf öffentliche Träger ausgerichteten Sicherheitsarchitekturen und es entstanden neue, auf kommunale Problemlagen ausgerichtete Sicherheitsnetze mit Ordnungspartnerschaften in Public-Private-Partnership. Unter dem Dach des Begriffs „Kommunale Kriminalprävention“ entwickelte sich im Rahmen unterschiedlicher, auf die Zielgruppen, Träger und Mittel ausgerichteten Konzeptualisierungen eine in der Gegenwart kaum noch überschaubare Landschaft kommunaler Präventionsprojekte. Auch wenn es an einer einheitlichen Praxis oder Begriffsdefinition bis heute mangelt, so entstand mit der Kommunalen Kriminalprävention das kriminalpolitisch populärste Präventionskonzept in Deutschland. Der kleinste gemeinsame Nenner dieser unterschiedlichen lokalen Bemühungen lässt sich mit ihren identischen Zielen beschreiben:Kommunale Kriminalprävention will zur Reduzierung von Kriminalität beitragen und das Sicherheitsgefühl der Menschen stärken.
Da die Entwicklung der Kriminalität in der Langzeitbetrachtung rückläufig ist und sich das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger verbessert, liegt es nahe, sich mit der Frage der Wirkung der Kommunalen Kriminalprävention zu befassen. Die Evaluierung dieses kriminalpolitischen Konzepts wird seit den 1990er Jahren permanent gefordert.
Die Implementierung des baden-württembergischen Präventionskonzepts war bereits in der Pilotierungsphase mit Unterstützung der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg (damals Fachhochschule Villingen-Schwenningen – Hochschule für Polizei) erfolgt. Nach nunmehr 20 Jahren Laufzeit wurde an der Hochschule für Polizei der Gedanke der Evaluierung dieses Prä-ventionskonzepts in einem Forschungsprojekt aufgegriffen. Das Erkenntnisinteresse fokussiert die Problemstellungen und Erkenntnismöglichkeiten kriminalsoziologischer Forschung zur Wirkung der Kommunalen Kriminalprävention. Im Hintergrund steht die zentrale Fragestellung, inwieweit die Kommunale Kriminalprävention in Baden-Württemberg im zeitlichen Längsschnitt und über Einzelaktivitäten hinausgehende Wirkungen erzeugt.
Die untersuchte Stichprobe umfasst diejenigen Städte Baden-Württembergs, die im zurück-liegenden Zeitraum wiederholt Bevölkerungsbefragungen durchgeführt haben. Die Stadt Singen erfüllt dieses Kriterium und ist Teil der Stichprobe. Nach einer umfangreichen Daten-erhebung bei allen Präventionsakteuren in diesen Städten (Vollerhebung) liegen nun erste deskriptive Ergebnisse für die Stadt Singen vor.
Die maßgeblichen, auf die Stadt Singen und den Referenzzeitraum bezogenen Erkenntnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen.
Die Kriminalprävention in Singen betreibt eine intensive Netzwerkarbeit im Sinne des kriminalpolitischen Konzepts der Kommunalen Kriminalprävention.
Singen führt ebenso wie neun weitere Städte in Baden-Württemberg wiederholt Bevölkerungsbefragungen durch (fünf vergleichbare Erhebungen von 2011 bis 2015).
Das Sicherheitsgefühl in Singen bewegt und entwickelt sich auf einem guten und stabilen Niveau und Eine Vergleichsmöglichkeit mit anderen Städten erfordert die Nutzung eines über alle Städte vergleichbaren Fragebogeninventars; Die Zahl der in der Kriminalprävention tätigen Haupt- und Ehrenamtlichen hat nach Einschätzung der Präventionsakteure in Singen zugenommen.
Lokale Probleme werden in Singen in einem hohen Umfang durch Eigenbeobach-tungen der Präventionsakteure, durch Beschwerden und im Rahmen von Bevölke-rungsbefragungen erkannt; Die Anzahl der in Singen unterbreiteten Präventionsangebote steigert sich über die Jahre kontinuierlich; insgesamt werden im Referenzzeitraum 66 Präventionsangebote unterbreitet.
Die Präventionsangebote richten sich die meiste Zeit schwerpunktmäßig auf den Menschen aus - im Jahr 2015 sind dies 40 (= 60,60 %)
Die Präventionsangebote in Singen charakterisieren sich durch ein höchstes Maß an zeitlicher Kontinuität: 65 Angebote (= 98,48 %) sind kontinuierlich (ohne Unterbrechung) unterbreitet worden, und mit 35 Angeboten (= 53,03 %) hat mehr als die Hälfte eine Laufzeit von zehn Jahren und mehr
In der Zielausrichtung der Präventionsinhalte dominieren die Ziele/Themen Individuelle und Soziale Kompetenz, Integration
Der Umfang der in Singen unterbreiteten Präventionsangebote hat nach Einschät-zung der Akteure das Potenzial, zahlenmäßig alle Einwohner der Stadt zu erreichen
Die Kriminalprävention in Singen folgt in hohem Maße den Grundprinzipien des kriminalpolitischen Konzepts (Netzwerkarbeit; Ursachenorientierte Präventionsar-beit; Lokalbezug; Bürgerpartizipation).
Die Singener Kriminalprävention besitzt mit ihrer auf fünf Säulen basierenden Präventions-arbeit (1. Netzwerkpflege und -bildung; 2. Schnelle Reaktion auf bestehende und aktuelle Probleme; 3. Projekte für Schulen, Kindergärten, Jugendarbeit; 4. Objektive Information der Bürgerschaft mit Präventionstipps und Relativierung der Negativpresse; 5. Projekte für den Öffentlichen Raum/Präsenz im öffentlichen Raum - dadurch Steigerung des subjektiven Sicherheitsgefühls) eine Aufbau- und Ablauforganisation, die in hohem Maße den Grundprinzipien des kriminalpolitischen Konzepts folgt. Die deskriptiven Befunde des Forschungsprojekts bestätigen eine umfassende, ausdifferenzierte und nachhaltige Präventionsarbeit der Singener Kriminalprävention.
- Stefan Mohr
Autor:Redaktion aus Singen |
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