Nora Gomringer setzt Glanzpunkt zur Eröffnung der 8. Erzählzeit

Werbung für Live-Literatur par excellence

Schaffhausen. Die Eröffnung der 8. Erzählzeit ohne Grenzen Singen Schaffhausen am Freitagabend war große Werbung für Literatur. Welch Performance Nora Gomringer im vollbesetzten Kammgarn in Schaffhausen zeigte, sollte wahrlich Appetit auf die restlichen 59 Lesungen bis zum 9. April gemacht haben. Denn Gomringer ist nicht nur eine begnadete Lyrikerin, sondern ebenso eine Powerfrau, die weiß, wie sie ihre stimmliche Vielfalt und schauspielerischen Talente einsetzt und so Lyrik selbst Schülern schmackhaft machen kann. Das gesprochene Wort wird hier zum Live-Erlebnis par excellence. Dabei spielte die schweizerisch-deutsch Autorin die Klaviatur von tiefernsten bis humorvollen Themen in ihren 14 vorgetragenen Gedichten von Herz bis Herpes perfekt, und lässt mit ihren lebensbejahende Art mit lila Kopftuch und wallendem Star-Wars-Rock auch düstere Geschichten wie Gomringers Version von »Rotkäppchen« oder das eindrucksvolle Gedicht zu den Verdingkindern ertragbar machen. Humorvoll ihre Spontaneität mit der sie die Sprachlosigkeit des Publikums konterte.

Doch es war die Gesamtkonzeption, die bei der Veranstaltung passte. Die charmante Moderation von SRF-Moderatorin Monika Schärer, die gemeinsam mit Nora Gomringer wie improvisiert auf Highlights des künftigen Programms hinwiesen.

Oder die kunstvolle Jazzmusik des jungen Jazzduo HELY aus Zürich. Lucca Fries am Piano und Jonas Ruther am Schlagzeug passten hervorragend zum Gesamtbild des Abends. Besonders, aber nicht abgehoben.

Kinder würde oft zum Einschlafen vorgelesen, Erwachsene sollte lesen, um aufzuwachen, wünschte sich Regierungsrat Christian Amsler in seiner Begrüßung und wies auf die nicht nur nationale Grenzen überschreitende Kultur hin.

Ein Blick in die einzigartige Erzählzeit von der scheidenden Singener Bibliotheksleiterin Barbara Grieshaber ins Leben gerufen und selbst 2017 noch hauptsächlich organisiert, lohnt sich auf jeden Fall. Denn über 30 Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus der Schweiz, aus Deutschland und aus Österreich präsentieren ihre neuen Romane bei Lesungen in 39 Städten und Gemeinden. Ihre Geschichten spannen den Bogen von der unmittelbaren Nachkriegszeit bis in die Gegenwart mit wenigen Abstechern in frühere Jahrhunderte.

Mehr Informationen zum Literaturfestival unter www.erzaehlzeit.com

- Stefan Mohr