Schwarzelsühr-Sutter: Land hat noch keine Anträge für Hochrheinbahn beim Bund gestellt
Verkehrsprobleme bestimmen Gipfel mit Kretschmann und Hermann in Schaffhausen

Kretschmann Schaffhausen | Foto: Regierungspräsident Christian Amsler im direkten Gespräch mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann. swb-Bild: sh.ch
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Schaffhausen. Am Donnerstag kam Ministerpräsident Winfried Kretschmann zusammen mit Verkehrsminister Winfried Hermann auf Einladung der Schaffhauser Regierung zum offiziellen Besuch in den Kanton Schaffhausen. Gegenstand des Arbeitsgesprächs auf Schloss Charlottenfels bildeten vor allem Fragen der Verkehrsinfrastruktur. Die Regierungen Baden-Württembergs und des Kantons Schaffhausen betonten mit dem Besuch ihre engen wirtschaftlichen, kulturellen und insbesondere auch freundschaftlichen Beziehungen.

Verstärkung der Zusammenarbeit

Beim Treffen ging es um einen generellen Gedankenaustausch zu Fragen der grenzüberschreitenden Beziehungen zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Kanton Schaffhausen. "Das heutige Treffen ist ein weiterer wichtiger Meilenstein in unserer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.", hält Regierungspräsident Christian Amsler fest. Dies bestätigte auch der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann: " Mit dem Kanton Schaffhausen verbindet Baden-Württemberg eine langjährige, enge und sehr gute Zusammenarbeit, von der die Menschen in der Grenzregion profitieren. Der regelmässige, konstruktive und partnerschaftliche Austausch mit den Schweizer Kantonen ist für Baden-Württemberg von grosser Bedeutung."

Elektrifizierung der Hochrheinstrecke Schaffhausen-Waldshut-Basel

Die Regierungen des Landes Baden-Württemberg und des Kantons Schaffhausen setzen sich gemeinsam für eine Verbesserung des Schienenverkehrs am Hochrhein ein. Im Vordergrund steht dabei die Elektrifizierung der Bahnstrecke Erzingen-Basel. Der Schaffhauser Regierungsrat Martin Kessler und Verkehrsminister Winfried Hermann betonten übereinstimmend die verkehrspolitische Bedeutung dieses Projektes für beide Seiten: "Die Elektrifizierung der Hochrheinstrecke ist auf Kurs. Sie bringt sowohl Baden-Württemberg als auch Schaffhausen und den weiteren Schweizer Grenzkantonen grosse verkehrliche Vorteile". Für beide Regierungsdelegationen steht fest, dass die Elektrifizierung der Hochrheinstrecke die Grundlage für den Halbstundentakt und für attraktives Rollmaterial ist. Die beiden Regierungen sind sich einig, dass in der Zeit bis zur geplanten Aufnahme des Betriebes die Qualität des heutigen IRE auf der Hochrheinstrecke verbessert werden muss.

Angebotsverbesserungen auf der Gäubahn

Baden-Württemberg und Schaffhausen betonen, dass die mit dem letzten Fahrplanwechsel realisierten Verbesserungen langfristig Bestand haben müssen. Seit Dezember 2017 bestehen stündliche Verbindungen Zürich-Schaffhausen-Stuttgart, jede zweite Stunde mit Umstieg in Singen. Der Kanton Schaffhausen unterstützt die Bestrebungen des Landes Baden-Württemberg, die Fahrzeit auf dieser Strecke endlich zu reduzieren. Die beiden Regierungen fordern, dass auch während des Baus von Stuttgart 21 der Unterbruch des Betriebs auf ein Minimum zu beschränken ist, um eine Abwanderung von Fahrgästen auf andere Verkehrsmittel zu verhindern. Der Kanton Schaffhausen begrüsst den Einsatz von Neigetechnik-Zügen, falls mit einem Ausbau für konventionelle Züge das erforderliche Kosten/Nutzen-Verhältnis nicht erreichbar ist.

Im Weiteren sind sich die beiden Regierungen einig, dass der Gestaltung und Bestellung des öffentlichen Nahverkehrs im Raum Erzingen - Schaffhausen - Singen die nötige Beachtung zu schenken ist. Die Bevölkerung im Kanton Schaffhausen erwartet einen zuverlässigen, pünktlichen und qualitativ hochstehenden ÖV. Beide Seiten betonen, dass die konsequente Durchsetzung der vertraglichen Vereinbarungen bei der DB Regio zu einer Verbesserung der aktuell nicht immer befriedigenden Situation führen kann.

Verkehrssituation Grenzübergang Bietingen - Thayngen

Sowohl für Baden-Württemberg als auch für Schaffhausen sind eine effiziente Abwicklung des Verkehrs und der Zollprozesse von grosser wirtschaftlicher Bedeutung. Aufgrund der Verkehrszunahme ist die Verkehrssituation am Grenzübergang Bietingen - Thayngen, dem zweitwichtigsten Zollübergang zwischen Deutschland und der Schweiz, aktuell insbesondere beim Warenverkehr nicht optimal. Für beide Regierungen ist klar, dass kurzfristig polizeiliche und verkehrsregelnde Massnahmen nötig sind und längerfristig bauliche Verbesserungen unumgänglich sind.

Informationsaustausch zu grenzüberschreitenden Themen

Schliesslich wurden bezüglich geologische (Atom-)Tiefenlager die aktuellen Haltungen dargelegt. Bezüglich der meisten Punkte sind sich die beiden Regierungen einig. Der Kanton Schaffhausen steht dem Sachplanverfahren sehr kritisch gegenüber, trägt jedoch den aktuellen Konsens betreffend Partizipationsmöglichkeiten mit. "Da alle drei vertieft zu untersuchenden Standortgebiete in unmittelbarer Grenznähe zu Baden-Württemberg liegen, gibt es vor Ort in Baden-Württemberg erhebliche Sorgen und Bedenken. Wir brauchen hier eine gleichberechtigte Partizipation auch für die deutsche Seite, die sich nach der Betroffenheit richtet", so Ministerpräsident Kretschmann. Entsprechend unterstützt Schaffhausen grundsätzlich die Forderung Baden-Württembergs nach zusätzlichen Sitzen in den Regionalkonferenzen. "Der Kanton Schaffhausen erachtet aber die aktive und fachlich kompetente Vertretung in den wichtigen Gremien der Etappe 3 der Standortsuche als wichtiger als eine mathematische Aufteilung der Sitze in der Vollversammlung", sagte der Schaffhauser Regierungspräsident.

Vorstellung autonomer Bus "Trapizio"

Nach dem Arbeitsgespräch liessen sich die beiden Delegationen das Pilotprojekt des Swiss Transit Lab "Die Linie 12 der Verkehrsbetriebe Schaffhausen: Trapizio - der selbstfahrende Bus" vorstellen. Bei diesem Versuch integrieren die Verkehrsbetriebe Schaffhausen (VBSH) das Fahrzeug in ihr Leitsystem, welches die Koordination mit den regulären Linienbussen an den Haltestellen sicherstellt. Beide Seiten zeigten sich beeindruckt vom innovativen Projekt: "Autonomes Fahren, noch dazu emissionsfrei und vernetzt, hat das Potenzial, unser Mobilitätsverständnis grundlegend zu verändern", so Ministerpräsident Kretschmann. Dies bestätigte Regierungspräsident Amsler: "Um das Swiss Transit Lab herum soll sich Schaffhausen als Kompetenzzentrum für Mobilitätslösungen der Zukunft entwickeln."

Kritik von deutscher Seite

Die SPD-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium Rita Schwarzelühr-Sutter zeigte sich angesichts der Faktenlage von den Aussagen insbesondere zur Hochrheinbahn sehr verwundert: „Zur Elektrifizierung der Hochrheinstrecke hat das Land Baden-Württemberg zwar bereits im März 2016 eine Finanzierungsvereinbarung mit den betroffenen Landkreisen und Schweizer Kantonen abgeschlossen. Aber auch zwei Jahre nach dieser schriftlichen Vereinbarung liegt dem zuständigen Bundesverkehrsministerium in Berlin noch kein Antrag der grün-schwarzen Landesregierung zur Finanzierung der Hochrheinbahn vor.“ Schwarzelühr-Sutter weist darauf hin, dass die auf 160 Millionen veranschlagten Gesamtkosten laut dieser Vereinbarung zu 60 Prozent im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsprogramms vom deutschen Bund finanziert werden sollen. Voraussetzung hierfür sei allerdings ein entsprechender Antrag der grün-schwarzen Landesregierung beim Bund. „Eine gute Nachbarschaft lebt immer davon, dass man ehrlich zu seinem Wort steht. Vom diplomatisch versierten Ministerpräsidenten Kretschmann erwarte ich, dass er diesen Grundsatz beherzigt“, macht die Waldshuter SPD-Abgeordnete deutlich.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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