Drittes Rathauskonzert als Sternstunde des Cembalo
Rasend hinauf, virtiuos wieder hinunter auf der Tastatur

Rathauskonzert | Foto: Aleksandra Grychtolik spielt ein Cembalo, gebaut nach Vorbildern aus der Barockzeit. Ihr Ehemann Alexander sitzt ihr mit einem fast baugleichen Cembalo gegenüber. swb-Bild: ri
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Diessenhofen. Am Sonntagabend spielten in Diessenhofen das Ehepaar Aleksandra und Alexander Grychtolik auf zwei Cembalos Werke von Bach, Pasquini und eigene Kompositionen. Zu diesem dritten und damit letzten Rathauskonzert des Jahres kamen vermutlich wegen der akutellen Corona-Panik weniger Zuhöret als erwartet.

Normalerweise kommen etwa dreimal mehr Leute an diesen beliebten Anlass. Wahrscheinlich hielt die Angst vor Ansteckung einige Leute von einem Besuch ab.

Die Musiker hatten ihre Instrumente spiegelbildlich aufgestellt, die Klangkörper nah beieinander. Es waren zweimanualige Cembalos, gebaut nach Vorbildern aus der Barockzeit. Sie sehen aus wie schmale Konzertflügel, jedoch mit zwei übereinander und leicht versetzt angebrachten Manualen, ähnlich den Klaviaturen einer Orgel.

Sie spielten Kompositionen des 17. und 18. Jahrhunderts, Werke von Bertoli, Pasquini, Johann Christian Bach und Carl Philipp Emanuel Bach. Das Musikerpaar öffnete den Zuhörern einen neuen Zugang zur Barockmusik. Sie fügten freie Improvisationen ein oder spielten die Kompositionen nach ihrer persönlichen Interpretation. Damit folgten Sie dem Beispiel einiger Barock-Komponisten. Diese gaben damals durch ihr Spiel aus dem Stegreif den eigenen Werken ein neues Gesicht. Heute glauben die meisten Interpreten klassischer Musik an die Unantastbarkeit der alten Werke und halten sich streng an die Noten.

Improvisationen kennt man fast nur noch beim Jazz. Umso spannender war die Darbietung des Musikerpaares, das der alten Musik seinen persönlichen Stempel aufdrückte. Alexander Grychtolik kommentierte die einzelnen Stücke. "Andere würden diese Sonate ganz anders spielen" sagte er zur Sonate in d-Moll von Pasquini. Das Programm schloss mit Barocken Improvisationen. "Ich weiss noch nicht genau, was das jetzt wird" kommentierte Alexander Grychtolik. Er spielte ohne Noten und ohne erkennbare Anlehnung an Kompositionen. Dann improvisierten beide abwechselnd. Mit fulminanter Technik liessen sie ihre Finger über die Tasten fliegen. Die Töne rasten aufwärts, als wollten sie sich gegenseitig überholen, um dann in schnellen Kaskaden wieder herabzusteigen. Es war eine eindrückliche Demonstration von Virtuosität.

Der Konzertabend war beste Werbung für das Cembalo. Ein so ausdrucksvolles Spiel, wie es am Sonntag bei den Grychtoliks zu hören war, braucht ein sehr grosses Können.

Tradition und gleichzeitig Vielfalt

Seit 28 Jahren lädt das Geigenbauer-Paar Michèle und Martin Kuhn zur Rathauskonzert-Reihe ein. Die Anlässe finden an drei Sonntagabenden im barocken Rathaussaal statt, jeweils von Januar bis März. Dank dem Patronat des Stadtrates ist der Eintritt frei. Familie Kuhn gelang es, das Niveau der Konzerte hoch zu halten. Sie ist mit vielen international erfolgreichen Berufsmusikern befreundet, die sie dann nach Diessenhofen einlädt, hier betreut und oft auch privat beherbergt. Zu hören ist Kammermusik. Jedes Konzert bietet Einblick in einen anderen Stil und es kommen unterschiedliche Instrumente zum Einsatz. Es kamen Künstler mit Streich- und Blasinstrumenten, Harfe, Zither oder Tasteninstrumenten. Martin Kuhn zog Bilanz. "Ausser heute war der Saal bei jedem Konzert gut besetzt. Wir sind sehr zufrieden" sagte er und versprach, dass es weiter geht. "Die Vorbereitungen für das nächste Jahr laufen bereits" erklärte er.

Autor:

Oliver Fiedler aus Gottmadingen

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