Betriebszahl sinkt - und die Kosten steigen
Reichenau-Gemüse schafft starkes Umsatzplus durch immer mehr »Bio«
Reichenau. Die Reichenauer Gemüsegärtner waren auch im zweiten Jahr der Corona-Pandemie mit den daraus entstandenen Herausforderungen konfrontiert, wie Hannes Bliestle als Geschäftsführer der Genossenschaft mit den Zahl der Bilanz informierte. Hygienemaßnahmen im Betrieb und hinsichtlich der Einreise von Saisonarbeitskräften aus dem Ausland waren bereits standardisiert. Mit einer deutlich höheren Testfrequenz in den Betrieben aufgrund der neuen Virusvarianten stiegen jedoch Personal- und Produktionskosten erneut. Und die Energiepreise kletterten schon letztes Jahr markant in die Höhe.
Bedingt durch die Witterung, besonders im Frühjahr, das im Jahr 2021 außergewöhnlich kalt und auch eher dunkel und nass war, verzögerte sich die Wachstumsentwicklung der Pflanzen um bis zu zwei Wochen, so der Bericht der Genossenschaft. Mengeneinbußen aufgrund der kühlen und regnerischen Witterung seien für die Reichenauer Gärtner jedoch nicht gravierend gewesen, da ein Großteil der Ware im geschützten Anbau unter Glas kultiviert wird und so die gewohnte Liefersicherheit gewährleistet werden konnte.
Genossenschaft im Strukturwandel
Der Strukturwandel zeigt sich auch bei der Genossenschaft der Reichenauer Gemüsegärtner immer deutlicher: Im Jahr 2021 haben mehrere Mitglieder altersbedingt ihren Betrieb aufgegeben, auch weil sich innerhalb der Familie kein Nachfolger gefunden hat. Die Anbauflächen werden von anderen investitionswilligen Betrieben übernommen, die Anzahl der aktiven Mitglieder senkt sich dadurch auf aktuell 50 Betriebe.
Neue »tropische« Produkte im Sortiment
Trotz schwieriger Rahmenbedingungen haben die Reichenauer Gemüsegärtner im Jahr 2021 auch auf neue Produkte gesetzt. Gehört die Aubergine schon viele Jahre zum Standardsortiment, so kam nun die dünnere und längere Japan-Aubergine dazu. Auch mit der wunderschönen Graffiti-Aubergine wurden erste Erfahrungen im Anbau auf der Reichenau gesammelt. Mit Zitronengras von der Insel konnte das exotische Bio-Sortiment um frischen Ingwer und Topinambur erweitert werden. Der Verbraucher konnte sich besonders über die neuen Fingergurken freuen, die sein Bedürfnis nach einem gesunden und verzehrfertigen Snack stillen. so Johannes Bliestle.
Erstes Produktionsjahr im Bio-Gewächshaus Beuren
Nach Abschluss der Bauarbeiten konnte Anfang 2021 die Produktion im Bio-Gewächshaus der Gärtnersiedlung Singen/Beuren aufgenommen werden. Auf 4 Hektaren wurde Fruchtgemüse in Bioland-Qualität angebaut, das vorrangig im Biofachhandel für den Verbraucher erhältlich ist. Damit stieg der Anteil der Bio-Ware im Vergleich zum Vorjahr von 4 Millionen Kilogramm, auf über 5 Millionen Kilogramm. Die Biomarktkette "Alnatura" konnte hier im April letzten Jahres als weiterer »Ankerkunde« gewonnen werden.
Bio-Gemüse tut der Reichenau-Gemüse gut
Der Produktionsstart im neuen Bio-Gewächshaus im Hegau zeigte sich auch im Umsatz: Lag dieser im Vorjahr bei 36,08 Millionen Euro, so kann die Genossenschaft für das Jahr 2021 einen Umsatzanstieg um 14,63 Prozent auf 41,4 Millionen Euro verzeichnen. Somit liegt der Anteil der Bio-Ware am Gesamtumsatz in 2021 inzwischen schon bei knapp 50 Prozent.
Neben einer erfolgreichen Marketingkampagne für das Reichenauer Bio-Gemüse ist der Erfolg der regionalen Bio-Erzeugnisse wohl vor allem im Ernährungsbewusstsein der Verbraucher begründet, freut sich Johannes Bliestle mit den GenossInnen: »Angefacht durch die Pandemie, aber auch die Klimathematik legen die Menschen verstärkt Wert auf eine gesunde Ernährung mit frischen Produkten aus der Region.«
Ausblick vor dem Hintergrund der Zeitenwende
Bereits Ende 2021 waren Teuerungen auf dem Energiemarkt, dem Verpackungs- und Rohstoffmarkt, sowie im Bereich Logistik auch für die Gemüsebauern spürbar. Durch den Ukraine-Krieg werde der Gemüseanbau auf der Reichenau nun vor Herausforderungen mit enorm hoher Tragweite gestellt, so die Prognose. Preisentwicklungen bei Düngemitteln, aber auch gestörte Lieferketten und darüber hinaus, zunehmend hohe Transportkosten stellten nur einen Teil dieser Herausforderungen dar und brächten einzelne Betriebe an den Rand des Verkraftbaren.
Die genossenschaftliche Vermarktung werde sich jedoch auch in Krisenzeiten bewähren und dazu beitragen, dass die Menschen im süddeutschen Raum auch weiterhin zuverlässig mit frischem Gemüse von der Reichenau versorgt werden können, ist sich Hannes Bliestle sicher.
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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