HSG Spielt 37:37 gegen die "Eulen" Ludwigshafen
Starke Reaktion und Stich ins Herz nach Ablauf der Spielzeit
Konstanz. 55 Minuten lang war die HSG Konstanz im Vergleich zum Spiel in Dresden nicht wiederzuerkennen, spielte schnell, ideenreich, mit ganz viel Leidenschaft und Einsatz – und führte damit gegen den Favoriten Eulen Ludwigshafen mit bis zu sechs Toren. Doch wieder fehlte in den letzten fünf Minuten die Cleverness nach der 35:31-Führung. Nach Ablauf der Spielzeit retteten die nie aufsteckenden Eulen dank eines umstrittenen Siebenmeters und vieler Fehler der HSG noch einen Punkt (37:37) – dem zweiten Ausgleich für die Gäste in dieser Partie überhaupt. Am Sonntag geht es für die HSG in Lübeck weiter.
Entschlossenheit und Wucht der HSG
Von der „schlechtesten Halbzeit der Saison“, so hatte Jörg Lützelberger den Auftritt in Dresden bezeichnet, war drei Tage später gegen die Eulen Ludwigshafen nichts zu sehen. Von Beginn an ging die HSG Konstant resolut und mit ganz viel Leidenschaft und Einsatz in der Deckung zur Sache. Hatte in Moritz Ebert einen erneut starken Rückhalt im Tor, der sich mit 16 Paraden auszeichnen konnte. Und trat vorne trotz des bitteren Rückschlags an der Elbe auch im Angriff mit viel Mut, Überzeugung und dem so sehr vermissten Tempo auf. Diese Entschlossenheit und Wucht bekamen die Gäste direkt in den ersten Minuten zu spüren, als Konstanz früh auf 3:0 stellte. „Die HSG hat uns überrannt ohne Ende“, sagte später Gästecoach Michel Abt. „Ich bin froh, dass das in der zweiten Hälfte etwas weniger wurde, sodass wir überhaupt erst einmal ins Verteidigen kommen konnten. Was wir mitnehmen, ist eine unfassbare Moral der Jungs.“
„Reaktion, die wir uns vorgenommen haben“
Zunächst aber dominierten weiter die Konstanzer um ihren bärenstarken Linksaußen Samuel Wendel, der mit einer beeindruckenden Selbstverständlichkeit jeden seiner sieben Würfe im Tor versenkte. Auch die Eulen hatten ihren stärksten Akteur auf Linksaußen. Lion Zacharias, kommende Saison Profi in der 1. Bundesliga bei den Rhein-Neckar Löwen, traf ebenso traumwandlerisch sicher – am Ende sogar satte zwölfmal. Nach den ersten 30 Minuten führte allerdings die HSG Konstanz mit 19:14. Eine tolle Leistung, die Lützelberger gerade nach dem letzten Auftritt umso mehr hervorhob. „Wir machen ein wirklich gutes Spiel und zeigen die Reaktion, die wir uns vorgenommen haben“, lobte der 37-Jährige. „Die Jungs zeigen ganz viel Energie nach der Aufwärtsfahrt nach Dresden. Davor habe ich einen riesigen Respekt und bin stolz auf die Mannschaft.“
Leichte Fehler kosten Vorsprung
Denn auch nach dem Seitenwechsel hatten die Gelb-Blauen ein Schwergewicht, das die Eulen Ludwigshafen sind, hervorragend im Griff. In der 38. Spielminute erhöhte David Knezevic auf 25:19, Niklas Ingenaß traf zum 27:21 (41.). Die Konstanzer schienen auf jedes Tor der Gäste direkt die passende Antwort zu haben. Auch als die Rheinland-Pfälzer drückten und versuchten, über shcnelle Tore und ihre straken Rückraumspieler den Anschluss herstellten. Doch selbst das 29:27 eine Viertelstunde vor Schluss steckten die Konstanzer weg. Legten stets mit vier Toren vor – bis zum 35:31 rund fünf Minuten vor Schluss. Eulen-Trainer Michel Abt ging nun volles Risiko und setzte auf eine immer offensiver werdende Deckung. Konstanz fehlte in dieser Phase einmal mehr die Cleverness, verfiel in Hektik, produzierte leichte Fehler, vergab freistehend gegen den immer besser ins Spiel kommenden Youngster Mats Gruppe im Tor der Eulen und brachte die immer weiterkämpfenden Gäste wieder selbst ins Spiel zurück. Schließlich musste die HSG die Partie nach der Zeitstrafe für Niklas Ingenpaß rund zwei Minuten vor Abpfiff mit einem Mann weniger beenden.
Siebenmeter nach Ablauf der Spielzeit kostet einen Punkt
Jannek Klein läutete das Drama mit seinem Anschlusstreffer zum 36:35 eineinhalb Minuten vor Schluss in das leere HSG-Tor ein. Erst traf Michel Stotz in Unterzahl zur vermeintlichen Erlösung und ließ die Schänzle-Hölle, die schon längst wieder komplett stehend hinter ihrer Mannschaft stand, toben. 50 Sekunden vor Schluss schien der dritte Heimsieg in Serie sicher. Wenige Sekunden vor Schluss wechselte der Ballbesitz nach einem Zeitspiel-Pfiff der beiden Unparteiischen, der schnelle Pass kam zu Sergej Gorpishin an den Kreis. Der konnte den Ball nicht fangen, wude aber von Sebastian Hutecek behindert. Für die Schiedsrichter ein Siebenmeter – der allerdings heftig diskutiert wurde. Lion Zacharias war’s egal, traf anschließend sicher und versetzte den Konstanzern einen üblen Stichs ins HSG-Herz. „In den letzten fünf Minuten bringen wir uns um den kompletten Lohn und den zweiten Punkt“, sagte Lützelberger. Dabei war ihm der Schmerz dieses erneuten Nadelstichs nach Ablauf der Spielzeit, ähnlich wie schon im Hinspiel beim 30:30-Remis, deutlich anzumerken. „Das tut natürlich weh. Den Fans, den Jungs und mir“, sprach er offen aus, was nicht zu übersehen war. „Wahrscheinlich“, fuhr der EHF-Mastercoach fort, „wird es heute auch noch keiner schaffen, sich über den Punkt zu freuen. Aber in der Bilanz haben wir zwei von möglichen vier Punkten gegen Ludwigshafen geholt und waren eigentlich in der besseren Position vier zu holen als weniger. Es tut weh und fühlt sich nicht richtig an. Ich weiß aber, dass wir wieder aufstehen werden.“
Abstand auf rettendes Ufer auf zwei Punkte verkürzt
Am Ende gab es viel Lob und gute Wünsche von Abt, der den Konstanzer Weg seit mindestens zehn Jahren verfolgt und sich „maximal freuen“ würde, wenn „wir nächste Saison hier wieder zu Gast sein könnten mit den Eulen Ludwighafen.“ So schwer die Freude über den vor Anpfiff sicher von vielen schon als Erfolg bewerteten Punkt im ersten Moment, so ärgerlich und unnötig die teils leichtsinnigen Fehler und die fehlende Cleverness am Ende war, so sehr spricht die Reaktion der Mannschaft für ihren Charakter, ihre Einstellung und ihren Willen unbedingt in der stärksten zweiten Liga der Welt bleiben zu wollen. Dass sie dazu das Potenzial besitzt, hat sie 55 Minuten unter Beweis gestellt. Eine weitere positive Nachricht mit Blick auf die Tabelle: Durch den Punktgewinn konnte die HSG den Rückstand auf das rettende Ufer auf zwei Zähler verkürzen.
Nächstes Heimspiel am 31. März
Die Belastung bleibt weiter hoch. Schon am Samstag reist die HSG knapp 1.000 Kilometer an die Ostsee. Am Sonntag steht dort beim VfL Lübeck-Schwartau das nächste wichtige Spiel auf dem Programm. Am Freitag, 31. März, wird dann der TV Hüttenberg in der Konstanzer Schänzle-Hölle zu Gast sein. Tickets sind im Vorverkauf zwei Euro vergünstigt unter www.hsgkonstanz.de/tickets erhältlich.
Autor:Andreas Joas aus Konstanz |
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