HSG Konstanz unterliegt Coburg
„Gerade nicht die einfachste Phase“
Konstanz. Der BGV-Spieltag bot einiges: Vollbesetzte Ränge in der mit über 1400 Fans gefüllten Schänzle-Hölle, tolle Atmosphäre und ein rundum gelungenes Event mit buntem Rahmenprogramm im Foyer. Auf dem Spielfeld hingegen bestimmte der HSC 2000 Coburg spätestens nach wenigen Minuten in der zweiten Hälfte das Geschehen klar und besiegte die HSG Konstanz trotz fantastischer Unterstützung von den Rängen deutlich mit 35:27 (17:13).
Emotionaler Empfang für Rückkehrer Joschua Braun
So richtig kochte die Schänzle-Hölle bereits vor dem Spiel. Als Hallensprecher Andi Löbe den Namen Joschua Braun voller Inbrunst bei der Teamvorstellung ausrief, tobten die 1400 Fans und hießen ihren Linkshänder nach einem halben Jahr Auslandssemester in Australien frenetisch willkommen zurück am Bodensee. „Die Begrüßung war wirklich der Wahnsinn. Es hat mich sehr, sehr gefreut, dass ich so willkommen geheißen wurde“, sagte der später. Er selbst war einer der wenigen Lichtblicke an diesem Abend, der so verheißungsvoll für die Gelb-Blauen begonnen hatte. Es war alles angerichtet und der Rückhalt von den Rängen von Beginn an bemerkenswert.
Als Lars Michelberger den Ball zum 1:0 in die Maschen donnerte, stand die Halle sofort. Doch die kalte Dusche folgte prompt. Coburg verteidigte gut und Konstanz tat sich im Angriff extrem schwer, gegen die massive 6:0-Deckung Lücken aufzutun. So sollte dies die letzte Führung für die Gastgeber gewesen sein. Coburg spielte nicht einmal fehlerlos, hatte ebenfalls einige technische Fehler zu beklagen, wirkte aber insgesamt reifer, ruhiger und abgeklärter. In Zahlen machte sich dies vor allem durch eine enorm hohe Effektivität bemerkbar. Im ersten Durchgang konnten die Oberfranken 81 Prozent ihrer Abschlüsse erfolgreich im Kasten der HSG versenken.
Kapitän Michel Stotz fehlt im Innenblock
Trotz des deutlich sichtbaren Fehlens von Kapitän Michel Stotz gerade im Innenblock kämpfte sich die HSG Konstanz immer wieder zurück. Gregor Thomann traf spektakulär aus dem Nullwinkel zum 3:4 und 5:6, ehe Joschua Braun vier Minuten vor der Pause den neuerlichen Anschluss zum 12:13 herstellen konnte. Sieben Würfe sollten es am Ende für den Rückraumspieler sein, siebenmal landete der Ball im Tor. „Wir spielen eine ordentliche erste Hälfte und sind dran. Das hätten wir so in die Halbzeit bringen können“, ärgerte der 24-Jährige sich. Es war auf jeden Fall mehr drin für seine Farben, die mit dem zweiten Lichtblick an diesem Abend, Spielmacher Christos Erifopoulos, der richtig Dampf machte und mit seinem Tempo und Spielwitz die Lücken im Coburger Abwehrriegel fand, gut im Spiel waren.
Der siebte Feldspieler hatte ebenfalls dazu beigetragen, dass Konstanz selbstbewusster und entschlossener auftrat. Die letzten Minuten vor der Pause verliefen allerdings denkbar unglücklich aus Sicht der Gelb-Blauen. Pech hatte Gregor Thomann, dem mit einem tollen Wurf Zentimeter zum 13:13-Ausgleich fehlten. Stattdessen prallte der Ball vom Pfosten direkt zu Jan Schäffer, der ins leere Tor werfen konnte. Wenig später wuchtete Schäffer Niklas Ingenpaß in den Kreis und den Ball zum 12:15 ins Tor. Richtig bitter wurde es Sekunden vor der Halbzeit, als der Angriff der HSG von den beiden WM-Schiedsrichterinnen Tanja Kuttler und Maike Merz zurückgepfiffen wurde und Florian Billek mit der Pausensirene in das leere HSG-Tor die Führung zum 17:13 ausbaute.
Durstrecke zu Beginn der zweiten Hälfte
„Wir haben es nicht geschafft, eine Thermik reinzubringen, die unsere Jungs so beflügelt, dass sie über sich hinauswachsen“, meinte Jörg Lützelberger. Der Head Coach der HSG konnte sich direkt nach dem Seitenwechsel zwar über den Treffer zum 14:17 wieder durch Rückkehrer Braun sowie das gelungene Zweitliga-Debüt von Kreisläufer Jens Koester aus der U23 freuen, danach ging seine Mannschaft jedoch durch eine Durststrecke, die Coburg mit dem Treffer von Fynn Herzig zum 14:22 schon zu einer Art Vorentscheidung nutzen konnte (39.).
Bemerkenswert war die Reaktion der Zuschauer, die „bis zuletzt bei jedem Torerfolg mitgegangen sind“, so Lützelberger. „Coburg ist vielleicht auch ein Gegner, der uns nicht wirklich liegt. Wir waren heute zu weit vom Optimum entfernt. Wir müssen uns freimachen von Gedanken an den Spielstand“, bilanzierte der 37-Jährige und wünschte sich, dass „wir frei spielen. Dann gehen viel mehr Bälle rein, vom Pfosten ins Tor und nicht wieder raus. Da liegt im Sport oft gar nicht so viel zwischen Erfolg und Misserfolg. Schon gar nicht in dieser krassen Liga und diesem Haifischbecken.“
Coburg löste die Aufgabe in der zweiten Hälfte hochkonzentriert, beging nur noch zwei technische Fehler und war so früh auf der Siegerstraße. Zehn Minuten vor Schluss erhöhte Billek gar auf 30:20 für den ambitionierten Ex-Erstligisten. Konstanz kämpfte und konnte in der letzten Viertelstunde noch einmal etwas verkürzen – mehr war aber nicht drin. „Für uns ist das gerade nicht die einfachste Phase“, sprach Lützelberger die Verletzung von Michel Stotz an, dessen Physis in der Deckung schmerzlich vermisst worden war. „Trotzdem schaffen wir es einen Zugang zum Spiel zu bekommen und sind Mitte der ersten Hälfte voll drin.“
Der dritte große Lichtblick an diesem Tag: Die wieder einmal trotz deutlicher Niederlage stehenden Ovationen nach Spielende und der immense Rückhalt von den HSG-Fans, die wissen, dass die zweitjüngste Mannschaft der Liga gegen die erfahrene, bärenstarke Konkurrenz in der stärksten zweiten Liga der Welt vor einer schweren Rückrunde steht, in der sie jede Unterstützung benötigt.
Autor:Andreas Joas aus Konstanz |
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