Hart umkämpftes 32:30 vor 800 Fans gefeiert / Weiter ungeschlagen
"Boygroup" macht das Spiel gegen Willstätt erst auf der Zielgeraden klar
Konstanz. Die Serie des nach wie vor verlustpunktfreien Drittliga-Spitzenreiters HSG Konstanz war im Südbaden-Duell gegen den TV Willstätt bis in die Schlusssekunden in großer Gefahr. Torwart Maximilian Wolf wurde jedoch mit spektakulären Paraden zum Matchwinner und hielt den 32:30 (20:17)-Erfolg gegen den Favoritenschreck, der schon Pfullingen und Fürstenfeldbruck bezwungen hatte, fest und feierte mit mehr als 800 enthusiastischen HSG-Fans im kochenden Hexenkessel Schänzle-Hölle den 17. Sieg im 17. Spiel und nun 34:0 Punkte.
Matchwinner Maximilian Wolf im „Kampfspiel“
Der TV Willstätt mit starker Vorstellung am Limit, die HSG in zu vielen Abschlüssen zu fahrig und beileibe nicht so fehlerfrei wie zuvor bescherten den zahlreich gekommenen Zuschauern einen echten Krimi. Trotz aller Unzulänglichkeiten an diesem Abend und einer schwächeren Leistung als bisher gezeigt schien Konstanz auf dem Weg zum Erfolg.
Als der Franzose Regis Matzinger den TV Willstätt nach 43 Minuten jedoch das erste Mal in Führung brachte, wankte der Tabellenführer. Yannick Ludwig war nach einem mittig auf den toll aufgelegten Gästeschlussmann Maxime Duchene geworfenen Ball vom ebenfalls toll spielenden Ex-Konstanzer Felix Krüger in den Tempogegenstoß geschickt worden. Doch da stand er, der Keeper der HSG Konstanz. Quer in der Luft, das linke Bein ganz weit ausgefahren. Maximilian Wolf verhinderte beim Stand von 29:29 etwas mehr als vier Minuten vor dem Abpfiff den Einschlag in seinem Kasten auf spektakuläre Art und Weise.
Selten stand die HSG in dieser Saison zuvor in solch einer brenzligen Situation. Der in Sachen Erfahrung und absolvierte Partien der Spieler deutlich im Vorteil befindliche TVW präsentierte sich fast im ganzen Spiel über abgebrüht und abgezockt, bei den jungen Konstanzern, die sich trotz der vielen Erfolge in dieser Saison mit einer der jüngsten Mannschaften der 3. Liga nach wie vor im Entwicklungs- und Reifeprozess befinden, waren hingegen immer wieder Konzentrationsschwächen oder etwas Nervosität zu sehen. So auch im nächsten Angriff. Durch einen technischen Fehler konnte Regis Matzinger schon wieder ganz alleine per Tempogenstoß vor Maximilian Wolf aufkreuzen – aber wieder flog Wolf herausragend durch den Strafraum und wehrte erneut sehenswert ab. Pech: Der Abpraller landete direkt vor den Füßen von Yannick Ludwig und der nutzte die Gelegenheit zur 30:29-Führung. Der in diesem Moment mitleidende und leidenschaftlich mitgehende HSG-Coach Jörg Lützelberger meinte: „Das war heute ein Kampfspiel, in dem nicht so viel Technik und Taktik eine Rolle gespielt hat, sondern in dem es darum ging, die Nerven in den Griff zu bekommen, alles reinzuhauen und dem Nebenmann zu helfen – und zu kämpfen. Das hat die Mannschaft gemacht.“
800 Zuschauer im Hexenkessel Schänzle-Hölle
Drei Minuten vor Schluss hielt es keinen mehr auf den Sitzen. Der Start für eine dramatische und hochspanende Schlussphase. Einer der wenigen erfahrenen Recken im Team der Gelb-Blauen übernahm dann die Verantwortung: Kapitän Tim Bornhauser tankte sich mit allem, was er hatte durch das sehr stabil und defensiv agierende Abwehr-Bollwerk der Ortenauer durch: 30:30. Im nächsten Angriff spielten die Gäste wieder Matzinger auf Rechtsaußen an. Wieder hieß der Sieger Maximilian Wolf, die HSG machte das Spiel schnell und drehte durch Samuel Wendel die Partie. 31:30, 81 Sekunden vor der Sirene. Jetzt kochten die Schänzle-Hölle und die Emotionen über. Willstätt versuchte sich mit dem siebten Feldspieler, doch Teufelskerl Wolf kochte auch Felix Krüger ab. So konnte der 20-Jährige David Knezevic das 32:30 markieren und nach hartem Kampf den 17. Erfolg der HSG in Serie eintüten.
Aus „Päckchen der Siegesserie“ befreien
Das Positive für die Konstanzer mag die Gewissheit sein, dass sich die junge Mannschaft in einem echten Stresstest, in einem sehr engen Duell, erfolgreich gewehrt und schließlich, als alles auf Messers Schneide stand, kühlen Kopf bewahrte. Daneben bleibt, dass man auch an einem schwächeren Tag, an dem vieles nicht so gelang wie in den Wochen zuvor, dennoch gegen einen guten Gegner erfolgreich sein kann. Verlassen sollte man sich darauf jedoch nicht. Denn auf der anderen Seite der Medaille steht viel Arbeit vor der Mannschaft von Jörg Lützelberger, die nun in ein intensives Trainingsprogramm bis zur nächsten Begegnung am 12. Februar in Günzburg geht.
„Es gab schon die Momente“, erklärte Lützelberger, „in denen ich die Wahrnehmung hatte: Männermannschaft gegen Boygroup. Die Boygroup hat dann in den letzten fünf Minuten jedoch die Tore gemacht, die Willstätt nicht gemacht hat.“ Der 36-Jährige trug die Freude darüber im Gesicht, dass Willstätt „nicht an Max vorbeigekommen ist und wir haben vorne die entscheidenden Würfe gesetzt. Tim war hier einmal mehr der Leader und Ruhepol, auf den wir uns verlassen konnten. Dazu Max mit purer Leidenschaft und Willen im Tor. Vielleicht sind solche Momente wie wir sie in der Endphase hatten, genau die, in denen Max Spaß hat, er selbst ist und sein beste Leistung abrufen kann.“
Nach der Erfolgsserie meinte der ehemalige Bundesligaprofi zudem, man sehe ein klein wenig das „Päckchen, das die Jungs durch die Siegesserie tragen und der Ball nicht so flüssig läuft wie in den ersten Saisonspielen, als wir nicht stets immer so klar favorisiert waren. Für uns geht es darum, uns hier zu befreien und weiter flüssig Handball zu spielen. Dieses Spiel ist eine sehr gute Lehre für uns.“ Mit mehr Kompaktheit in der Abwehr und dem klaren Plan, immer wieder auf den Durchbruch und die klare Chance zu gehen, gab es schließlich doch noch das Happy End.
Lützelberger: „Wir wollen unbedingt in die Aufstiegsrunde. Es muss uns klar sein, dass wir noch schwere Aufgaben vor uns haben und die Gegner gegen uns gut spielen werden. Wir sehen das mit Selbstbewusstsein, allerdings nicht so selbstverständlich wie Handball-Deutschland.“
- Andreas Joas
Autor:Redaktion aus Singen |
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