In Thüringen wurde die Landtagswahl verschoben, Baden-Württemberg bleibt beim geplanten Termin im März
»Zu spät um die Wahl noch zu verschieben«

Hans-Peter Storz | Foto: Hans-Peter Storz, der im Wahlkreis Singen für die SPD in den Landtag einziehen will, muss seine Wahlkampfveranstaltungen als Online-Konferenz veranstalten. swb-Bild: screenshot/ of
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Landkreis Konstanz/ Stuttgart. Am Dienstag wurde der Lockdown erneut verlängert. Nun müssen Geschäfte, Schulen, Kitas wie die Gastronomie bis mindestens zum 14. Februar, geschlossen bleiben. Auch Sportvereine und Fitnesscenter bleiben ebenso wie die Bühnen verwaist. Ob es dann noch eine Verlängerung gibt, ist unklar, aber einen Monat später soll in Baden-Württemberg ein neuer Landtag gewählt werden.

Am Wahltermin hält die Politik in Stuttgart eisern fest, auch wenn in Thürigen am Freitag der auf April angesetzte Wahltermin nun auf den Bundestagswahltermin verschoben wurde, weil man unter den aktuellen Bedingungen keinen wirklichen Wahlkampf führen könne. Landesinnenminister Thomas Strobl lehnte am Freitag eine Verschiebung klar ab: Die Demokratie sei auch in der Pandemie voll handlungs- und entscheidungsfähig, wurde er im SWR zitiert. Sicherlich werde bei der Landtagswahl die Briefwahl sehr viel stärker genutzt werden. Doch genau dafür haben man ja auch die Möglichkeit zur Briefwahl. Auch die Landtagsfraktionen gingen am letzten Wochenende in Klausur, um die Wahlprogramme fertig zu feilen.

Wochenblatt: Würden Sie sich für Baden-Württemberg auch eine Verschiebung wünschen?
Hans-Peter Storz (Wahlkreis Singen-Stockach/ SPD): Wenn die Amtszeit des Landtags endet, werden Wahltermine nach den Regeln der Landesverfassung festgelegt. Auf Wünsche der Kandidierenden kommt es dabei nicht an. Im letzten Jahr haben OB-Wahlen gezeigt, dass eine demokratische Wahl auch unter den Beschränkungen des Corona-Schutzes möglich ist. In manchen Städten wurden allen Wählern die Briefwahl-Unterlagen zugestellt. Bei der Landtagswahl wird es das nicht geben, weil es die CDU nicht wollte. Das ist schade.
Dorothea Wehinger (Wahlkreis Singen-Stockach/ Grüne): Nein, eine Verschiebung kommt nicht infrage. Dazu sind wir schon zu sehr im Wahlkampfmodus.
Levin Eisenmann (Wahlkreis Konstanz-Radolfzell/ CDU): Ich würde eine Verschiebung der Landtagswahl in Baden-Württemberg nicht befürworten. Auch dank Briefwahl sind die Wahlen gut und ordentlich durchführbar. Auch sind die Voraussetzungen ja andere: Bei uns in Baden-Württemberg läuft die 5-jährige Legislaturperiode ab – in Thüringen soll der Landtag aufgelöst und Neuwahlen ausgerufen werden.
Jürgen Keck (Wahlkreis Konstanz-Radolfzell/ CDU): Eine Verschiebung der Landtagswahl in Baden-Württemberg hätte man wesentlich früher beschließen und kommunizieren müssen. Jetzt noch etwas am Wahltermin 14. März zu ändern, wäre aus organisatorischen Gründen gar nicht mehr machbar. Eine Umstellung auf Briefwahl wäre in meinen Augen eine tragbare Lösung gewesen.

Wochenblatt: Stellt der Wahlkampf in Pandemiezeiten eine besondere Herausforderung dar?
Levin Eisenmann: Der Landtagswahlkampf stellt eine große Herausforderung dar. Politik lebt von Begegnungen und Kontakten – in Corona-Zeiten ist dies vernünftigerweise nur eingeschränkt möglich. Aber es hilft kein Jammern: Wir haben mit digitalen Formaten, wie »Levins Lounge« und weiteren, einen Weg gefunden, unsere Inhalte zu transportieren. Schade ist es, weil die persönlichen Begegnungen einen Wahlkampf spannend machen – dieses Gefühl lässt sich in Videokonferenzen schlecht erzeugen.
Dorothea Wehinger: Wir haben uns schon gerüstet für einen Wahlkampf in der Pandemie, das heißt fast alles auf digitalem Weg. Falls die Inzidenzen es zulassen, können wir auch kurzfristig auf Präsenz umschwenken. Aber auch Werbung in unseren Zeitungen sind mit dabei und wichtig.
Jürgen Keck: Unter diesen Umständen hat noch niemand einen Wahlkampf geführt und es gibt auch keine Blaupause. Mein Wahlkampfteam und ich versuchen also, mit all den uns zur Verfügung stehenden Mitteln, das Beste aus der Situation herauszuholen. Der schlechte Breitbandausbau hier im Süden stellt uns sicherlich auch vor Herausforderungen.
Hans Peter Storz: Ich bin Mensch, der das Gespräch sucht und offen auf andere Menschen zugeht. Das geht selbstverständlich nicht so gut, wenn wir Abstand halten müssen. Daher mache ich zusätzliche Gesprächs- und Informationsangebote für die Bürgerinnen und Bürger. Wir diskutieren in der Regel Donnerstags um 18 Uhr in meiner Happy-Hour in einer Zoom-Video-Konferenz. Ich biete Telefonsprechstunde an und bin ständig auf dem Messenger-Dienst WhatsApp zur Diskussion bereit.

Wochenblatt: Haben Sie das Gefühl, genügend Menschen erreichen zu können?
Jürgen Keck: Da bisher alle Präsenztermine entfallen, erreicht man sicherlich weniger Menschen. Daher ist die Pressearbeit umso wichtiger, denn nicht jeder kann oder möchte sich online informieren. Ich mache aber mal eben drei Monate Wahlkampf. Im Prinzip führe ich seit 5 Jahren Wahlkampf, da ich regelmäßig in der Heimat als Ansprechpartner vor Ort bin. Politik lebt vom Zuhören.
Hans-Peter Storz: Vor dieser Herausforderung stehen alle Kandidierenden in jedem Wahlkampf: Wie erreichen wir die Menschen, die wir noch nicht überzeugen konnten? Mein Team und ich haben noch viele Ideen für neue Wahlkampf-Aktionen. Daher bin ich zuversichtlich. Es braucht aber auch die Initiative der Wählerinnen und Wähler, denn sie müssen sich dazuschalten.
Dorothea Wehinger: Neben Wahlständen, die wir ja draußen auf alle Fälle machen, erreichen wir auch viele Menschen mit digitalen Angeboten. Wir kriegen das hin.
Levin Eisenmann: Der Vorteil ist die direkte Rückmeldung auch aus Bereichen, mit denen man sonst nicht in Kontakt käme – positiv wie negativ. Der Nachteil ist natürlich, dass man mache Menschen einfach nicht erreicht. Hier setzen wir auf die klassischen Medien, wie Zeitungen und Radio – wir sehen also, dass digital auch eine Lösung ist. Was mir Sorge macht, ist die geringe Hemmschwelle bei Beleidigungen im Netz.

- Dominique Hahn

Autor:

Redaktion aus Singen

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