Gefeierte Premiere von "Hase Hase"
Wenn es noch dicker als dick kommt
Konstanz. Eine Familie am Abgrund, und wir lachen darüber. So erging es dem Publikum im Theater Konstanz bei der Premiere von "Hase Hase", im Ursprung eine Komödie von Coline Serreau, hier in Szene gesetzt von Ronny Jakubaschk (Regie) in einem Bühnenbild von Annegret Riedinger und mit Musik von Jörg Kunze. Denn in dieser Familie muss Mama Hase (Jana Alexia Rödiger) schon sehr intensiv an eine glückliche Familie glauben, angesichts der vielen Dinge, die hier nicht stimmen.
Die Familie ist arm, sehr arm und wartet auf die Lohnerhöhung von Papa Hase (Patrick O. Beck) der längst gefeuert wurde aus seiner Fabrik, aber noch nichts gesagt hatte. Albert (Mark Harvey Mühlemann) ist für die anderen eine Hoffnung, weil er angeblich im Krankenhaus arbeitet in den Nächten, doch dann sucht ihn die Polizei plötzlich als Cyberkriminellen, der am großen Umsturz arbeitet. Und auch Jeannot (Fynn Engelkes) arbeitet angeblich in Brüssel bei der EU, doch auch ihm stellt die Polizei hinterher, weil der falsche Pässe für Terroristen besorgt. Tochter Marie (Sylvana Schneider) will sich scheiden lassen, weil ihr Mann Salz fürs Frühstücksei wollte, die weitere Tochter Lucie (Rose Lohmann) sagt ihre Hochzeit vor dem Standesamt ab und kommt wieder heim, und auch ihr ehemaliger Zukünftiger Gerad (Jonas Pätzold) landet als Strandgut in der Familie, dies plötzlich wieder ganz eng hat, denn niemand hat da noch was für den eigenen Lebensunterhalt.
Und da ist noch "Hase Hase" (Ulrich Hoppe) ein richtig außerirdischer, der in Mathe in der Schule gut sein soll, doch auch dort runtergeflogen ist, weil er im Unterricht die Bücher von den Außerirdischen liest. Es ist schon die dritte Schule, von der er fliegt, weil er eben einfach "nicht von dieser Welt" ist.
Der Chor vom "Alles wird besser" nach der Rede des Präsidenten (Odo Jergitsch) klingt zynisch, diese Familie steht wirklich vor Abgrund, weil sie auch Fluchtpunkt für all die gescheiterten Lebensmodelle ist. Und da muss Mama Hase immer wieder neue Matratzen für die kleine Wohnung organisieren.
Und plötzlich ist Hase Hase verschwunden, während die Leihgeberin der Matratzen, Frau Duperri (Odo Jergitsch) auch in dieser Wohnung landet, weil sie aufgrund der nicht bezahlten Strafzettel ihres Sohns ebenfalls die Gerichtsvollzier auf dem Hals hat und schrecklich einsam ist.
Die Außerirdischen, die Hase Hase einst in diese Welt gebracht hatten, fällten ihr Urteil über die die schlechte Welt schon längst und planen deren Ende. Doch der Junge, der von der Schule geflogen war, rettet diese Welt und auch seine Mutter in einer bizarren Aktion, die hier auch ein Umsturz auf der Bühne ist.
Und Frau Duperrie rettet mit, weil der Böse der "Neuen Ordnung", die plötzlich die Macht auf der Welt übernommen hat, ausgerechnet ihr Sohn ist und nun ihre Macht als Mutter wirkt - schon wegen der nicht bezahlten Strafzettel kriegt er eins aufs Dach.
Das klingt ganz schön abgefahren und bizarr, was hier im Schnellschritt über die Bühne huscht und ist es auch, so fantastisch sind all die Gebilde, die sich hier die Menschen gebaut hatten. Und es ist vielleicht gerade deswegen höchst vergnüglich, denn diese ganzen doppelten Böden von Lebenswirklichkeiten öffnen sich oft ganz schön überraschend. Klar, dass "alles besser" wird, weil am Schluss "die Familie", wenn auch durch außerirdische Hilfe und die Mütter eben doch gewinnt. Wie immer im Leben? Genau das macht dieses "Hase Hase" zum Signal an uns alle.
"Hase Hase" ist bis Silvester auf dem Spielplan, am letzten Tag des Jahres gar zweimal, als Feuerwerk ins neue Jahr. Infos und Karten gibt es über theaterkonstanz.de
Autor:Oliver Fiedler aus Gottmadingen |
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