Wie man sich im Landkreis auf die kommenden Monate einstellt
Was bringt die vierte Welle?
Landkreis Konstanz. Die vierte Welle ist im Anrollen, die Inzidenzzahlen steigen und die Impfbereitschaft in der Bevölkerung lässt allgemein nach. Was steht den Bürgern bevor, wenn der Herbst neben kalter und nasser Witterung auch eine höhere Hospitalisierung von Covid-19-Infizierten mitbringt? Werden die Ungeimpften ins Abseits gestellt? Kommt mit der neuen Landesverordnung die Ampel, die besagt, dass bei Grün die 3G-Regeln wie bisher gelten: geimpft, genesen oder negativ getestet. Bei Gelb treten Kontaktbeschränkungen für Nicht-Geimpfte in Kraft und bei Rot kommt dann 2G, wobei nur noch Geimpfte und Genesene in Kinos, Restaurants und zu Konzerten dürfen? Das Wochenblatt wagte den Blick in die Region, um zu sehen, wie man sich auf die kommenden Monate vorbereitet.
Gut vorbereitet sieht sich der Gesundheitsverbund des Landkreises Konstanz für die weitere Corona-Entwicklung in den kommenden Herbst- und Wintermonaten. »Wir haben einen Pandemieplan, der erprobt und eingespielt ist und ständig unter Berücksichtigung der jeweiligen Lage und neuer Verordnungen angepasst wird«, erklärte Andrea Jagode von der GLKN-Pressestelle am Dienstag im Gespräch mit dem Wochenblatt.
Die jüngsten Belegungszahlen von Covid-19-Patienten vom 6. September zeigen insgesamt 20 Corona-Patienten im GLKN auf. Zehn in Radolfzell, fünf in Konstanz (davon einer auf der Intensivstation), vier in Singen (zwei auf Intensiv) und einer in Stühlingen. »Alle Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen sind ungeimpft«, erklärte Jagode. Derzeit gelte der Regelbetrieb unter Corona-Bedingungen in den Kliniken, das heißt Maske tragen, Abstand halten und desinfizieren. Ungeimpfte MitarbeiterInnen müssen sich vor Dienstbeginn testen lassen, wie es in der Landesverordnung festgehalten ist. Die aktuelle Besucherregelung kann auf der Homepage des Gesundheitsverbunds unter www.glkn.de nachgelesen werden.
Ausgegrenzt
Über ein Problem der chronisch Kranken, die die Corona-Impfung aus gesundheitlichen Gründen nicht nehmen können, schreibt Wochenblatt-Leser Daniel Müller-Baumgart aus Hohenfels. Als Betroffener ist es für ihn »spontan und gerade auf dem flachen Land sehr schwierig bis unmöglich, einen Test nach der 3G-Regelung zu beschaffen, denn die nächsten Teststationen in Stockach (ca. 6 km entfernt), Ersatzstationen in Radolfzell oder Singen sind mit rund 15 km zusätzlicher Fahrstrecke verbunden«. Wenn dann noch die Teststation zum vereinbarten Testtermin aufgrund von Personalmangel geschlossen hat, ohne dies zu kommunizieren, wird es eng für den Betroffenen, noch rechtzeitig einen gültigen Test zu besorgen. Für ihn ergaben sich aus seinen Erfahrungen: »Faktisch werden wir damit weiter aus dem täglichen gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt und von Dienstleistungen, (Innen-)Sport, Vereinsleben, Gaststättenbesuchen und Kultur abgeschnitten – wegen unserer unverschuldeten körperlichen Einschränkung also bestraft und noch weiter in die Unsichtbarkeit abgedrängt …«, so Müller-Baumgart.
Widersprüchlich
In der Gastronomie gilt für Gäste in den Innenräumen die 3G-Regel. Die Mitarbeitenden der Gastronomie sind dagegen nicht einmal verpflichtet, sich testen zu lassen. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Baden-Württemberg nimmt zu dieser widersprüchlichen Rechtslage Stellung: »Für die Arbeitgeber und die Beschäftigten des Gastgewerbes gilt aber grundsätzlich nichts anderes als für die anderer Branchen: Arbeitgeber müssen ihren Beschäftigten zwei Mal pro Woche einen Test anbieten, dürfen aber die Annahme dieses Angebotes nicht kontrollieren oder gar erzwingen. Ebenso wenig dürfen sie den Impfstatus ihrer Beschäftigten abfragen – das gilt genauso wie in anderen Branchen auch. Um den Infektionsschutz im Gastgewerbe sicherzustellen, schreibt die Corona-VO des Landes die Maskenpflicht für Mitarbeitende mit Gästekontakt vor (überall dort, wo 1,5 Meter Abstand nicht gewahrt werden können, also zum Beispiel im Service).
Allerdings unterstützt die DEHOGA die Forderung der Arbeitgeberverbände, die eine verbindliche Information der Arbeitgeber über den Impfstatus ihrer Beschäftigten fordern.
Sollte die 2G-Regel eingeführt werden, könnte das die Diskussion über den Einsatz ungeimpfter Mitarbeiter im Gastgewerbe verstärken. Das aktuell größte Problem des Gastgewerbes – die Mitarbeiterversorgung – würde durch ein Beschäftigungsverbot für Ungeimpfte aber weiter verschärft. Dies gilt es zu vermeiden, ohne deshalb substanzielle Abstriche beim Infektionsschutz zu machen«, betont man von Seiten der DEHOGA und stellt fest: Auch ohne eine Impf- und/oder Testpflicht für Mitarbeitende sei das Gastgewerbe bislang nicht als Infektionstreiber in Erscheinung getreten.
Auch im Einzelhandel stellt sich das Problem von direktem Kundenkontakt. Doch eine Verschärfung der Bestimmungen in diesem Bereich sieht Peter Spindler, Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbands Südbaden und Abteilungsleiter Recht, als widersinnig. Denn in der Hochphase der Corona-Pandemie, als alle Geschäfte bis auf die Lebensmittelgeschäfte und Drogerien schließen mussten, habe das Konzept funktioniert mit Abstandhalten, Mund-Nasen-Schutz und Hygiene-Vorgaben. Eine Verschärfung der Maßnahmen im Einzelhandel wäre jetzt angesichts der guten Impfquote nicht nachzuvollziehen, macht Spindler deutlich.
Aktuelle Zahlen
Im Landkreis Konstanz gibt es aktuell 351 Menschen, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Die Zahlen schwanken in den letzten Tagen, jedoch lässt sich insgesamt weiter ein Trend nach oben ablesen auf der Infografik, die das Landratsamt veröffentlicht. Zudem wurden laut Angaben des Landratsamts auch wieder zwei weitere Todesfälle, die in Verbindung mit dem Virus stehen sollen, gemeldet. Damit liegt die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus im Landkreis Konstanz seit Beginn der Pandemie nun bei 299. Die Sieben-Tage-Inzidenz stagniert seit einigen Tagen bei Werten um die 75. Am Dienstagabend wurde sie vom Landesgesundheitsamt mit 75,3 angegeben. Damit liegt der Landkreis Konstanz noch deutlich unter dem Landesschnitt von 91,0.
Auch Nicht-Geimpfte können sich infizieren
Dass eine Impfung nicht mit hundertprozentiger Sicherheit vor einer Infektion mit dem Virus schützt, hatte Dr. Hannes Winterer vom Gesundheitsamt des Landkreises bereits in der vergangenen Woche betont. Seit April 2021 habe man im Landkreis 100 Fälle registriert, in denen Geimpfte trotzdem erkrankt sind. 66 davon allein im August. Allerdings hatten alle von ihnen ausschließlich milde Symptome. Diese sogenannten »Impfdurchbrüche« können in allen Altersgruppen vorkommen, erklärt Winterer auf Nachfrage des Wochenblatts. Das Landesgesundheitsamt veröffentlicht in seinem täglichen Lagebericht die Inzidenzen aufgeschlüsselt nach Geimpften und Ungeimpften. Betrachtet man nur die nicht oder nicht vollständig Geimpften, dann liegt in dieser Personengruppe die Inzidenz bei 202,7. Unter den vollständig Geimpften liegt die landesweite Sieben-Tage-Inzidenz laut den Angaben des Gesundheitsamts bei 17,6. Bei der Interpretation dieser Zahlen ist indes anzunehmen, dass die Dunkelziffer unter Geimpften, die sich trotzdem infizieren, höher sein könnte, da diese möglicherweise keine oder nur sehr leichte Symptome entwickeln und deswegen womöglich überhaupt nicht erst getestet werden. Deshalb sei es wichtig, dass sich Geimpfte, die leichte Symptome bekommen, testen lassen, um das Virus nicht weiterzuverbreiten, appellierte Hannes Winterer in der letzten Pressekonferenz des Landkreises zur aktuellen Corona-Lage.
Umstellen möglich
Die Volkshochschule im Landkreis Konstanz startet aktuell in das neue Trimester. Rund 1.300 Kurse und Vorträge stehen auf dem Programm, der allergrößte Teil davon soll in Präsenz stattfinden, erklärte Stefan Kühnle, der zweite Vorsitzende der Volkshochschule Landkreis Konstanz am Dienstagmorgen in einem Pressegespräch. Allerdings sei man darauf vorbereitet, schnell auf alternative Formate umstellen zu können, falls während des Trimesters nochmals weitere Kontaktbeschränkungen in Kraft treten sollten, so Kühnle.
Aktuell gelten für die Veranstaltungen noch die 3G-Regeln. Sollte die neue Corona-Verordnung des Landes auch für diesen Bereich eine 2G-Regel mit sich bringen, werde man sich auch darauf einstellen müssen, erklärt die 1. Vorsitzende der vhs, Nikola Ferling, auf Nachfrage des Wochenblatts. »Unsere Lehrveranstaltungen sind immer angepasst an die Corona-Verordnung des Landes. Wenn irgendjemand sagt, dass er unter diesen Bedingungen dann nicht mehr unterrichten kann, müssen wir versuchen gemeinsam eine Lösung zu finden. Entscheidend ist aber, dass die Sicherheit immer vor geht«, so Ferling.
(K)ein Ende der Pandemie in Sicht?
Ein Lichtblick in den Zeiten, die von der Unsicherheit einer wahrscheinlich anrollenden vierten Corona-Welle geprägt sind, sind die Aussagen von Andreas Gassen, dem Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Wie verschiedene überregionale Medien berichteten, rechnet er damit, dass die Pandemie im Frühjahr 2022 überstanden sein könnte, da dann genügend Menschen geimpft oder genesen sind und damit vor einer weiteren schweren Erkrankung mit dem Virus geschützt seien. Laut Gassen wäre dann auch der Zeitpunkt, alle Beschränkungen vollständig aufzuheben.
- Redaktion
Autor:Redaktion aus Singen |
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