Joachim Gauck spricht an der Uni Konstanz
Warum fällt uns Toleranz so schwer?

Joachim Gauck bei seinem Besuch des Konziljubiläums im Sommer 2015. | Foto: Fiedler/ Archiv
  • Joachim Gauck bei seinem Besuch des Konziljubiläums im Sommer 2015.
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Konstanz. Toleranz ist Grundbedingung dafür, dass Menschen in einer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft friedlich zusammenleben können. Doch was ist unter Toleranz genau zu verstehen und was folgt daraus für die Gesellschaft als ganze und den einzelnen? Verlangt Toleranz nur passiv zu ertragen, dass andere anders denken, oder meint sie im positiven Sinne, diese Andersdenkenden zu respektieren und darüber nachzudenken, ob diese nicht irgendwo doch recht haben könnten?
Am Dienstag, 17. Mai, hält Bundespräsident a. D. Joachim Gauck an der Universität Konstanz einen Vortrag über diesen gesellschaftlich so bedeutsamen Begriff der Toleranz. Der Vortrag wird zusätzlich per Live-Stream übertragen unter
https://streaming.uni-konstanz.de/talks-und-events/2022/toleranz-gauck

Selbst Gegner und Opfer der politischen Intoleranz des DDR-Regimes, ist er lebenslang entschieden für Freiheit und Toleranz eingetreten. Und nach Ende seiner Amtszeit als Bundespräsident widmete er sich dem Thema intensiv in seinem Buch „Toleranz. Einfach schwer“. 2019 veröffentlicht, wurde das Werk seither mehrfach aufgelegt.
Gesellschaftspolitisch brisant wird die Frage nach Toleranz, wenn es um ihre Grenzen geht: Welche ideologischen Standpunkte, welche religiösen Bekenntnisse und welche politischen Meinungen will und kann eine offene und freiheitliche Gesellschaft tolerieren? Welche Ängste, Standpunkte und Verhaltensweisen der Bürgerinnen und Bürger sind ernst zu nehmen, welche zumindest zu erdulden und welche entschieden abzulehnen?

„Diese Fragen stellen sich für uns heute besonders dringlich, denn der gesellschaftliche Zusammenhalt schwindet. Die gegenwärtigen politischen, ökonomischen und sozialen Krisen offenbaren und verstärken die Polarisierung unserer Gesellschaft; Teile dieser Gesellschaft haben sich gar zu Feinden von Freiheit und Toleranz und damit zu Verfassungsfeinden radikalisiert“, erklärt Prof. Dr. Christian Picker, Professor für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht und Unternehmensrecht an der Universität Konstanz, der Joachim Gauck zu dem Vortrag eingeladen hat.

Während der Pandemie forschte er über das Thema „Recht und politischer Extremismus“ und untersuchte, wie die deutsche Rechtsordnung dem Problem der Verfassungsfeindschaft begegnen kann und soll. „Dabei wurde mir klar, dass unser freiheitlicher Rechtsstaat zwar einzigartige Rahmenbedingungen für möglichst viel Meinungsvielfalt und -offenheit geschaffen hat und selbst den Bürgern gegenüber tolerant ist, dass er aber auf die horizontale Toleranz der Bürger untereinander nur vertrauen und diese nicht erzwingen kann“, stellt der Rechtswissenschaftler fest.

„Bei meiner Suche nach juristischen wie nicht juristischen Mitteln und Wegen, die Toleranz der Bürger untereinander zu stärken, bin ich auf das Buch des Altbundespräsidenten gestoßen. Ich habe ihm meine Publikation zugesandt und ihn gebeten, post corona einen Vortrag an der Universität Konstanz zu halten; denn Universitäten sind – als Horte der Wissenschaftsfreiheit – besonders auf Toleranz angewiesen: Bei uns soll ergebnisoffen und möglichst frei geforscht, gelehrt und so um die „richtigen“ Argumente und Ideen gerungen werden – idealerweise im Bewusstsein, dass es keine absoluten Wahrheiten gibt. Dieser Bitte ist Herr Gauck zu meiner großen Freude nachgekommen.“

Autor:

Presseinfo aus Singen

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