ZUKUNFTSFÄHIG
„Veränderung ist Normalität“

Für Clausius Marx, Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein Bodensee, sind die hiesigen Un ternehmen sehr Veränderungsfähig – wenn ihnen nicht zu viele bürokratische Hürden in den Weg gelegt werden.  | Foto: Tobias Lange
  • Für Clausius Marx, Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein Bodensee, sind die hiesigen Un ternehmen sehr Veränderungsfähig – wenn ihnen nicht zu viele bürokratische Hürden in den Weg gelegt werden.
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Wenn Claudius Marx, Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein Bodensee, über Veränderung in der Wirtschaft spricht, dann tut er das – trotz Krisen und zahlreichen Baustellen – nicht mit Resignation. Trotz allem sieht er der Zukunft mit Zuversicht entgegen.

Dabei musste und muss sich die regionale Wirtschaft großen Herausforderungen stellen. Einerseits sind da die großen, die globalen Krisen, die nicht nur die Region betreffen: Pandemie, Kriege in der Ukraine und in Nahost, Energiekrise, Klima. „Die kommen in immer schnellerer Folge“, sagt Claudius Marx. „Du bearbeitest noch die letzte Krise und hast schon die nächste am Hals. Das macht es für Unternehmen nicht einfach.“

Schwierige Entwicklungen

Aber auch vor Ort gebe es Probleme, bei den wirtschaftsrelevanten Rahmenbedingungen lägen viele im roten Bereich. Konkret nennt der IHK-Hauptgeschäftsführer die Infrastruktur – das Verkehrsnetz, den Ausbau von Mobilfunk und Breitband, die Energienetze, künftig Wasserstoff. „Praktisch alle Infrastrukturprojekte, die relevant sind für die Wirtschaft, sind tendenziell im Rückstand. Wir sind nicht da, wo wir sein sollten. Sowohl in der Erhaltung als auch im Ausbau.“
Auch in der Bürokratiebelastung sieht Marx eine Entwicklung, die es Unternehmen zunehmend schwerer macht. Dahinter stecke der eigentlich gute Wille, die Dinge immer noch sicherer zu machen und Risiken immer weiter einzudämmen. Gleichzeitig beschränke man damit allerdings auch die Bewegungsfreiheit jedes Einzelnen. „Am Schluss haben Sie das Risiko auf null reduziert, aber auch die Aktivität“, so Marx. „Der ultimative Brandschutz ist dann der, dass Sie nicht mehr bauen.“ Die Belastung durch Bürokratie habe sogar dazu geführt, dass Unternehmer in Ulm kürzlich auf die Straße gegangen seien und lautstark protestiert hätten. „Das machen Unternehmer eigentlich nicht so gern. Wenn sie das tun, dann haben sie wirklich Leidensdruck.“
Hinzu kommen dann noch Probleme in den Bereichen Energieversorgung, Versorgungssicherheit, Preisstabilität und der ökologische Umbau seien allesamt mit Unsicherheit belastet und die bekannten Herausforderungen des Arbeitsmarkts und des Fachkräftemangels. Dies alle führe zu einer Situation, in der es schwer werde, zu investieren. „Wir müssen mit einem hohen Maß an Unsicherheit umgehen. Noch nie war es so schwierig, verlässliche Prognosen abzugeben. Investitionen aber sind ihrer Natur nach langfristig.“

Die positive Botschaft

Warum sieht Claudius Marx trotz all dieser Probleme mit Zuversicht in die Zukunft? „Positiv ist, wie die Wirtschaft mit dieser herausfordernden Situation zurechtgekommen ist und bis heute zurechtkommt“, sagt er. Trotz der Krisen habe es keine Insolvenzwelle gegeben. „Ich sehe bei unseren 40.000 Mitgliedsunternehmen weder eine auffällig hohe Zahl an Betriebsschließungen, noch sehe ich, dass die Wirtschaft insgesamt in die Knie gegangen wäre“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer.
„Der Grund – und das ist die positive Botschaft – sind die enorme Veränderungsfähigkeit und Agilität der Unternehmen. Die Fähigkeit, sich auf veränderte Umstände einzustellen. Unternehmerinnen und Unternehmer sind Menschen, die in der Lage sind, niemals auf bessere Zeiten zu warten, sondern unter den gegebenen Umständen erfolgreich zu sein.“ Unternehmen seien wie kein anderer gesellschaftlicher Bereich in der Lage, sich auf Veränderungen einzustellen. „Sie müssen nur wissen, wo es hingeht. Und wir sollten ihnen nicht im Wege stehen.“
Und was sagt er einem Unternehmer, der Angst vor zukünftigen Veränderungen hat? „Ich würde zuerst sagen, dass ich ihn absolut verstehe, wenn er sich Sorgen macht.“ Aber: „Die Veränderung ist immer auch Normalität. Es gehört zu den Defekten der menschlichen Wahrnehmung, dass wir immer annehmen, der Status quo sei die Normalität und die Veränderung eine Störung. Das ist eine verzerrte Wahrnehmung. Das Gegenteil ist der Fall.“
Weil das so ist, bestehen für Claudius Marx erfolgreiches Unternehmertum und eine agile Gesellschaft immer darin, Veränderungen nicht zu vermeiden, sondern mit Veränderungen proaktiv umzugehen. „Das haben die Generationen vor uns getan und das werden die Generationen nach uns auch tun müssen. Die Welt war noch nie fertig und hat auch nie perfekt funktioniert. Das wird auch in Zukunft so sein.“

Autor:

Tobias Lange aus Singen

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